Ein Kommentar von Boris Hoeller
Ein Weg die Zukunft zu sehen, ist das Verstehen der Gegenwart.
Und manche haben da eine Vision: "Glückspielmonopol, die Dritte!"
Und da ja nur beim Film einer die Klappe hält, verwundern die vielen Wortmeldungen nicht, die das optimistisch sehen.
Zwei mal sind sie durchgefallen, beim Scheinheiligkeitstest und das Korsett für die üppigen Vorstellungen der deutschen Lottoaristokratie sitzt schon stramm.
Wird sie erfolgreich sein, die Diät, die am 8. September 2010 verordnet wurde, bei dem schmerzlichen Verlangen nach dem Monopol, möchte man da fragen.
Zweifel sind angebracht, denn wie gelingt es, den großen Hunger der vielen Süchtigen nach den Einnahmen aus dem Glücksspiel zu stillen, um insoweit nicht mehr auffällig zu sein? Wie gelingt es, die über Jahre eingespielten Strukturen beim Automaten- und Kasinospiel zu brechen? Wie gelingt es, den Minderjährigen- und Spielerschutz zu gewährleisten? Wie gelingt es, Werbung strikt auf das begrenzt zuhalten und nicht darauf abzuzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher zu fördern? Verstehen der Gegenwart ist angesagt.
Der notwendige "Reality-Check" scheint aber nicht stattzufinden. Spätestens ab dem 01.01.2008 "wurde Werbung von den Gesellschaften des DLTB äußerst restriktiv gehandhabt", heißt es von der Federführung des DLTB.
Soweit durch den europäische Gerichtshof "also Werbemaßnahmen der Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblock beanstandet werden, können nur solche gemeint sein, die aus der Zeit vor dem 01.01.2008 stammen."
Aha, gerade noch aus Furcht vor Ordnungshaft die Jackpotaufsteller eingeklappt und dann schon eine solche Äußerung edler Ritter.
Zur Erinnerung: Der Staatlichen Lotterieverwaltung Bayern wurde nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages nicht nur einmal die einseitige Herausstellung des Jackpots verboten. Das Sündenregister ist auch im übrigen lang: Verbotswidrige Anreizwerbung für Sonderverlosungen, verbotswidrige Internetwerbungen, verbotswidrige Bedienung Minderjähriger mit Rubbellosen, verbotswidrige zum Glücksspiel anreizende Zeitungsanzeigen.
Noch nie wurde die Staatliche Lotterieverwaltung Bayerns so oft wegen Verstoß gegen Werbeverbote verurteilt, wie seit 2008. Damit steht sie nicht alleine da.
Noch Ende August 2010 verurteilte das Landgericht Oldenburg die niedersächsische Lotto-Toto Gesellschaft wegen elf Werbeverstößen in einem Hauptsacheverfahren.
Ein Verfahren wegen Verkaufs von Rubbellosen an Minderjährige läuft.
Zuvor ergingen schon vier einstweilige Verfügungen und ein Ordnungsmittelbeschluss.
Auch in anderen Bundesländern hat man es mit den Werbeverboten nicht so genau genommen, wie sich auch an vielen Urteilen der Wettbewerbsgerichte zeigt.
Gegenwart verstanden?
Das Monopol ist tot, es lebe die Vernunft.
Quelle: Rechtsanwalt Boris Hoeller