LVwG-411659/5/Gf/Mu – 411663/2
Linz, 23.12.2016
Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Grof über die Beschwerden 1.) der A GmbH, 2.) der G SRO, 3.) der P GmbH, 4.) der P F M GmbH, und 5.) des B C, alle vertreten durch RA Dr. F M, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 18. Oktober 2016, Zln. Pol01-62 bis 66-2016, wegen einer Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (Mitbeteiligte Partei: Finanzamt Kirchdorf-Perg-Steyr)
z u R e c h t e r k a n n t :
I. Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG stattgegeben; die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Vorgängige Behörden- und Verwaltungsgerichtsverfahren
1. Am 4. Oktober 2016 haben Exekutivorgane der Finanzpolizei in einem in der H, K, etablierten Gastgewerbebetrieb eine Kontrolle wegen des Verdachtes des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz durchgeführt. In deren Zuge wurden drei dort ohne erforderliche behördliche Konzession betriebsbereit aufgestellte Geräte, hinsichtlich der ein Verdacht dahin entstanden war, dass mit diesen nach entsprechender Geldeingabe unterschiedliche Spiele (hauptsächlich sog. virtuelle Walzenspiele), die als Glücksspiele zu qualifizieren seien, durchgeführt werden können, vorläufig in Beschlag genommen – und zwar derart, dass diese an Ort und Stelle belassen, jedoch mit amtlichen Siegeln versehen wurden –, wobei angenommen wurde, dass die Erst- bis Viertbeschwerdeführerinnen jeweils Eigentümerinnen dieser Geräte und der Fünftbeschwerdeführer als deren Inhaber sei.
2. Ohne weitere Ermittlungsschritte zu tätigen, wurde diese Beschlagnahme vom Bezirkshauptmann von Kirchdorf (im Folgenden auch: belangte Behörde) mit Bescheid vom 18. Oktober 2016, Zln. Pol01-62 bis 66-2016, bestätigt.
Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die von den einschreitenden Organen getroffen Feststellungen zutreffen würden und somit als erwiesen anzusehen seien.
3. Gegen diese ihnen jeweils am 20. bzw. 21. Oktober 2016 zugestellten Bescheide richten sich die vorliegenden, am 15. November 2016 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebenen Beschwerden an das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich.
Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass es nach der allgemeinen Lebenserfahrung äußerst unwahrscheinlich sei, dass während der im Straferkenntnis als Tatzeit angegebenen Lokalkontrolle eine Bespielung der verfahrensgegenständlichen Automaten durch Dritte möglich gewesen sei, sodass zu diesem Zeitpunkt keine Inbetriebnahme der Geräte vorgelegen sei. Außerdem sei die belangte Behörde zur Erlassung der angefochtenen Bescheide sachlich deshalb nicht zuständig gewesen, weil in Wahrheit eine gerichtlich strafbare Handlung vorgelegen sei. Schließlich würden diese Bescheide auch an einer Vielzahl von näher dargestellten Begründungsmängeln leiden.
Daher wird jeweils deren ersatzlose Aufhebung beantragt.
II.
Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung
1. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten der belangten Behörde zu Zln. Pol01-62 bis 66-2016.
2. Hinsichtlich der im gegenständlichen Verfahren primär zur Diskussion stehenden Frage nach der Unionsrechtskompatibilität des im Glücksspielgesetz verankerten (Quasi-)Monopolsystems hat das LVwG OÖ bereits in mehreren Entscheidungen, so z.B. mit Erkenntnis vom 8. August 2016, LVwG-411506/5/Gf/Mu, festgestellt, dass diese Regelung nach Auffassung des erkennenden Richters als unionsrechtswidrig anzusehen ist; um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, ist zur näheren Begründung ergänzend (auch) auf diese Entscheidung (siehe BEILAGE 1[1]) zu verweisen (vgl. im Übrigen näher unten, III).
Widerspricht eine innerstaatliche Regelung dem Unionsrecht, so hat diese nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (im Folgenden auch: EuGH) effektiv unangewendet zu bleiben. Dieser Grundsatz ist von jedem staatlichen Organ auf jeder Ebene des Verfahrens zu beachten.
Konkret bedeutet dies insbesondere, „dass der Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu Sanktionen führen kann, wenn diese Regelung mit Art. 56 AEUV nicht vereinbar ist“ (vgl. EuGH vom 30. April 2014, C‑390/12 [Pfleger, EU:C:2014:281], RN 64, m.w.N.).
Daraus resultiert, dass eine Beschlagnahme von Glücksspielgeräten, eine Bestrafung wegen des Verdachtes der Begehung einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG oder ähnliche behördliche Eingriffsmaßnahmen ausgeschlossen sind.
2.1. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage wurde den Verfahrensparteien mit hg. Schriftsatz vom 7. Dezember 2016, LVwG-411652/2/Gf/Mu u.a., mitgeteilt, dass sowohl nach der Begründung der angefochtenen Entscheidungen als auch nach dem (jeweiligen) Vorbringen der Rechtsmittelwerber(innen) der entscheidungswesentliche Sachverhalt als unstrittig erscheint, sodass aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung vornehmlich deshalb als nicht erforderlich erachtet wird, weil in den gegenständlichen Fällen bloß Rechtsfragen – nämlich in erster Linie jene nach der Unionsrechtskonformität der österreichischen Glücksspielmonopolregelung – zu klären sind.
2.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (im Folgenden auch: VwGH) könne jedoch auch in einem derartigen Fall von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung nur dann abgesehen werden, wenn die Verfahrensparteien – insbesondere die Beschuldigten – darauf verzichten (z.B. VwGH vom 19. März 2015, Zl. Ra 2014/06/0020).
2.3. In zahlreichen andern gleichgelagerten Verfahren seien zur Klärung der Frage der Unionsrechtskonformität der österreichischen Glücksspielmonopolregelung vornehmlich von der Amtspartei folgende Beweismittel vorgelegt worden:
− „Glücksspiel Bericht 2010-2013“ des Bundesministeriums für Finanzen
− Stellungnahme des Bundeministeriums für Finanzen vom 18. Septem-
ber 2014
− Erkenntnis des LVwG OÖ vom 15. Dezember 2014, LVwG-410395
und zwar jeweils zum Beweis dafür,
− dass mit dem im GSpG verankerten Monopolsystem die Ziele eines ef-
fektiven Spielerschutzes und einer Kriminalitätsbekämpfung tatsäch-
lich sowie systematisch und kohärent verfolgt würden,
− dass das im GSpG verankerte Monopolsystem nicht dem vorrangigen
Ziel einer Erhöhung der Staatseinnahmen diene,
− dass die Geschäftspolitik der Monopolisten, im Besonderen deren Wer-
bemaßnahmen, zum Zweck der Hinlenkung zum erlaubten Glücksspiel
sowohl maßvoll als auch zielgerichtet seien, und
− dass die aus dem GSpG-Monopol resultierenden Beschränkungen je-
weils dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen würden.
2.4. Vor diesem Hintergrund ergebe sich aus der Sicht des LVwG OÖ hinsichtlich der einzelnen Hauptproblemfelder im Zusammenhang mit der Frage der Unionsrechtskonformität der Regelungen des im GSpG verankerten Monopolsystems mit Blick auf die vom EuGH in dessen Judikatur hierfür aufgestellten Kriterien Folgendes:
2.4.1. Dem „Glücksspielbericht 2010-2013“ sei zunächst eine Darstellung der Zielsetzungen der im Zeitraum 2011 bis 2013 vorgenommenen Novellierungen des GSpG und der höchstgerichtlichen Rechtsprechung in dieser Periode (S. 3 bis S. 15) sowie ein Überblick über durchgeführte und anhängige Konzessionserteilungsverfahren (S. 16 bis S. 23) vorangestellt.
Bezüglich der Neuerungen im Spielerschutz werde sodann unter Hinweis auf eine im Jahr 2011 veröffentlichte Glücksspielsuchtstudie betont, dass (S. 24) „rund 64.000 Personen in der Altersgruppe zwischen dem 14. und dem 65. Lebensjahr von Glücksspielsucht betroffen“ und „0,43% dieses Bevölkerungssegements“ (also etwa 25.000 Personen) „ein problematisches Spielverhalten aufweisen und 0,66%“ (also ca. 39.000 Personen) „pathologisch glücksspielsüchtig“ sein würden; in diesem Zusammenhang erweise sich auf Basis einer „Repräsentativbefragung“ das Glücksspiel mit Automaten außerhalb einer Spielbank als der größte Problemfaktor (33% Problemspieler; dagegen: Lotterien: 2% Problemspieler, Sportwetten: 13% Problemspieler, Klassische Kasinospiele: 7% Problemspieler und Automaten in Kasinos: 14% Problemspieler), weshalb durch das im GSpG verankerte Monopolsystem „das Glücksspielangebot und die Akzeptanz gelenkt werden“ solle, und zwar „weg von den Problembereichen hin zu anderen Bereichen, innerhalb derer die Problemprävalenz weniger hoch ist“.
In einer weiteren Studie sei zu Tage getreten, dass im Jahr 2006 aus dem Motiv der Glücksspielsucht 38 Fälle von Beschaffungskriminalität (gewerbsmäßiger Diebstahl, schwerer Raub und gewerbsmäßiger Betrug) sowie im ersten Halbjahr 2007 weitere 36 solcher Fälle begangen worden seien (S. 24 f).
Beispielsweise hätten auf Grund einer Kostenschätzung für das Bundesland Steiermark im Jahr 2006 Ausgaben für Spielsucht in Höhe von 140.900 Euro resultiert (S. 25). Um diese Problembereiche (Suchtverhalten, Beschaffungskriminalität und Therapiekosten) einzudämmen, sei mit Jahresbeginn 2011 eine Stabsstelle für Spielerschutz eingerichtet worden (S. 26 bis 29).
Hinsichtlich legaler, nämlich konzessionierter Glücksspielanbieter sei die staatli-che Aufsicht intensiviert (S. 30 f.) sowie eine Anbindung von deren Glücksspielautomaten an ein Datenrechenzentrum (S. 31 f) und eine bescheidmäßige Vorschreibung von Werbestandards vorgenommen worden (S. 32 ff).
Parallel dazu sei(en) das illegale Glücksspiel auf mehreren Ebenen bekämpft und in diesem Zusammenhang bis Ende 2013 bereits über 6.000 vorläufige Beschlagnahmen von Glücksspielgeräten und sonstigen Eingriffsgegenständen durchgeführt worden; dieser hohe behördliche Verfolgungsdruck führe allerdings in der Praxis zu einer „Flucht ins Strafrecht“, weil dort kaum strafgerichtliche Verurteilungen wegen § 168 StGB vorkämen (S. 34 und 35).
Von in den Jahren 2012 und 2013 insgesamt 222 beim VwGH eingebrachten Amtsbeschwerden seien 141 „gewonnen“ und lediglich 20 abgewiesen bzw. abgelehnt worden, die restlichen Verfahren (61) zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichtes jedoch noch anhängig gewesen (S. 36).
Ein Hauptaugenmerk im Rahmen der staatlichen Aufsicht gelte schließlich noch der Geldwäschevorbeugung (S. 36 bis 38).
