Mittwoch, 3. August 2011

Verwaltungsgericht Freiburg entscheidet zugunsten von Sportwettvermittlerin

Ein Artikel von Rechtsanwalt Dr. Thomas Bartholmes

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat mit Beschluß vom 29.07.2011 (3 K 1200/11) in einem von der Kanzlei Kuentzle Rechtsanwälte geführten Eilverfahren die aufschiebende Wirkung der Klage einer Sportwettvermittlerin gegen eine am 01.06.2011 erlassene Untersagungsverfügung angeordnet.

Zur Begründung wurde ausgeführt, es könne derzeit nicht davon ausgegangen werden, daß sich die Untersagungsverfügung unabhängig vom Sportwettenmonopol als rechtmäßig erweisen werde. Alleine auf das Fehlen der nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderlichen Erlaubnis könne die angefochtene Untersagungsverfügung derzeit nicht gestützt werden. Denn die Beantragung einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV sei bisher vor dem Hintergrund des in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV normierten staatlichen Sportwettenmonopols und des (weiterhin) darauf abstellenden Rechtsstandpunkts des Antragsgegners von vornherein aussichtslos. Es sei daher zu prüfen, ob die Vermittlung von Sportwetten durch die Antragstellerin materiell rechtmäßig sei.

Wörtlich führt das Verwaltungsgericht Freiburg aus:

"Weder der vorliegenden Akte noch dem Vorbringen der Beteiligten kann derzeit hinreichend verlässlich entnommen werden, ob die Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin materiell erlaubnisfähig ist. Dass bislang eine konkrete und auf den Betrieb der Antragstellerin bezogene Prüfung der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen unterblieben ist, kann aber nicht zu Lasten der Antragstellerin gehen, nachdem bislang kein Erlaubnisverfahren durchgeführt wurde, in dem unabhängig vom staatlichen Sportwettenmonopol die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen geprüft worden wären. Erst wenn - gegebenenfalls nachdem der Antragsgegner Frist zur Stellung eines Erlaubnisantrages gesetzt hat (...) konkrete Feststellungen getroffen wurden, die den Schluss erlauben, dass die Tätigkeit der Antragstellerin - unabhängig vom Sportwettenmonopol - nicht erlaubnisfähig ist, kann auch die Untersagungsverfügung hierauf gestützt werden".

Das Regierungspräsidium Karlsruhe pflegt demgegenüber die Erlaubnisfähigkeit der Betätigung von Wettvermittlern bislang in standardisierten Textblöcken pauschal in Abrede zu stellen, ohne einen konkreten Bezug zum jeweiligen Einzelfall herzustellen. Im konkreten Fall konnte der Verfasser dieses Beitrages bei einer Besichtigung der Betriebsstätte feststellen, daß die vom RP Karlsruhe aufgestellten Behauptungen betreffend den Standort jeder tatsächlichen Grundlage entbehrten.

Der Beschluß ist in Kürze auf www.vewu.com/urteile.php abrufbar. (pdf)

Im konkreten Fall hatte die Antragstellerin, die Sportwetten an die Fa. Tipico Co. Ltd. vermittelt, noch keinen Erlaubnisantrag gestellt. Dem Beschluß ist zu entnehmen, daß auch heute noch keine Obliegenheit für aktive Wettvermittler angenommen werden kann, von sich aus Erlaubnisanträge zu stellen. Vielmehr können sie abwarten, ob sie vom Regierungspräsidium Karlsruhe als Erlaubnisbehörde für Baden-Württemberg dazu aufgefordert werden. Bislang war keinerlei Neigung des RP Karlsruhe zu erkennen, aktive Sportwettvermittler zur Stellung von Erlaubnisanträgen anzuhalten.

Es liegen nunmehr aktuell bereits in drei von vier baden-württembergischen Verwaltungsgerichtsbezirken positive Eilentscheidungen zugunsten von Sportwettvermittlern vor. Die für neu eingeleitete Sportwettverfahren im gesamten Gerichtsbezirk zuständige 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Freiburg hatte bereits im Jahr 2008 in Eilverfahren zugunsten von Wettvermittlern entschieden, war jedoch später davon abgerückt. Die für bis 2007 eingereichte Klagen zuständige 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Freiburg hatte im Jahre 2008 in der Hauptsache Anfechtungsklagen von Sportwettvermittlern stattgegeben und mit Urteil vom 16.04.2008 (1 K 2066/06) explizit die Erlaubnisfreiheit der Vermittlung von Sportwetten an im EU-Ausland zugelassene Wettveranstalter festgestellt. Nachdem letztgenanntes Urteil in der Berufungsinstanz zunächst aufgehoben worden war, hat nunmehr das Bundesverwaltungsgericht der hiergegen eingelegten Revision stattgegeben und die Sache wieder an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückverwiesen (Urt. v. 11.07.2011, 8 C 11.10). Die Frage der Erlaubnispflichtigkeit des Vermittelns von Sportwetten ist somit nach wie vor nicht abschließend geklärt.

Der jüngste Beschluß des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29.07.2011 konnte die Gründe der jüngsten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht mit berücksichtigen. Hervorzuheben ist dabei besonders der Umstand, daß eventuelle rechtswidrige Praktiken bei der Sportwettvermittlung keine Volluntersagung rechtfertigen können, vielmehr zunächst "Nebenbestimmungen" in Betracht kommen (BVerwG, Urt. v. 01.06.2011, 8 C 4.10, Rn. 55).

Kontakt:
Rechtsanwalt Dr. Thomas Bartholmes
Kuentzle Rechtsanwälte
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