Freitag, 6. Mai 2011

Der geplante neue Glücksspielstaatsvertrag ist schlimmer als der Alte.

VEWU-Vizepräsident Dieter Pawlik:

Das Monopol besteht unverändert fort
Der geplante neue Glücksspielstaatsvertrag ist schlimmer als der Alte.

Als vor wenigen Wochen die Meldung durch die Nachrichtenticker ging, machte sich Erleichterung breit:
Der Sportwettenmarkt solle für private Anbieter geöffnet werden, hieß es. Sportverbände und Kommunen hofften auf Mehreinnahmen und die im EU-Ausland ansässigen Wettanbieter glaubten, sich endlich in Deutschland ansiedeln zu können. Jetzt liegt der neue Vertrag im Entwurf vor.

Er ist nach Auffassung von Dieter Pawlik, Vizepräsident des Verbandes Europäischer Wettunternehmer, Rechtsanwalt und selbst Buchmacher, nicht nur eine einzige Enttäuschung, sondern auch ein Ausdruck „perfider Gesetzestechnik“. Die Öffnung des Marktes sei in Wirklichkeit nur eine Scheinöffnung. „Der Vertrag ist darauf ausgerichtet, die privaten Wettanbieter mit rechtsstaatlich mehr als grenzwertigen Mitteln ganz aus dem Markt zu drängen“, so Pawlik.

Warum? Nach dem Entwurf sollen bundesweit bis zu sieben Konzessionen an private Wettanbieter vergeben werden. „Die Begrenzung auf sieben ist willkürlich und diskriminierend, ein vorsätzlicher Bruch des europäischen Unionsrechts.“ Eine Kontingentierung sei nur bei knappen Gütern möglich, nicht aber wenn es um die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gehe.

Erst am 8. September 2010 hatte der EuGH entschieden, dass die Erteilung von Erlaubnissen diskriminierungsfrei sein müsse. Doch im Entwurf kommt es noch schlimmer: Während sich die privaten Wettanbieter offensichtlich um die Konzessionen förmlich schlagen sollen, dürfen die 16 staatlichen Gesellschaften weitermachen wie bisher. Sie müssen sich keiner Konzession unterwerfen – ihre jetzigen „Erlaubnisse“ und „Befugnisse“ gelten ohne Beschränkung weiter.

„Wenn der Entwurf Gesetz wird, kann sich der Staat in Ruhe aussuchen, ob er private Konkurrenz will “, sagt Dieter Pawlik. „Die Bundesländer sind Wettanbieter und Genehmigungsbehörde in einem.“

Dass überhaupt sieben Konzessionen erteilt werden, ist unwahrscheinlich. Auf sie besteht kein Anspruch, und das Verfahren ist nach Auffassung Pawliks rechtsstaatswidrig.

„Die Behörden können vom Bewerber willkürlich zusätzliche Unterlagen verlangen, bis sie ein Dokument erfinden, das er nicht vorlegen kann.“

Wer schließlich eine Konzession ergattert hat, wird damit nichts anfangen können. Denn nur wer gewährleisten kann, „weitgehende Einwirkungs- und Kontrollbefugnisse der zuständigen Behörden sicherzustellen“, soll bevorzugt werden.

Heißt im Klartext: Konzessionsinhaber werden ihr Wettangebot täglich kontrollieren lassen müssen, und wenn es attraktiver ist als das staatliche, wird es Verbote geben oder die rechtswidrigen Monopolbetreiber, die gleichzeitig Genehmigungs- und Kontrollbehörde sind, werden diese Angebote kopieren. Zudem ist mit direkten Zugriffen auf Geschäftsgeheimnisse zu rechnen. Unter diesen Voraussetzungen wird kaum ein privater Anbieter eine Konzession beantragen wollen, geschweige denn erhalten können.

Und genau darauf ist der Entwurf vorbereitet, keinesfalls zufällig und sehr ausführlich: Sperrung der Internetseiten aller nicht zugelassener privater Anbieter, Verbot von Banküberweisungen ins EU-Ausland, Schließung von Wettbüros mit der Festsetzung von Zwangsgeldern in astronomischer Höhe, Strafverfolgung.

Dieter Pawlik ist enttäuscht: „Seit Jahren versuchen wir klarzumachen, dass wir seriöse Unternehmer sind, die in Deutschland Arbeitsplätze schaffen, Steuern zahlen und ihre soziale Verantwortung ernst nehmen. An der Öffnung des Wettmarktes können Spitzensport, Breitensport und Staat gleichermaßen partizipieren. Wir wollen Deutschland voranbringen. Doch was wir jetzt erfahren, ist ein Rückfall in obrigkeitsstaatliche Zeiten, die seit der deutschen Vereinigung eigentlich überwunden sein sollten. Die bürokratischen Betonköpfe, die den Vertragsentwurf erfunden haben, treten das Rechtsstaatsprinzip, die Grundrechte und das europäische Unionsrecht mit Füßen.“

Wir werden dieses europarechts- und verfassungsfeindliche Diktat der Staatsmonopolisten mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen. Wir werden Internetkonzessionen in Schleswig Holstein beantragen und dort viele Millionen Konzessionsabgabe bezahlen. Die stationären Geschäfte im übrigen Bundesgebiet werden nach Schleswig Holstein oder in die EU vermitteln und wir werden die Länder mit tausenden von Klagen der einzelnen Wettbürobetreiber überziehen. Wir gehen davon aus, dass wir, wie bisher, die Gerichte von der Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit dieses Unsinns überzeugen können. Dies umso mehr, als sich an der Inkohärenz nichts geändert hat.

Die Länder werden nichts von dem erreichen, was sie gewollt haben, keinen Rechtsfrieden, keine Mehreinnahmen und vor allem werden sie jetzt ihr Lottomonopol verlieren.

Im Klartext bedeutet dies: Es geht so weiter, wie bisher!

RA Dieter Pawlik - Vizepräsident

Verband Europäischer Wettunternehmer
Repräsentanzbüro Deutschland
Marschtorstr.28a
29451Dannenberg

Telefon:05861-985390
Telefax:05861-986150
E-Mail:info@vewu.com


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