Für das Jahr 2014 seien eine verfassungskonforme Neuregelung der Pokerkonzessionen, eine präzise der Abgrenzung des Tatbestandes des § 168 StGB von jenem des § 52 GSpG, eine Novellierung der Automatenglücksspielverordnung, der Abschluss der noch laufenden Spielbankenkonzessionierungsverfahren sowie im Bereich des Spielerschutzes eine Evaluierung der seit 2010 ergangenen Novellen zum GSpG und von deren Umsetzung in Aussicht genommen worden (S. 39).
2.4.2. Die zum anderen bereits im Verfahren des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich zu LVwG-410395 (abgeschlossen mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2014[2]) ergänzend erstattete Stellungnahme des Bundeministeriums für Finanzen vom 18. September 2014 bestehe in inhaltlicher Hinsicht im Wesentlichen aus einer Wiederholung der im Glücksspielbericht 2010-2013 enthaltenen Ausführungen (vgl. S. 5 bis 8; S. 9 bis 15).
Darüber hinaus finde sich in dieser neben einem Hinweis auf die aus den Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novelle BGBl I 73/2010 hervorgehenden ordnungspolitischen Zielsetzungen eine Aufzählung jener Bestimmungen des GSpG, die den gemäß der EuGH-Judikatur gerechtfertigten Eingriffen in die Dienstleistungsfreiheit dienen (S. 2 bis 4).
In der Folge werde darauf hingewiesen, dass nach dem GSpG im Zuge von Konzessionserteilungen für Spielbanken nunmehr eine Mindestdauer pro Spiel, Mindestabstandsregelungen, Zutrittssysteme, Schulungskonzepte für Mitarbeiter, die verpflichtende Zusammenarbeit mit Spielerschutzeinrichtungen, ein Verbot bestimmter Spielinhalte, Einsatz- und Gewinnlimits, ein Verbot parallel laufender Spiele etc. vorgesehen sei (S. 9).
Seit Jahresbeginn 2011 sei die Stabsstelle für Spielerschutz tatsächlich eingerichtet und mit vielfältigen Aufgaben betraut (S. 9 f); dem Schutz der besonders vulnerablen Gruppe der Kinder und Jugendlichen diene eine effektive Zugangskontrolle, eine verantwortungsvolle Werbung, eine strenge Aufsicht und Kontrolle durch staatliche Behörden etc. (S. 9 bis 12), wobei für den Fall von Zuwiderhandlungen empfindliche Sanktionen vorgesehen seien (S. 12 bis S. 14).
Zulässige Werbemaßnahmen müssten zwar maßvoll und nicht aggressiv, jedoch dazu geeignet sein, das Glücksspiel in erlaubte Bahnen zu lenken, weshalb im Zuge der Konzessionserteilungen jeweils in Zusammenarbeit mit unabhängigen Experten erstellte Werbestandards und Leitlinien bescheidmäßig vorgeschrieben worden seien (S. 16 bis 18).
Hinsichtlich der Frage, ob die mit dem GSpG-Monopol verfolgten Zwecke auch durch weniger eingriffsintensive Maßnahmen erreicht werden können, sei auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (im Folgenden auch: VfGH) vom 6. Dezember 2013, B 1337/11, zu verweisen (S. 18 f).
Insgesamt sei das GSpG von dem Gedanken getragen, ein ausgewogenes Glücksspielangebot bereit zu stellen, das einer strengen und effektiven staatlichen Kontrolle unterliegt; gleichzeitig solle illegales Glücksspiel eingedämmt und hintangehalten werden. Insgesamt ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novelle 2010 sowie aus den im Glücksspielbericht 2010-2013 genannten Novellen eindeutig, dass die Regelungen des GSpG tatsächlich diese Ziele in kohärenter und systematischer Weise verfolgen und Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung nicht bloß vordergründige Ziele seien. Diese Ziele würden sich allerdings nicht kohärent und systematisch erreichen lassen, wenn ein unbeschränktes Angebot an Glücksspielen zugelassen werden müsste (S. 20).
2.4.3. Dem von der Amtspartei zur Unterstützung und zum Beleg der Richtigkeit ihrer Argumentation weiters vorgelegten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich vom 15. Dezember 2014, LVwG-410395, sei zunächst zu entnehmen, dass es sich bei den an den dort verfahrensgegenständlichen Geräten durchgeführten Spielen zweifelsfrei um Glücksspiele handelte, wobei auf Grund des im dg. Verfahren zum Tragen gekommenen, nicht als verfassungswidrig erachteten § 52 Abs. 3 GSpG eine allfällige Strafbarkeit gemäß § 168 StGB nicht in Betracht zu ziehen gewesen sei (S. 20 und 21).
In der Folge werde dort ausgeführt, dass hinsichtlich einer allfälligen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des GSpG darauf hinzuweisen sei, dass kein Sachverhalt mit Auslandsbezug vorliege (S. 21).
Im Übrigen sei – unter (teilweise wörtlicher) Übernahme der nachvollziehbaren Ausführungen des Bundesministeriums für Finanzen in dessen Stellungnahme vom 18. September 2014 sowie unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien – davon auszugehen, dass es sich bei den Zielsetzungen der Suchtprävention, des Spielerschutzes und der Kriminalitätsabwehr um solche handle, die eine Beschränkung des Glücksspielangebotes rechtfertigen würden; anderes würde allenfalls nur dann gelten, wenn eine Maximierung von Abgabeneinnahmen das einzige Ziel des GSpG-Monopols wäre, was jedoch deshalb nicht zutreffe, weil in der Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen aufgezeigt werde, dass die Spielsucht in Österreich tatsächlich ein nicht irrelevantes gesellschaftliches Problem darstelle und davon ausgehend eine beschränkte Anzahl von Konzessionären offenkundig effektiver zu überwachen sei als eine unbeschränkte Anzahl von Anbietern; hinzu komme der damit verbundene Lenkungseffekt hin zum erlaubten und überwachten Glücksspiel (S. 22 bis 24).
Außerdem werde in dieser Stellungnahme auch auf bereits umgesetzte Maßnahmen – z.B. auf die Einrichtung einer Spielerschutzstelle, auf die Anbindung der Glücksspielautomaten an die Bundesrechenzentrum GmbH, auf die Überwachung der Einhaltung von Spielpausen, auf effektive Zutrittskontrollen, auf Auskunftspflichten der Konzessionäre, auf Aufsichtsbefugnisse staatlicher Behörden und auf bescheidmäßig vorgeschriebene Werbestandards – einerseits sowie auf die umfangreichen Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels hingewiesen. Wenngleich einzelne Werbungen problematisch erscheinen könnten, sei bei einer Gesamtbetrachtung der Werbekonzepte keine unzulässige Werbung zu erkennen, zumal auch in der Stellungnahme keine derartige Praxis genannt worden sei (S. 24 und 25).
Zusammenfassend ergebe sich daher, dass bei einer Gesamtbetrachtung aller im Verfahren hervorgekommener Umstände eine Gemeinschaftswidrigkeit des Monopolsystems des GSpG nicht vorliege, weil dieses (zumindest auch) jene vom EuGH anerkannten Gründe des Allgemeininteresses verfolge; zudem erschienen die Regelungen des GSpG geeignet, diese Ziele zu erreichen, wobei schließlich auch deren Unverhältnismäßigkeit nicht hervorgekommen sei (S. 25 und 26).
2.5. Dies wurde den Verfahrensparteien in Wahrung des rechtlichen Gehörs zur Kenntnis gebracht.
Gleichzeitig wurden diese dazu aufgefordert, bis zum 16. Dezember 2016 bekannt zu geben, ob auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet wird sowie bis zu diesem Zeitpunkt sämtliche ihrem jeweiligen Rechtsstandpunkt dienlichen Beweismittel vorzulegen oder so rechtzeitig zu benennen, dass sie von Amts wegen bis zur allfälligen Durchführung einer öffentlichen Verhandlung beigeschafft werden können.
3.1. Dem entsprechend hat sich der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen mit e-mail vom 13. Dezember 2016 zunächst dahin geäußert, dass auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet wird.
In der Sache wurde sodann (nach Themen strukturiert) darauf hingewiesen, dass das GSpG-Monopol als unionsrechtswidrig anzusehen sei, was im gegenständlichen Fall zu einer verfassungswidrigen Inländerdiskriminierung führe. Außerdem habe die Neuordnung des Glücksspielwesens zu keiner Reduktion der Spielsucht und der damit verbundenen Probleme (sondern nur zu einer örtlichen Verlagerung ins benachbarte Ausland und somit eher sogar zu einer Ausweitung) geführt. Dazu komme, dass – wie sich aus einem psychologischen Gutachten ergebe – der Spielerschutz in jedem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union besser ausgestaltet sei als in Österreich, was sich schon daran zeige, dass dieser in weitem Umfang von freiwilligen Spenden der Glücksspielanbieter abhänge. Weiters werde von den Konzessionsinhabern keineswegs bloß eine maßvolle, sondern vielmehr eine aggressive Werbepolitik betrieben, die v.a. auch darauf ausgerichtet sei, solche Personen zu Glücksspielaktivitäten zu verleiten, die bislang dazu keinerlei Bezug aufgewiesen haben. Davon abgesehen könnten die vom Gesetzgeber mit der Monopolregelung verfolgten Zielsetzungen auch durch weniger eingriffsintensive Maßnahmen – so z.B. durch eine finanzielle Unterstützung von Spielsuchtambulanzen – erreicht werden.
3.2. Die belangte Behörde hat mit e-mail vom 13. Dezember 2016 bekannt gegeben, dass auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet wird.
Beweismittel wurden dieser Mitteilung weder angeschlossen noch wurden in dieser solche bezeichnet.
3.3. Das Finanzamt Kirchdorf-Perg-Steyr hat sich bis zur Erlassung des gegenständlichen Erkenntnisses nicht geäußert.
4. Im Zuge dieser Beweisaufnahme ließen sich hinsichtlich der Frage der Unionsrechtskompatibilität des im Glückspielgesetz verankerten Monopolsystems insbesondere unter Bedachtnahme auf die in früheren, beim LVwG OÖ anhängigen gleichartigen Verfahren erhobenen Beweise sowie der im gegenständlichen Verfahren von den Parteien ergänzend vorgelegten Beweismittel folgende entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente feststellen:
4.1. Zum „Glücksspiel – Bericht 2010-2013“ des Bundesministeriums für Finanzen[3]:
Von den darin enthaltenen bloßen rechtspolitischen Absichtserklärungen und deskriptiven Wiedergaben von Gesetzestexten und Materialien hierzu abgesehen wurde in diesem Zusammenhang beispielsweise schon im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich vom 24. Juni 2015, LVwG-410600 (vgl. BEILAGE 2[4]), darauf hingewiesen, dass bereits die diesem zentral zu Grunde liegende Anzahl von ca. 64.000 spielsüchtigen Personen in Österreich als nicht plausibel erscheint und es somit nicht als ein sicheres Faktum angesehen werden kann, dass Spielsucht in Österreich ein gesellschaftsrelevantes Problem darstellt(e) (vgl. S. 35 ff, 42 f und 46 dieses Erkenntnisses); Gleiches gilt hinsichtlich der Ausführungen des Glücksspielberichts zum illegalen Glücksspiel als Kriminalitätsproblem insofern, als bloß eine hohe Anzahl von Verfolgungshandlungen und Bestrafungen wegen Verletzungen des – im Ergebnis als unionsrechtswidrig zu qualifizierenden – Glücksspielmonopols selbst (also gleichsam der petitio principii) hierfür keinen Beleg zu bilden vermag (vgl. S. 37 f und 46 des Erkenntnisses)[5].
Dem gegenüber haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daran zu zweifeln, dass die in diesem Glücksspiel – Bericht 2010-2013 angeführten Intensivierungsmaßnahmen hinsichtlich der staatlichen Aufsicht (Anbindung an ein Datenrechenzentrum, bescheidmäßige Vorschreibung von Werbestandards, Maßnahmen zur Geldwäschevorbeugung) nicht den Tatsachen entsprechen würden.
4.2. Zur „Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen vom 18. September 2014“:
Soweit diese insofern über den Glücksspiel – Bericht 2010-2013 hinausgeht, als detaillierte bescheidmäßige Auflagen im Zuge von Konzessionserteilungen (Mindestdauer pro Spiel, Mindestabstandsregelungen, Zutrittssysteme etc.) sowie konkrete Aufgaben der Stabsstelle für Spielerschutz (wie Zugangskontrolle und strenge staatliche Aufsicht) beschrieben werden (vgl. S. 9 ff), bestehen für das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich ebenfalls keine Zweifel, dass diese Maßnahmen auch tatsächlich (wenngleich im Einzelfall jeweils mehr bzw. weniger stringent) umgesetzt bzw. auf deren tatsächliche Einhaltung hin überprüft wurden und werden (vgl. schon S. 43 und 46 des hg. Erkenntnisses vom 24. Juni 2015, LVwG-410600).
4.3. Zum Bericht „Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014 – Evaluierungsbericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 60 Abs. 25 Z. 5 GSpG – November 2014“, III-131 BlgNR, 25. GP (im Folgenden kurz: Evaluierungsbericht)[6]:
Da sich dieser Bericht inhaltlich besehen lediglich als eine – datenmäßig geringfügig aktualisierte – Zusammenfassung des zuvor dargestellten „Glücksspiel – Berichts 2010-2013“ und der „Stellungnahme vom 18. September 2014“ darstellt (vgl. schon LVwG OÖ vom 24. Juni 2015, LVwG-410600, S. 42), kann diesbezüglich auf das oben unter II.4.1. und II.4.2. Ausgeführte verwiesen werden.
4.4. Zur Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg (im Folgenden kurz: „Glücksspielstudie 2015“ [7]):
Diese Studie des in der BRD situierten Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung[8] (im Folgenden kurz: ISD) kommt zunächst zu der generellen Schlussfolgerung, dass sich das Glücksspielverhalten der österreichischen Bevölkerung im Zeitraum zwischen 2009 und 2015 nicht maßgeblich verändert habe (S. 16). Speziell bezogen auf Glücksspielgeräte habe sich gezeigt, dass in diesem Zeitraum das Automatenglücksspiel außerhalb von Casinos einerseits leicht – nämlich von 1,2% auf 1,0% – gesunken sei und andererseits diese Spielform weiterhin in einem auffälligen Missverhältnis zu den beliebtesten Glücksspielarten („Lotto 6 aus 45“: 33,0%; „Joker“: 14,3%; „Euromillionen“: 13,2%; „Rubbellose“: 8,7%) stehe (S. 17 f). Im Übrigen erfülle die weit überwiegende Mehrzahl (nämlich 97,2%) aller Befragten keines und 1,7% der Stichprobenteilnehmer bloß ein oder zwei der insgesamt zehn Kriterien des „Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen“ (vgl. S. 12; im Folgenden kurz: DSM-IV-Kriterien), was einem riskanten Spielverhalten entspreche; ca. 0,5% der Teilnehmer würden durch Glücksspiel bedingte Probleme (= Erfüllung von drei oder vier DSM-IV-Kriterien) und 0,6% ein pathologisches Spielverhalten (= Erfüllung von mindestens fünf DSM-IV-Kriterien) aufweisen[9], woraus zu schließen sei, dass – zusammengerechnet – „1,1% aller Österreicher/innen (14 bis 65 Jahre) über ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten verfügen“ würden, „das sind“ – hochgerechnet (!) – „etwa 64.000 Personen“ (S. 23). Dabei könne es sich allerdings „immer nur um eine Schätzung der tatsächlichen Verhältnisse“ handeln; auf Grund dieser sei davon auszugehen, dass – wie auch bereits im Jahr 2009 – „in Österreich aktuell zwischen 27.000 bis etwa 46.000 Personen spielsüchtig“ sein dürften (S. 24 f). Bei jenen Befragten, die an außerhalb von Casinos aufgestellten Automaten – also an solchen, die sich in Spielhallen, Gaststätten oder Tankstellen befinden – spielten, sei der Anteil an nicht bloß problematischen, sondern sogar pathologischen Spielern (= Erfüllung von mindestens fünf DSM-IV-Kriterien) als signifikant hoch, nämlich mit 21,2%, zu qualifizieren, während sich dem gegenüber der Vergleichswert für Automatenglücksspiel in konzessionierten Salons der Casinos Austria AG als eher gering (4,4%) ausnehmen würde (S. 28 f). Unter einer Auswahl von 13 suchtpräventiven Maßnahmen kämen ein Spielverbot unter 18 Jahren (89%), eine spielartübergreifende Sperre (83%) bzw. eine Reduzierung der Werbung (70%) auf die höchsten Akzeptanzwerte, während das staatliche Glücksspielmonopol und ein Alkoholverbot in Spielstätten (jeweils unter 50%) sowohl in der Bevölkerung als auch unter den Spielern selbst auf die geringste Resonanz stoßen würden (S. 30 ff).
Ungeachtet dessen, dass das ISD auch nach der Rechtsordnung jenes Staates, in dem dieses seinen Sitz hat (BRD), nicht als eine öffentlich-rechtliche Einrichtung, sondern als privater Verein[10] zu qualifizieren ist[11], wurde – sieht man davon ab, dass die im Zeitraum zwischen Jänner und Juni 2015 durchgeführte Befragung nunmehr 10.000 Personen (2009: 6.300 Personen) im Alter zwischen 14 und 65 Jahren im Rahmen einer (allerdings bloß telefonisch erhobenen) Stichprobe erfasste (S. 8 f) – bei der Erstellung der Glücksspielstudie 2015 wieder auf dieselbe Methodik zurückgegriffen, die bereits der Repräsentativerhebung 2009 zu Grunde lag (S. 8 ff).
Berücksichtigt man weiters, dass die Glücksspielstudie 2015 selbst zu dem Ergebnis kommt, dass „sich das Glücksspielverhalten der österreichischen Bevölkerung seit dem Jahr 2009 nicht stark verändert“ hat (S. 3 und 16), vermag dieses Beweismittel sohin auf der Tatsachenebene keine additiven Erkenntnisse zu erbringen. Dazu trägt insbesondere auch der Umstand bei, dass in der Glücksspielstudie 2015 überwiegend bloß prozentuelle Anteile angeführt, die daraus zu ziehenden Schlüsse hingegen nicht einmal angedeutet, geschweige denn nachvollziehbar begründet und somit die entscheidenden Fragen im Ergebnis vielfach nicht gelöst, sondern offen gelassen werden: So könnte beispielsweise (und stellvertretend für Vieles) aus der Angabe, dass das Automatenglücksspiel außerhalb von Casinos zwischen 2009 und 2015 leicht – nämlich von 1,2% auf 1,0% – gesunken ist, sowohl abgeleitet werden, dass dies als eine positive Konsequenz der verstärkten finanzpolizeilichen Kontrollen angesehen werden muss, aber auch, dass sich diese im Gegenteil wegen des kaum quantifizierbaren Erfolges gesamthaft betrachtet als ineffektiv erwiesen haben.
Außerdem haben auch im Rahmen dieser Untersuchung lediglich 1,1% aller Befragten – also absolut besehen: bloß 110 Personen – und diese zudem nur auf Grund einer Eigeneinschätzung angegeben, „mehr oder weniger stark spielsüchtig“ zu sein, sodass die aus einer bloßen Selbstreflexion abgeleitete Schlussfolgerung, dass „in Österreich aktuell zwischen 27.000 bis etwa 46.000 Personen spielsüchtig“ sein dürften, lediglich ein abstraktes Rechenexempel verkörpert, das jeglicher faktischer Verifizierbarkeit entbehrt.
4.5. Zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Oktober 2016, E 945/2015, zu den Entscheidungen anderer Einzelrichter des LVwG OÖ sowie den Entscheidungen anderer Landesverwaltungsgerichte, mit denen jeweils – explizit oder implizit – die unionsrechtliche Unbedenklichkeit des im GSpG normierten Monopolsystems festgestellt wurde, sowie zum Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 30. März 2016, 4 Ob 31/16m, in dem dieser von einer Unions- und Verfassungswidrigkeit der im GSpG normierten Monopolregelung ausgeht:
Diese Entscheidungen sind jeweils durchgängig dadurch gekennzeichnet, dass ihnen keine eigenständige, auf die Frage der Unionsrechtskompatibilität des GSpG-Monopolsystems bezogene Faktenermittlung zu Grunde liegt (vgl. schon LVwG OÖ vom 24. Juni 2015, LVwG-410600, S. 43 f).
Somit vermögen sie – rein auf der Faktenebene – schon von vornherein nichts zur Klärung der vom EuGH jüngst neuerlich (vgl. EuGH vom 30. Juni 2016, C‑464/16 [Admiral Casinos & Entertainment AG – ECLI:EU:C:2016:500]; s. auch unten, II.2.6.) betonten Problematik beizutragen, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass es bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der Glücksspiele im Sinne einer nicht bloß statischen, sondern vielmehr einer dynamischen Betrachtungsweise (RN 36) nicht nur auf die Zielsetzung dieser Regelung im Moment ihres Erlasses ankommt, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen (RN 37).
4.6. Zur „schriftlichen Äußerung“ des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerinnen:
Soweit in dieser auf rechtswissenschaftliche Literaturstellen Bezug genommen wird, gilt das zuvor unter II.2.5. Ausgeführte hier in gleicher Weise, weil jenen ebenfalls keine eigenständigen faktenmäßigen Erhebungen zu Grunde liegen (vgl. schon LVwG OÖ vom 24. Juni 2015, LVwG-410600, S. 44).
Andererseits decken sich die in der Presseaussendung der APA (Originaltextservice) vom 8. April 2015[12] über den Geschäftserfolg der „Casinos Austria AG“ und der „Österreichischen Lotterien GmbH“ im Jahr 2014 genannten Werte und die daraus resultierende Steuerleistung von 552 Mio. Euro im Vorjahr mit den auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen diesbezüglich veröffentlichten Zahlen[13], sodass diese sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach als zutreffend angesehen werden kann.
Dem gegenüber enthält das vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen bezogene Statement der Vorsitzenden der „(Wiener) Spielsuchthilfe“ vom 3. April 2015 bloß Mutmaßungen. Auch der Inhalt des von ihnen vorgelegten, in diversen zivilgerichtlichen (wettbewerbsrechtlichen) Prozessen erstatteten Zeugenaussagen durfte im gegenständlichen Verfahren wegen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes (vgl. § 48 VwGVG) nicht verwendet werden; davon abgesehen wird in den in jenen Verfahren ergangenen Entscheidungen – wie bereits zuvor angeführt – sogar ausdrücklich klargestellt, dass mangels entsprechender Beweisangebote eben gerade keine für die Klärung der Frage der Unionsrechtskonformität maßgeblichen Fakten erhoben wurden (vgl. z.B. Landesgericht Steyr vom 3. April 2015, 2 Cg-48/14y-25, S. 11).
Weiters lässt sich auch nicht konstatieren, dass es sich bei dem vom Vertreter der Beschwerdeführerinnen vorgelegten Manuskript „Überblick – Spielsuchtprävention Österreich vier Jahre nach Inkrafttreten des GSpG 2010“ (von MMag. Malgorzata Zanki vom 12. Jänner 2015; im Folgenden auch kurz: Manuskript Suchtprävention) tatsächlich – wie von ihm vorgebracht – um ein Sachverständigengutachten handelt; dagegen spricht nicht nur der unstrukturierte Aufbau der Darstellung und das durchgängige Fehlen von Bezugnahmen auf Fachliteratur, sondern vor allem die polemische, einseitig-inobjektive inhaltliche Bewertung von Mängeln im Zusammenhang mit der faktischen Umsetzung der gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen; vielmehr dürfte dieses Manuskript bloß die Basis für einen Vortrag oder eine Präsentation darstellen (bzw. dargestellt haben), wie sich aus dem häufigen Hinweis auf (gemeint wohl: Power-Point-)„Folien“ (vgl. insbesondere S. 3) ergibt.
Soweit es schließlich die Werbeaktivitäten der Konzessionsinhaber betrifft, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass bereits im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich vom 24. Juni 2015, LVwG-410600, festgestellt wurde, dass diese als „notorisch aggressiv“ zu qualifizieren ist (vgl. S. 39 f).
Diese Einschätzung wird durch die vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen seiner schriftlichen Äußerung beigegebenen Unterlagen zusätzlich bekräftigt: Denn danach zielen zahlreiche Werbeaktivitäten darauf ab, nicht bloß das Glücksspiel in legale Bahnen zu lenken; vielmehr sollen ganz offensichtlich auch solche Personen zum Glücksspiel animiert werden, die diesem bislang völlig desinteressiert gegenübergestanden sind[14].
Fakten, die diese auch vom OGH und zahlreichen Zivilgerichten geteilte Einschätzung widerlegen, lassen sich demgegenüber insbesondere auch dem Erkenntnis des VfGH vom 15. Oktober 2016, E 945/2016, und der dort bezogenen Judikatur des VwGH und des LVwG OÖ nicht entnehmen.
5. All dies berücksichtigend erachtet es das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich daher in tatsächlicher Hinsicht weiterhin
als nicht erwiesen,
· dass in Österreich 64.000 Personen spielsüchtig sind[15] und dass es hierzulande beispielsweise mehr spielsüchtige (substanzunabhängige bzw. stoffunabhängige Verhaltenssucht) als drogenabhängige (substanzabhängige Verhaltenssucht) Personen gibt,
· dass die Spielsucht in Österreich ein erhebliches, einen unverzüglichen staatlichen Handlungsbedarf hinsichtlich Spielerschutzmaßnahmen begründendes gesellschaftliches Problem darstellt(e), und
· dass das Glücksspiel, insbesondere das Automatenglücksspiel, tatsächlich ein echtes Kriminalitätsproblem verkörpert(e), weil Verstöße gegen glücksspielrechtliche Bestimmungen nur in relativ geringem Ausmaß schwere (strafgerichtlich zu ahndende) Delikte bild(et)en; zum weitaus überwiegenden Teil handelte es sich dagegen bloß um Ordnungswidrigkeiten, nämlich um Verstöße gegen solche Vorschriften, die ausschließlich der effektiven Sicherung und Aufrechterhaltung des bestehenden Monopolsystems dienen; erweist sich jedoch dieses Regelungssystem i.S. einer petitio principii als unionsrechtswidrig, dann kann eine Verletzung von Bestimmungen, die zu dessen Aufrechterhaltung und Absicherung dienen, auch nicht als rechtswidrig und schon gar nicht als kriminell qualifiziert werden;
als erwiesen,
· dass die Staatseinnahmen aus dem Glücksspiel jährlich ca. 500 Mio. Euro betragen (und die GSpG-Konzessionäre damit zu den 5 größten steuerleistenden Unternehmen in Österreich zählen),
· dass der Spielerschutz seit dem Inkrafttreten der GSpG-Novelle 2010 – wenngleich nicht perfektioniert, so doch (im Wege entsprechender Auflagenvorschreibungen an die Konzessionäre) – erheblich verbessert wurde,
· dass die Monopolinhaber eine aggressive Expansions- und Werbestrategie verfolgen, sowie
· dass der Staat, insbesondere die staatlichen Behörden die Notwendigkeit einer Monopolregelung gerade in jener Form, wie diese im GSpG verankert ist, nicht nachgewiesen haben, sodass insbesondere nicht erkennbar ist, weshalb beispielsweise eine strenge Konzessionsprüfung (Eigenkapitalausstattung, Spielerschutzauflagen, Vertrauenswürdigkeit, etc. bis hin zu hohen Verfahrensabgaben) ohne zusätzliche (auf eine Bedarfsprüfung hinauslaufende) Beschränkung auf eine bestimmte Zahl von Anbietern zur Zielerreichung nicht in gleicher Weise ausreichend sein soll.
Darüber hinausgehende (Erkundungs-)Beweise waren – schon mangels entsprechender Anträge der Verfahrensparteien – selbst unter Bedachtnahme auf die Maßgeblichkeit des Amtswegigkeitsprinzips[16] nicht zu erheben.
Im Besonderen war auch (entgegen der ursprünglich gegenteiligen Annahme des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich selbst) die Einholung eines Sachverständigengutachtens schon deshalb entbehrlich, weil die Bewertung der vom EuGH aufgestellten Kriterien hinsichtlich der Beurteilung der Vereinbarkeit der Monopolregelungen des GSpG mit der unionsrechtlich garantierten Dienstleistungsfreiheit kein derart spezifisches Sachwissen erfordert, dass besondere Fachkenntnisse eines bestimmten naturwissenschaftlichen Materienbereiches erforderlich wären; vielmehr setzen diese Kriterien bloß eine reine Faktenerhebung voraus. Systematisch besehen geht es also um eine Tatsachenermittlung ex post, nämlich bezogen auf den Tatzeitpunkt, sowie um die nachträgliche Verifizierung von Behauptungen, Absichtserklärungen und/oder Prognosen (und zwar vornehmlich des Gesetzgebers bzw. des Bundesministeriums für Finanzen zwecks Rechtfertigung des Glücksspielmonopols); ob bzw. inwieweit diese jeweils für wahr zu halten sind, verkörpert dem gegenüber ausschließlich eine Frage der Beweiswürdigung.
6. Im Besonderen wurde schließlich festgestellt, dass – soweit dies aus dem Behördenakt hervorgeht – keine(r) der Beschwerdeführer(innen) ein(e) Angehörige(r) eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union ist.
7. Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte schon im Hinblick auf den von den Verfahrensparteien erklärten Verzicht, aber auch unter Heranziehung der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (im Folgenden auch: EGMR) zu Art. 6 Abs. 1 EMRK abgesehen werden: Denn danach ist eine solche auch in Strafverfahren nicht erforderlich, wenn es beispielsweise – wie im vorliegenden Fall – bloß um Verwaltungsübertretungen geht und für die durch die angefochtene Entscheidung belastete Partei keine gravierenden Rechtsfolgen auf dem Spiel stehen (vgl. EGMR vom 23. November 2006, 73053/01, RN 43 und 48, m.w.N., jüngst bestätigt z.B. durch EGMR vom 15. Jänner 2015, 63362/09, RN 81, sowie vom 19. November 2015, 46998/08, RN 81).
III.
Rechtliche Beurteilung
1. Staatliche Eingriffsbefugnisse nach dem GSpG
1.1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des GSpG (BGBl 620/1989 i.d.F. BGBl I 118/2015) laute(te)n auszugsweise:
„Verwaltungsstrafbestimmungen
§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z. 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60.000 Euro und in den Fällen der Z. 2 bis 11 mit bis zu 22.000 Euro zu bestrafen,
1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;
2. .....
(2) Bei Übertretung des Abs. 1 Z. 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6.000 Euro bis zu 60.000 Euro zu verhängen.
(3) Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.
(4) ..... Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 4 durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, unterliegen, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall.
(5) .....
Beschlagnahmen
§ 53. (1) Die Behörde kann die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn
1. der Verdacht besteht, dass
a) mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, oder
b) durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird oder
2. fortgesetzt oder wiederholt mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen gemäß Z 1 lit. a gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird oder
3. fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird.
(2) Die Organe der öffentlichen Aufsicht können die in Abs. 1 genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, daß die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden. Sie haben darüber außer im Falle des § 52 Abs. 1 Z 7 dem Betroffenen sofort eine Bescheinigung auszustellen oder, wenn ein solcher am Aufstellungsort nicht anwesend ist, dort zu hinterlassen und der Behörde die Anzeige zu erstatten. In der Bescheinigung sind der Eigentümer der Gegenstände, der Veranstalter und der Inhaber aufzufordern, sich binnen vier Wochen bei der Behörde zu melden; außerdem ist auf die Möglichkeit einer selbständigen Beschlagnahme (Abs. 3) hinzuweisen. Tritt bei dieser Amtshandlung der Eigentümer der Gegenstände, der Veranstalter oder der Inhaber auf, so sind ihm die Gründe der Beschlagnahme bekanntzugeben.
(3) Die Behörde hat in den Fällen des Abs. 2 unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Soweit nach der vorläufigen Beschlagnahme keine dieser Personen binnen vier Wochen ermittelt werden kann oder sich keine von diesen binnen vier Wochen meldet oder die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthaltes sind, so kann auf die Beschlagnahme selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.
(4) Die beschlagnahmten Gegenstände sind amtlich zu verwahren. Bereitet die amtliche Verwahrung Schwierigkeiten, so sind die Gegenstände einer dritten Person in Verwahrung zu geben; sie können aber auch dem bisherigen Inhaber belassen werden, wenn hierdurch der Zweck der Beschlagnahme nicht gefährdet wird. In solchen Fällen ist ein Verbot zu erlassen, über die Gegenstände zu verfügen, wobei hinsichtlich der Benützung, Pflege und Wertsicherung der Gegenstände die erforderlichen Bedingungen und Auflagen festzulegen sind. Die Gegenstände können auch durch amtliche Verschlüsse gesichert werden.“
1.2. Nach § 168 StGB ist derjenige, der ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wurde.
2. Zur Frage der sachlichen Zuständigkeit der belangten Behörde
2.1. Ob der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG erfüllt ist, hing bis zur GSpG-Novelle BGBl I 13/2014 – nachdem der VwGH (nach Änderung seiner früheren Judikatur) die Auffassung vertreten hatte, dass es auf den tatsächlich entrichteten Spieleinsatz ankäme (vgl. VwGH vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, u.v.a.), von dieser Rechtsmeinung jedoch im Gefolge des VfGH-Erkenntnisses vom 13. Juni 2013, B 422/2013, (neuerlich) wieder ausdrücklich abgegangen war (vgl. z.B. VwGH vom 23. Juli 2013, Zl. 2012/17/0249, u.v.a.) – davon ab, ob es Spielern im Zusammenhang mit ihrer Teilnahme an Ausspielungen möglich war, vermögenswerte Leistungen pro Spiel von höchstens 10 Euro zu erbringen; war hingegen ein Einsatz von mehr als 10 Euro je Spiel möglich, so handelte es sich ex lege nicht mehr um geringe Beträge mit der Folge, dass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter einer allfälligen Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktrat.
2.2. Nach der Anordnung des § 52 Abs. 3 GSpG i.d.F. der am 1. März 2014 in Kraft getretenen (vgl. § 60 Abs. 34 GSpG) – und damit auch im vorliegenden Fall (Vorfallszeitpunkt: 21. Oktober 2015) maßgeblichen – Novelle BGBl I 13/2014 ist nunmehr jedoch dann, wenn durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 GSpG als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht ist, nur eine Bestrafung nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG vorzunehmen.
2.3. Da die Geräte der Beschwerdeführerinnen – auch von ihnen selbst unwidersprochen – zum Zeitpunkt der von den Exekutivorganen der Finanzpolizei vorgenommenen Kontrolle im verfahrensgegenständlichen Lokal aufgestellt waren, ohne dass hierfür eine entsprechende Konzession vorlag, konnten die einschreitenden Organe und die belangte Behörde sohin vertretbar vom Vorliegen des Verdachtes einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG – der zugleich nach § 52 Abs. 3 GSpG eine gerichtliche Strafverfolgung nach § 168 StGB ausschloss – ausgehen.
Angesichts dessen war die belangte Behörde sohin gemäß § 53 Abs. 1 GSpG zur Erlassung des angefochtenen Bescheides sachlich (und auch örtlich) zuständig.
3. Zur Frage der Maßgeblichkeit des Unionsrechts, insbesondere der Vereinbarkeit des Glücksspielmonopols mit Art. 56 AEUV
3.1. Hinsichtlich der Problematik, ob im vorliegenden Fall auch die Rechtsvor-schriften der Europäischen Union – und unter diesen insbesondere die in Art. 56 AEUV garantierte Dienstleistungsfreiheit – unmittelbar zum Tragen kommen, haben sich im Ermittlungsverfahren zwar keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Erst- bis Viertbeschwerdeführerinnen ihren Unternehmenssitz nicht ausschließlich in Österreich haben bzw. der Fünftbeschwerdeführer nicht österreichischer Staatsbürger ist.
3.2. Die Maßgeblichkeit des Unionsrechts ist jedoch im Lichte der neueren Rechtsprechung des EuGH aus folgenden Gründen zu bejahen:
3.2.1. So hat der EuGH in seinem Urteil vom 30. Juni 2016, C-464/15 (Admiral Casinos & Entertainment AG, EU:C:2016:500), RN 21 bis 24, explizit ausgeführt (Hervorhebungen nicht im Original):
„21 Es ist richtig, dass die Vorschriften des AEU-Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr keine Anwendung auf einen Sachverhalt finden, dessen Merkmale sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (vgl. entsprechend Urteil vom 17. Juli 2008, Kommission/Frankreich, C‑389/05, EU:C:2008:411, Rn. 49).
22 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende – die unterschiedslos auf österreichische Unternehmer und Unternehmer mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten anwendbar ist – im Allgemeinen zwar nur dann unter die Bestimmungen über die vom AEU‑Vertrag garantierten Grundfreiheiten fallen kann, wenn sie für Sachlagen gilt, die eine Verbindung zum Handel zwischen den Mitgliedstaaten aufweisen; es lässt sich jedoch keineswegs ausschließen, dass Unternehmer, die in anderen Mitgliedstaaten als der Republik Österreich ansässig sind, Interesse daran hatten oder haben, in diesem Mitgliedstaat Glücksspielautomaten zu betreiben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Juli 2012, Garkalns, C‑470/11, EU:C:2012:505, Rn. 21, und vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher, C‑367/12, EU:C:2014:68, Rn. 10).
23 Während hier, wie aus den Rn. 8 bis 10 des vorliegenden Urteils hervorgeht, sowohl die Klägerin als auch die Beklagten des Ausgangsverfahrens Unternehmen oder Personen sind, die ihren Sitz bzw. Wohnsitz im Hoheitsgebiet der Republik Österreich haben, sind indessen die Betreiber der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Glücksspielautomaten – obwohl sie nicht zu den Beklagten des Ausgangsverfahrens gehören – zwei Gesellschaften mit Sitz in der Tschechischen Republik bzw. in der Slowakei, denen diese Beklagten gegen Entgelt das Recht zur Aufstellung der Glücksspielautomaten in ihren Lokalen eingeräumt haben.
24 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der Gerichtshof für die Beantwortung der Frage zuständig ist.“
Und in den mit RN 22 verwiesenen Entscheidungen heißt es (vgl. EuGH vom 13. Februar 2014, C‑367/12 [Sokoll-Seebacher, EU:C:2014:68], RN 10 bis 13, Hervorhebungen nicht im Original):
„10 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche, die unterschiedslos auf österreichische Staatsangehörige und Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten anwendbar ist, im Allgemeinen zwar nur dann unter die Bestimmungen über die vom AEU‑Vertrag garantierten Grundfreiheiten fallen kann, wenn sie für Sachlagen gilt, die eine Verbindung zum Handel zwischen den Mitgliedstaaten aufweisen; es lässt sich jedoch keineswegs ausschließen, dass Staatsangehörige, die in anderen Mitgliedstaaten als der Republik Österreich ansässig sind, Interesse daran hatten oder haben, in diesem Mitgliedstaat Apotheken zu betreiben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Dezember 2013, Venturini u. a., C‑159/12 bis C‑161/12, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).
11 Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten ergibt sich zwar, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens österreichische Staatsangehörige ist und sich der Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits ausnahmslos innerhalb eines einzigen Mitgliedstaats, nämlich der Republik Österreich, abspielt, doch kann die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung gleichwohl Wirkungen entfalten, die sich nicht auf diesen Mitgliedstaat beschränken.
12 Im Übrigen kann die Antwort des Gerichtshofs dem vorlegenden Gericht selbst bei einem rein innerstaatlichen Sachverhalt wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen, bei dem nichts über die Grenzen eines einzigen Mitgliedstaats hinausweist, von Nutzen sein, insbesondere dann, wenn sein nationales Recht vorschreibt, dass einem Inländer die gleichen Rechte zustehen wie die, die einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen Lage kraft Unionsrecht zustünden (Urteil Venturini u. a., Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).
13 Diese erste Einrede der Unzulässigkeit ist daher zurückzuweisen.“
bzw. schon zuvor (vgl. EuGH vom 19. Juli 2012, C‑470/11 [Garkalns, EU:C:2012:505], RN 20 bis 22, Hervorhebungen nicht im Original):
„20 Im vorliegenden Fall steht zwar fest, dass Garkalns ein in Lettland gegründetes lettisches Unternehmen ist und sämtliche Elemente des Ausgangsrechtsstreits innerhalb dieses einzigen Mitgliedstaats liegen. Dennoch kann die Antwort des Gerichtshofs, wie aus der Rechtsprechung hervorgeht, dem vorlegenden Gericht auch unter derartigen Umständen von Nutzen sein, insbesondere dann, wenn sein nationales Recht vorschreiben sollte, dass einem inländischen Staatsangehörigen die gleichen Rechte zustehen, die einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen Lage kraft Unionsrecht zustünden (vgl. in diesem Sinne Urteil Blanco Pérez und Chao Gómez, Randnr. 39, und Urteil vom 10. Mai 2012, Duomo Gpa, C‑357/10 bis C‑359/10, Randnr. 28).
21 Außerdem kann zwar eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige, die unterschiedslos anwendbar ist, im Allgemeinen nur dann unter die Bestimmungen über die vom AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten fallen, wenn sie für Sachlagen gilt, die eine Verbindung zum Handel zwischen den Mitgliedstaaten aufweisen, doch lässt sich keineswegs ausschließen, dass Anbieter, die in anderen Mitgliedstaaten als der Republik Lettland ansässig sind, Interesse daran hatten oder haben, im lettischen Hoheitsgebiet Glücksspielstätten zu eröffnen (vgl. in diesem Sinne Urteil Blanco Pérez und Chao Gómez, Randnr. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).
22 Unter diesen Umständen ist das Vorabentscheidungsersuchen als zulässig anzusehen.“
Schließlich hat der EuGH diese Problematik jüngst in seinem Urteil vom 15. November 2016, C‑268/15 (Ullens de Schooten, ECLI:EU:C:2016:874), folgendermaßen systematisiert:
„50 Zwar hat der Gerichtshof Vorabentscheidungsersuchen, bei denen es um die Auslegung von die Grundfreiheiten betreffende Vorschriften der Verträge ging, für zulässig erachtet, obwohl die Merkmale des Ausgangsrechtsstreits sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinauswiesen, und dies damit begründet, dass sich nicht ausschließen lässt, dass in anderen Mitgliedstaaten ansässige Staatsangehörige Interesse daran hatten oder haben, von diesen Freiheiten Gebrauch zu machen, um in dem Mitgliedstaat, der die betreffende nationale Regelung erlassen hat, Tätigkeiten auszuüben, und dass folglich diese unterschiedslos auf Inländer und Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten anwendbare Regelung Wirkungen entfalten kann, die sich nicht auf diesen Mitgliedstaat beschränken (.....).
51 Des Weiteren hat der Gerichtshof ausgeführt, dass dann, wenn das vorlegende Gericht ihn im Rahmen eines Verfahrens zur Nichtigerklärung von Bestimmungen anruft, die nicht nur für Inländer, sondern auch für die Angehörigen der übrigen Mitgliedstaaten Geltung haben, die Entscheidung, die das vorlegende Gericht im Anschluss an das Vorabentscheidungsurteil des Gerichtshofs treffen wird, auch in Bezug auf die Angehörigen der übrigen Mitgliedstaaten Wirkungen entfalten wird, was es rechtfertigt, dass er die ihm im Zusammenhang mit den die Grundfreiheiten betreffenden Vorschriften des Vertrags gestellten Fragen trotz des Umstands beantwortet, dass die Merkmale des Ausgangsrechtsstreits sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (.....).
52 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich die Auslegung der in den Art. 49, 56 oder 63 AEUV vorgesehenen Grundfreiheiten in einer Rechtssache, deren Merkmale sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen, als relevant erweisen kann, wenn das nationale Recht dem vorlegenden Gericht vorschreibt, einem Staatsangehörigen des Mitgliedstaats, zu dem dieses Gericht gehört, die gleichen Rechte zuzuerkennen, wie sie einem Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats in gleicher Lage aufgrund des Unionsrechts zustünden (.....).
53 Dasselbe gilt in den Fällen, in denen zwar der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens nicht unmittelbar in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt, aber die Vorschriften des Unionsrechts durch das nationale Recht, das sich zur Regelung rein innerstaatlicher Sachverhalte, deren Merkmale sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen, nach den im Unionsrecht getroffenen Regelungen richtete, für anwendbar erklärt wurden (.....).
54 Jedoch kann der Gerichtshof in den Fällen, auf die sich die RN 50 bis 53 des vorliegenden Urteils beziehen, dann, wenn er von einem nationalen Gericht im Zusammenhang mit einem Sachverhalt angerufen wird, dessen Merkmale sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen, und das nationale Gericht lediglich angibt, dass die fragliche nationale Regelung unterschiedslos für die Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats und für die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten gilt, nicht davon ausgehen, dass das nationale Gericht das Ersuchen um Auslegung im Wege der Vorabentscheidung bezüglich der die Grundfreiheiten betreffenden Vorschriften des AEU-Vertrags für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits benötigt. Die konkreten Merkmale, die es ermöglichen, einen Zusammenhang zwischen dem Gegenstand oder den Umständen eines Rechtsstreits, dessen Merkmale sämtlich nicht über die Grenzen des betreffenden Mitgliedstaats hinausweisen, und den Art. 49, 56 oder 63 AEUV herzustellen, müssen sich nämlich aus der Vorlageentscheidung ergeben.
55 Folglich ist es im Zusammenhang mit einem Sachverhalt wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, dessen Merkmale sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen, Sache des vorlegenden Gerichts, dem Gerichtshof den Anforderungen von Art. 94 seiner Verfahrensordnung entsprechend anzugeben, inwieweit der bei ihm anhängige Rechtsstreit trotz seines rein innerstaatlichen Charakters einen Anknüpfungspunkt bezüglich der Vorschriften des Unionsrechts betreffend die Grundfreiheiten aufweist, der die Auslegung im Wege der Vorabentscheidung, um die ersucht wird, für die Entscheidung dieses Rechtsstreits erforderlich macht.“
Zusammenfassend ergibt sich aus diesen Entscheidungen, dass ein fehlender Auslandsbezug somit generell kein Hindernis für eine unmittelbare Maßgeblichkeit der in Art. 49 AEUV, Art. 56 AEUV und/oder in Art. 63 AEUV normierten Grundfreiheiten bildet, wenn bzw. solange ein entsprechender inhaltlicher Konnex – nämlich: potentielles Interesse eines bzw. potentielle Auswirkung einer gerichtlichen Entscheidung auf einen in einem anderen Mitgliedsstaat ansässigen Unternehmer(s); umgekehrte Diskriminierung; und/oder Implementierung des Unionsrechts durch nationales Recht – gegeben ist.
3.2.2. Aus dieser jüngeren Judikaturentwicklung geht somit deutlich hervor, dass die frühere Grenzziehung zwischen der Anwendbarkeit der unionsrechtlichen Grundfreiheiten, im Besonderen der Dienstleistungs- und der Niederlassungsfreiheit, einerseits und der Zuständigkeit des EuGH in Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV andererseits zunehmend aufgelöst wird. Unionsrecht, insbesondere die im AEUV normierten Grundfreiheiten und die Garantien der EGRC, kommt bzw. kommen daher nicht nur in Fällen mit einem unmittelbaren Auslandsbezug zum Tragen:
Vielmehr reicht auf der einen Seite ein auch nur hypothetischer Auslandsbezug hin, dann nämlich, wenn sich – so der EuGH – „keineswegs ausschließen“ lässt, dass auch im Ausland ansässige Unternehmer ein Interesse an der Erlangung einer durch nationale Rechtsvorschriften eingeschränkten Erlaubniserteilung haben könnten (vgl. oben EuGH vom 30. Juni 2016, C-464/15 [Admiral Casinos & Entertainment AG, EU:C:2016:500], RN 22; vom 13. Februar 2014, C‑367/12 [Sokoll-Seebacher, EU:C:2014:68], RN 10; und vom 19. Juli 2012, C‑470/11 [Garkalns, EU:C:2012:505], RN 20). Wenngleich man in diesem Zusammenhang auch die Auffassung vertreten könnte, dass Ausländer, die bloß hypothetisch von einer unionsrechtswidrigen nationalen Regelung betroffen sind, deshalb solange nicht als schutzwürdig erscheinen, als sie noch keine konkreten, ihrer Rechtsverfolgung dienenden Prozesshandlungen gesetzt haben, entspricht es aber der Formulierung des Art. 18 AEUV und des Art. 21 Abs. 2 EGRC (vgl. jeweils: „ist verboten“ [und nicht etwa: „hat ein Recht darauf“]) und der Judikatur des EuGH, wonach alle Gerichte die effektive Umsetzung des Unionsrechts mit den ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln sicherzustellen haben (vgl. z.B. EuGH vom 15. Oktober 2015, C‑581/14 [Naderhirn, EU:C:2015:707], RN 32, m.w.N.), jedenfalls eher, dass das Verbot der Nichtdiskriminierung alle staatlichen Organe unmittelbar dazu verpflichtet, entsprechende Verstöße schon ex officio aufzugreifen.
Und auf der anderen Seite ist selbst dann, wenn nicht einmal ein hypothetischer Auslandsbezug vorliegt (arg. „außerdem“ bzw. „im Übrigen“), zu beachten, ob durch nationales Recht angeordnet ist, dass inländischen Staatsangehörigen die gleichen Rechte zukommen, die einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen Lage kraft Unionsrecht zustünden: Trifft dies zu, dann erlangt das Unionsrecht offenbar – gleichsam über „Vermittlung“ des Diskriminierungsverbotes des Art. 18 Abs. 1 AEUV – auch in rein innerstaatlichen Fällen Geltung, um eine sog. „umgekehrte Diskriminierung“ zu vermeiden, die darin bestünde, dass für einen Ausländer, wenn er eine Genehmigung beantragen würde, eine unionsrechtswidrige nationale Schrankenregelung nicht anzuwenden wäre, während diese dem gegenüber für einen Inländer in rein innerstaatlichen Sachverhalten (zumindest bis zu deren formeller Eliminierung durch den innerstaatlichen Gesetzgeber oder ein nach nationalen Vorschriften hierfür zuständiges innerstaatliches Gericht) zum Tragen käme – und dies nur deshalb, weil de facto kein Auslandsbezug vorliegt, wobei gerade darin ebenfalls eine Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit i.S.d. Art. 18 AEUV bzw. des Art. 21 Abs. 2 EGRC läge (vgl. näher dazu auch G. Kucsko-Stadlmayer, in: H. Mayer – K. Stöger [Hrsg.], Kommentar zu AEUV und EUV, 2013, RN 48 ff, die zwar ebenfalls bereits eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Art. 18 Abs. 1 AEUV durch den EuGH konzediert [vgl. insbes. RN 58: „Insgesamt ist festzuhalten, dass dem EuGH ein Mindestmaß an Verbindung eines Sachverhalts zum Unionsrecht genügt, um Art. 18 AEUV für anwendbar zu erachten“ und RN 61: „Der erforderliche Bezug eines Sachverhalts zum Unionsrecht wird meist als ‚Unionsbezug‘, ‚grenzüberschreitender Bezug‘ oder ‚Auslandsbezug‘ bezeichnet. Auf Grund der fortgeschrittenen Integration innerhalb des Binnenmarktes wird das Kriterium heute zT schon auf Grund des Unionsrechts für irrelevant erachtet (näher Epiney in Callies/Ruffert4 Art. 18 AEUV Rz 32 ff; König, AöR 1993, 594 ff; Rossi, EuR 2000, 201 f)“], im Ergebnis aber – freilich v.a. noch vor dem Hintergrund der früheren EuGH-Judikatur – festhält [vgl. RN 26], „dass Art. 18 AEUV nur im ‚Anwendungsbereich der Verträge‘ zum Tragen kommt und seine Wirkung somit auf unionsrechtlich geregelte Situationen beschränkt ist“).
3.2.3. Angesichts dessen dürfte sich wohl die vom Obersten Gerichtshof hinsichtlich der Problematik der „umgekehrten Diskriminierung“ in seiner jüngeren Rechtsprechung (vgl. z.B. OGH vom 20. Jänner 2015, 4 Ob 200/14m, und zuletzt vom 30. März 2016, 4 Ob 31/16m u.a.) vertretene Auffassung, die davon ausgeht, dass die Frage einer allfälligen verfassungswidrigen Inländerdiskriminierung von einem ordentlichen Gericht nicht aus eigenem, sondern nur vom VfGH beurteilt werden könne, insbesondere unter Berücksichtigung auch der EuGH-Judikatur, wonach alle Gerichte die effektive Umsetzung des Unionsrechts mit den ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln sicherzustellen haben (vgl. z.B. EuGH vom 15. Oktober 2015, C 581/14 [Naderhirn, EU:C:2015:707], RN 32, m.w.N.), im Ergebnis nicht bzw. nur mehr insoweit als maßgeblich erweisen, als es die Frage der Verfassungsmäßigkeit der nationalen Schrankenregelung, nicht jedoch auch insoweit, als es die Frage von deren Vereinbarkeit mit Unionsrecht betrifft:
Denn in zivilgerichtlichen, im Besonderen: in wettbewerbsrechtlichen Verfahren ist die als unionsrechtswidrig erachtete Norm zwar nicht unmittelbar anwendbar (wie etwa im Falle einer auf das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, BGBl 448/1984 i.d.g.F. BGBl I 49/2015 [im Folgenden: UWG], gerichteten Unterlassungsklage eines Bewilligungsinhabers gegen einen Nichtkonzessionär): Ob insoweit eine „unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere Handlung“ i.S.d. § 1 Abs. 1 Z. 1 UWG vorliegt, ist aber danach zu beurteilen, ob Glücksspielgeräte nur mit einer nach dem GSpG erforderlichen Konzession oder auch ohne eine solche betrieben werden dürfen; auf diese Weise hat daher das Zivilgericht notwendigerweise auch über die untrennbar damit verbundene Vorfrage zu entscheiden, ob das im GSpG normierte Konzessionssystem im Lichte des Art. 56 AEUV unionsrechtskonform ist oder nicht, wobei im letzteren Fall das GSpG nicht anzuwenden ist (vgl. in diesem Sinne z.B. LG Graz vom 20. April 2016, 10 Cg 22/16w).
Hierzu bedarf es aber nicht nur keiner vorangehenden Befassung des VfGH, vielmehr ist einem unterinstanzlichen Gericht ein derartiger Weg – wie aus der insoweit eindeutigen Rechtsprechung des EuGH hervorgeht – sogar ausdrücklich verwehrt: Dieses hat die Frage der Unionsrechtskompatibilität ausschließlich aus eigenem und ohne vorangehende Befassung eines nach nationalem Recht allenfalls exklusiv zur Normenkontrolle berufenen Höchstgerichts zu entscheiden (vgl. z.B. EuGH vom 11. September 2014, C‑112/13 [A und B, EU:C:2014:2195], RN 36 und 46, jeweils m.w.N.; und vom 15. Oktober 2015, C 581/14 [Naderhirn, EU:C:2015:707], RN 32, m.w.N.).
3.2.4. Analog gilt dies erst recht für Verfahren vor Verwaltungsgerichten, weil hier (im Gegensatz zu einem Verfahren vor einem ordentlichen Gericht oder im Verfahren vor dem VwGH [vgl. Art. 133 Abs. 5 B-VG]) das Verfassungsrecht – und im Besonderen Art. 7 B-VG – ebenfalls einen Prüfungsmaßstab bildet.
Die Frage einer allfälligen verfassungswidrigen Inländerdiskriminierung und damit die Vorfrage der Unionsrechtskonformität des GSpG-Monopols ist daher von Verwaltungsgerichten (unter den oben unter III.3.2.1. und 3.2.2. genannten Voraussetzungen) auch in Fällen mit Sachverhalten ohne Auslandsbezug zu prüfen; als verfassungswidrig könnte sich in diesem Zusammenhang allerdings erweisen, dass der belangten Behörde und der Amtspartei (bzw. dem Bundesminister für Finanzen als oberster Behörde) gegen eine solche Entscheidung des Verwaltungsgerichtes keine Beschwerdemöglichkeit an den VfGH (sondern nur ein [lediglich auf grundsätzliche Rechtsfragen eingeschränktes] Amtsrevisionsrecht an den für Verfassungsfragen gemäß Art. 133 Abs. 5 B-VG allerdings explizit nicht zuständigen VwGH) zukommt[17].
3.2.5. Zusammengefasst geht der EuGH somit hinsichtlich des Problemdreiecks „Prüfung der Unionsrechtskompatibilität und Anwendbarkeit nationaler Normen – Vereinbarkeit mit nationalem Verfassungsrecht – nationaler Instanzenzug“ offenbar von einem durch folgende Eckpunkte gekennzeichneten Konzept aus:
1. Die Letztkompetenz zur Beurteilung, ob eine nationale Rechtsvorschrift mit dem Unionsrecht vereinbar ist, kommt ausschließlich dem EuGH zu.
2. Davon ausgehend hat jedes nationale Gericht, soweit dieses Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit einer innerstaatlichen Norm mit dem Unionsrecht hegt, einen Vorlageantrag gemäß Art. 267 AEUV an den EuGH zu stellen, und zwar
2.1. ex ante: ohne zuvor ein nach nationalem Recht allenfalls exklusiv zur Normenkontrolle berufenes Höchstgericht zu befassen sowie
2.2. ex post: ohne diesbezüglich an die Rechtsauffassung eines anderen (allenfalls auch instanzenmäßig übergeordneten) innerstaatlichen Gerichts gebunden zu sein.
3. Nationalen Gerichten kommt – ungeachtet ihrer Stellung im Instanzenzug – keine Kompetenz zur bindenden Auslegung des Unionsrechts zu; deren allfällige (Letzt-)Kompetenz zur Prüfung der Vereinbarkeit innerstaatlicher Gesetze mit der Verfassung (VfGH) und/oder von Individualakten mit verfassungs- bzw. einfachgesetzlichen Bestimmungen (VfGH, VwGH, OGH) steht damit vielmehr in keinerlei Zusammenhang, sondern ist völlig getrennt von der (bzw. parallel zur) Frage der Unionsrechtskompatibilität nationaler Normen zu betrachten.
4. Allenfalls kann eine (allerdings nicht rechtlich-formale, sondern lediglich) faktische Bindungswirkung anderer Gerichte dadurch erreicht werden, dass der Entscheidung ein EMRK-konformes Verfahren vorausgeht und diese inhaltlich überzeugend begründet wird. Ein durch Prinzipien wie Bindung an den Sachverhalt, Neuerungsverbot, bloß kassatorische Entscheidung etc. gekennzeichnetes Verfahrenssystem entspricht jedoch nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 EMRK an ein faires Verfahren.
5. Die (verfassungs-)gesetzliche Institutionalisierung einer zentralen Kompetenz zugunsten eines bestimmten nationalen (Höchst-)Gerichts zur Prüfung der Vereinbarkeit von nationalem Recht mit Unionsrecht wäre unionsrechtswidrig[18].
6. Im Falle von einander widersprechenden Entscheidungen innerstaatlicher Gerichte wäre – unter der Voraussetzung, dass diese Ergebnisse jeweils in einem EMRK-konformen Verfahren erzielt wurden (was nicht vorbehaltlos zutrifft, wenn der EuGH auf die faktische Kohärenz der nationalen Norm abstellt, das innerstaatliche Gericht jedoch an Verfahrensprinzipien wie oben unter 4. angeführt gebunden ist) – von einem dieser Gerichte neuerlich ein Vorlageantrag zu stellen[19].
7. Angesichts dessen, dass vom zuständigen Gericht in der Regel[20] jeweils umgehend für die volle Wirksamkeit des Unionsrechts in Bezug auf eine unionsrechtswidrige Inländerdiskriminierung (bzw. „umgekehrte Diskriminierung“) zu sorgen ist, ist daher in Fällen, in denen die Unionsrechtswidrigkeit offensichtlich auch zu einer Verfassungswidrigkeit führt, das unionsrechtswidrige nationale Recht im konkreten Einzelfall auch dann nicht anzuwenden, wenn eine entsprechende Feststellung des VfGH noch nicht vorliegt (vgl. dazu näher LVwG OÖ vom 12. Juli 2016, LVwG-050057, S. 30[21]).
Im Ergebnis soll also nach der Vorstellung des EuGH offenbar an die Stelle eines durch „Führungsabhängigkeit und unreflektierte Verantwortungsdelegation nach oben“ geprägten Systems – zumindest im Bereich der (unabhängigen) Gerichtsbarkeit – ein solches treten, das durch „eigenverantwortliche Entscheidungskompetenz und inhaltliche Überzeugung der Begründung“ gekennzeichnet ist.
3.3. Vor diesem Hintergrund sowie mit Blick darauf, dass sowohl der OGH als auch der VwGH unter der Voraussetzung, dass die Prüfung der Frage einer verfassungswidrigen Inländerdiskriminierung exklusiv dem VfGH zukommt, jeweils selbst davon ausgehen, dass das unterinstanzliche Gericht vor der Stellung eines entsprechenden Gesetzprüfungsantrages gemäß Art. 140 Abs. 1 B‑VG zu klären hat, ob das GSpG-Monopol in tatsächlicher Hinsicht unionsrechtswidrig ist, wobei es hierfür gerichtlicher Ermittlungen und Feststellungen dahin bedarf, ob die Wirkungen der Regelungen des GSpG wirklich zu effektivem Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung führen und in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spielen verringern (vgl. z.B. OGH vom 21. Oktober 2014, 4 Ob 145/14y, und VwGH vom 5. April 2016, Ra 2015/17/0063), sind somit im gegenständlichen Fall vom LVwG OÖ von Amts wegen (d.h., auch wenn die Beschwerdeführerinnen kein diesbezügliches Vorbringen erstattet haben) die vom EuGH vorgegebenen und in der Rechtsprechung der drei österreichischen Höchstgerichte (VfGH, OGH, VwGH) jeweils übernommenen Kriterien dafür, ob das GSpG-Monopol mit der in Art. 56 AEUV normierten Dienstleistungsfreiheit sowohl dem Grunde nach vereinbar ist als auch im Besonderen dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügt, zu prüfen, d.h.: welche bzw. ob mit der im GSpG verankerten Monopolregelung tatsächlich die Ziele des erhöhten Spielerschutzes und einer effektiven Kriminalitätsbekämpfung – und nicht etwa vorrangig jenes einer Erhöhung der Staatseinnahmen – verfolgt werden, ob dadurch tatsächlich und systematisch insbesondere der Anreiz und die Gelegenheit zum Spiel verringert werden und ob die aus dem GSpG-Monopol resultierenden Beschränkungen in ihrer Gesamtheit sowie im jeweils für sich betrachtet verhältnismäßig sind.
3.3.1. Die Kohärenzkriterien im Detail
Denn gemäß Art. 56 AEUV sind Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Europäischen Union für Angehörige von Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, grundsätzlich verboten bzw. nur im Rahmen jener Kriterien zulässig, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben.
Im Besonderen hat der EuGH in Bezug auf das (zumindest bislang noch) nicht harmonisierte Glücksspielwesen in seinem Urteil vom 30. April 2014, C-390/12 (Pfleger, EU:C:2014:281), ausgesprochen, dass Art. 56 AEUV in diesem Zusammenhang dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Monopolregelung wie jener des GSpG entgegensteht, sofern ein derartiges System „nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen“.
Begründend wurde dazu insbesondere ausgeführt (vgl. näher die RN 39 bis 64 dieses Urteils), dass eine Regelung, die den Betrieb von Glücksspielautomaten ohne vorab erteilte behördliche Erlaubnis verbietet, eine Beschränkung des durch Art. 56 AEUV garantierten freien Dienstleistungsverkehrs darstellt (vgl. auch EuGH vom 6. März 2007, C-338/04 [Placanica, EU:C:2007:133], RN 42).
Daher hat das nationale Gericht zu prüfen, ob eine solche Beschränkung im Rahmen der Ausnahmeregelungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die in den nach Art. 62 AEUV auch auf dem Gebiet des freien Dienstleistungsverkehrs anwendbaren Art. 51 AEUV und Art. 52 AEUV ausdrücklich vorgesehen sind, zulässig oder gemäß der Rechtsprechung des EuGH aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. EuGH vom 19. Juli 2012, C 470/11 [Garkalns, EU:C:2012:505], RN 35 und die dort angeführte Rechtsprechung); zu diesen Gründen zählen vor allem der Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen (vgl. EuGH vom 8. September 2010, C-46/08 [Carmen Media Group, EU:C:2010:505], RN 55 m.w.N.).
Sollte sich jedoch im Zuge einer Gesamtwürdigung ergeben, dass die Monopolregelung des GSpG nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung (insbes. der Betrugsvorbeugung) verfolgt und/oder nicht tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise die Anreize und Gelegenheiten zum Spiel verringert, sondern de facto bloß eine Maximierung der Staatseinnahmen intendiert und/oder die daraus resultierenden Beschränkungen nicht den sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebenden Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. EuGH vom September 2011, C-347/09 [Dickinger u. Ömer, EU:C:2011:582], RN 54 f), wäre eine solche mitgliedstaatliche Konzeption nicht mit dem Unionsrecht vereinbar; davon ausgehend könnte aber der Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine beschränkende nationale Regelung im Glücksspielbereich auch nicht zu Sanktionen führen, wenn bzw. soweit eine solche Eingriffsnorm selbst gegen Unionsrecht verstößt (vgl. z.B. EuGH vom 30. April 2014, C-390/12 [Pfleger, EU:C:2014:281], RN 64).
Vor diesem Hintergrund sind daher im Folgenden die vom EuGH aufgestellten Kriterien zur Rechtfertigung eines Monopolsystems im Bereich des Glücksspielwesens im Einzelnen jeweils näher zu untersuchen.
3.3.2. Spielerschutz und Suchtprävention
3.3.2.1. Wie sich den darauf bezüglichen Gesetzesmaterialien entnehmen lässt (vgl. 657 BlgNR, 24. GP, S. 1 und 3), sollte der Spielerschutz eine wesentliche Zielsetzung der GSpG-Novelle BGBl I 73/2010, bilden, wenn dort ausgeführt wird:
„Beim Automatenglücksspiel sollen noch stärker Jugendschutz und Spielerschutz im Vordergrund stehen. Automatensalons sowie Automaten in Einzelaufstellung sollen unter strengen Spielerschutzbestimmungen und Aufsichtsregeln in Landeskompetenz bleiben.“
bzw.:
„Glücksspiel ist ein Thema von europaweitem Interesse, da es die gesellschaftsrechtliche Verantwortung betrifft und von hoher ordnungspolitischer Relevanz ist. Der Spielerschutz steht dabei an erster Stelle. Auch die Europäische Kommission legt in Hinblick auf den Bestand nationaler Monopole erhöhtes Augenmerk auf Spielsuchtprävention (Vertragsverletzungsverfahren in einigen Staaten) und auf Kriminalitätsabwehr.
Mit der umfassenden Änderung des Glücksspielrechts in Österreich soll insbesondere folgenden Zielen Rechnung getragen werden:
- Jugendschutz: Dem Gesetzgeber ist es ein besonderes Anliegen, den Schutz für die Jugend umfassend sicher zu stellen. Jugendschutz soll daher flächendeckend bei allen Glücksspielangeboten durch Bundeskonzessionäre und Landesbewilligungsinhaber an die erste Stelle gereiht und umgesetzt werden (Zugangskontrolle).
- Spielerschutz sowie soziale Sicherheit der Familien und Kinder: Spielsucht darf nicht die soziale Sicherheit der Familien und Kinder gefährden. Spielsucht zerstört auch Familien, indem unkontrolliert viel Zeit mit Glücksspielen zugebracht und mitunter viel Geld verloren wird. Je höher nämlich der Verlust, desto höher ist der Anreiz, noch mehr einzusetzen, um den Verlust wettzumachen. Durch die Festlegung eines Höchstgewinns und einer Mindestdauer für das einzelne Spiel, durch den Einsatz von Warnsystemen und die Vorgabe echter Einsatzlimits soll der Spielsucht Einhalt geboten werden können. Die Verbesserung des Konsumentenschutzes ist damit ein wesentliches Reformanliegen.“
Spielerschutz und Suchtprävention stellen grundsätzlich jeweils Ziele dar, die eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen.
3.3.2.2.1. Bezüglich der tatsächlichen Umsetzung dieser beiden Ziele ist in dem vom LVwG OÖ (s.o., II.) durchgeführten Ermittlungsverfahren einerseits zutage getreten, dass den einzelnen im Zuge der Erteilung der (insgesamt limitierten) Bewilligungen zum Zug gekommenen Konzessionären jeweils zweckentsprechende, dem Spielerschutz und der Suchtpräventionen dienende Maßnahmen (wie z.B. Mindestdauer pro Spiel, Mindestabstandsregelungen, Zutrittskontrolle, Verbot von bestimmten Spielinhalten, Einsatz- und Gewinnlimits) bescheidmäßig vorgeschrieben wurden, wobei die Kontrolle der Einhaltung dieser Auflagen von den staatlichen Behörden wahrgenommen wird; dass insoweit bislang noch keine nennenswerten Beanstandungen offenbar wurden, lässt allerdings schon auf Grund der Kürze der seit dem Inkrafttreten der Novelle BGBl I 73/2010 (teilweise erst am 1. Jänner 2015; vgl. § 60 Abs. 25 GSpG) verstrichenen Zeit gegenwärtig noch keine zwingenden Rückschlüsse auf die Effektivität dieser Regelungen zu, weil aus diesem Umstand sowohl abgeleitet werden kann, dass die Konzessionäre bislang sämtliche bescheidmäßigen Vorgaben eingehalten haben, aber auch, dass die entsprechenden Kontrollen bisher nicht bzw. nicht mit der gebotenen Stringenz durchgeführt wurden.
Ergänzend zu diesen bescheidmäßigen Auflagenvorschreibungen wurde beim Bundesministerium für Finanzen auch eine Stabsstelle für Spielerschutz eingerichtet, die mit anderen Spielerschutzinstitutionen kooperiert[22].
Andererseits ließ sich der diesen Spielerschutzmaßnahmen zu Grunde liegende Ausgangspunkt, nämlich ein Quantum von insgesamt 64.000 (verhaltensauffällig bzw. pathologisch) glücksspielsüchtigen Personen in Österreich, nicht verifizieren. Denn diese Zahl entstammt einer vom „Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) der Universität Hamburg“ überwiegend schon im Jahr 2010 erstellten (und nachfolgend im Jahr 2015 konkretisierten) Studie[23], deren primäre Zielsetzung in der Erstellung einer wissenschaftlichen Basis für künftige Glücksspielpräventionsmaßnahmen bestand[24]. Konkret wurde dieser Anteil derart ermittelt, dass in sämtlichen neun Bundesländern (bloß) aus der Menge aller deutsch sprechenden Österreicher der Altersgruppe zwischen 14 und 65 Jahren (insgesamt 5,836.144 weibliche und männliche Staatsbürger) jeweils ca. 700 Personen pro Bundesland ausgewählt und mit diesen eine telefonische Umfrage (als sog. „Repräsentativbefragung“ bezeichnet) durchgeführt wurde; von den sonach insgesamt 6.324 Befragten gaben 27 Personen (≈ 0,43%) an, (nach eigener subjektiver Bewertung entsprechender Testkriterien) ein problematisches Spielverhalten, bzw. 41 Personen (≈ 0,65%) an, ein pathologisches Spielverhalten aufzuweisen; zusammen genommen 68 Personen qualifizierten sich demnach im Wege einer eigenen subjektiven Einschätzung als „spielverhaltensproblematisch“ bzw. „pathologisch spielsüchtig“, während „die weit überwiegende Mehrzahl der an Glücksspielen teilnehmenden Personen“ – nämlich insgesamt 98,91%, wobei auf 97,23% der Befragten überhaupt keines der insgesamt 10 Kriterien des „Diagnostischen und statistischen Manuals psychischer Störungen“ (sog. DSM-IV-Kriterien[25]) zutraf (!)[26] – „keine spielbezogenen Probleme zeigt(e)“[27]. Statistisch hochgerechnet ergäbe dies einerseits eine absolute Zahl von ca. 25.096 bzw. von ca. 37.935 Personen – und damit insgesamt von ca. 63.031 Personen (≈ 1,1% der Gesamtmenge) –, die sich subjektiv als verhaltensauffällige bzw. pathologische Spieler einschätzen, denen andererseits 5,772.530 Personen ohne jegliche Spielprobleme gegenüberstünden.
Seither wird diese bloß statistisch errechnete Gesamtanzahl von „64.000 Spielsüchtigen“ allseits unreflektiert weitertradiert, beispielsweise auch in den „Factsheets Sucht“[28] des „Instituts Suchtprävention (IS) pro mente Oberösterreich“[29] (aktuell: Version 2.4 vom 17. Juni 2016, S. 5), obwohl sich dort zumindest einerseits die Feststellung findet, dass es sich um „die erste repräsentative telefonische Befragung der österreichischen Bevölkerung (im Alter von 14 bis 65 Jahren)“ handelte, deren Ergebnisse „eine 2015 durchgeführte Folgebefragung ..... bestätigt“ hat und andererseits kritisch klargestellt wird, dass „der Begriff ‚Abhängigkeit‘ ..... in dieser Allgemeinheit nicht unproblematisch [ist], da er in den verschiedenen Verhaltens- und Suchtbereichen eine jeweils andere Bedeutung besitzt und sich unter diesem Begriff unterschiedlichste Problematiken versammeln. Insbesondere bei Alkohol und Nikotinzahlen zielen die oben angeführten Zahlen eher auf körperliche Abhängigkeit, während die Verhaltenssüchte von Natur aus in rein psychischer Abhängigkeit begründet sind.“ (vgl. S. 4, FN 1). Von einer solchen in Bezug auf Glücksspiel als „rein psychischer Abhängigkeit“ ausgehend kann es daher auch kaum überraschen, dass die Absolutzahl an (pathologisch) Spielsüchtigen (38.000), v.a. aber die vom IS ebenfalls erhobene Anzahl an Kauf- (565.000) und Medikamentensüchtigen (90.000 bis 130.000) beispielsweise die absolute Anzahl an (physisch) Drogenabhängigen (28.000 bis 29.000) überwiegt (vgl. S. 5 und 6).
Nicht überzeugend erscheint daher v.a. die dem „Glücksspielbericht 2010-2013“ des Bundesministers für Finanzen zu Grunde liegende Methode, aus einer telefonischen Umfrage mit 6.300 Personen, in der insgesamt bloß 68 Befragte – und noch dazu subjektiv sowie auf Basis von keinesfalls präzisen sowie kaum objektivierbaren Kriterien[30] – ein auffälliges oder sogar pathologisches Spielverhalten angegeben haben, darauf zu schließen, dass es in Österreich nicht nur statistisch-prognostisch, sondern tatsächlich insgesamt 64.000 spielsüchtige Personen in der Altersgruppe zwischen 14 und 65 Jahren geben soll. Vielmehr handelt es sich insoweit bloß um einen rein fiktiven mathematischen Wert[31], hinsichtlich dessen seit der überwiegend im Jahr 2010 durchgeführten Erhebung lediglich ein weiterer Versuch einer nachfolgenden Verifizierung unternommen wurde, nämlich im Wege der Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ des Hamburger Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung. Diese mit denselben Methoden durchgeführte Untersuchung gelangte zum Ergebnis, dass „in Österreich aktuell zwischen 27.000 bis etwa 46.000 Personen“ also sogar weniger als 64.000 – „spielsüchtig“ sein dürften (vgl. S. 24 f).
Dazu kommt, dass beispielsweise auch aus dem Jahresbericht 2015 des Vereines „(Wiener) Spielsuchthilfe“ hervorgeht[32], dass 485 Personen diesen telefonisch um Hilfe ersucht haben (was eine Reduktion gegenüber dem Vorjahr bedeutete) und dessen Online-Beratungen im Berichtsjahr lediglich 339 Personen (gegenüber noch 359 Personen im Jahr 2012) in Anspruch genommen haben; auch die von dieser Institution persönlich betreuten Klienten ist von 910 (= Spitzenwert im Jahr 2009) auf 643 Personen (davon 483 Spieler [Rest: Angehörige] und unter diesen bloß 173 Neufälle) gesunken. Dass damit insgesamt lediglich ca. 1% der (vermeintlich) Spielsüchtigen sowie der zu diesen in einer Nahebeziehung stehenden Personen (v.a. Ehe- und Lebenspartner, Eltern, Kinder, etc.) die zudem überwiegend kostenlosen Unterstützungsangebote der Spielsuchthilfe in Anspruch genommen haben sollen, erscheint aber schlechthin nicht nachvollziehbar.
Objektiv besehen vermag sich daher die Zahl von 64.000 spielsüchtigen Personen nicht auf eine nachvollziehbare faktische Untermauerung zu gründen und kann daher auch nicht als erwiesene Tatsache einer gerichtlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden[33]; als erwiesen kann vielmehr bloß angesehen werden, dass sich dieser Studie zufolge insgesamt 68 Personen selbst als spielsüchtig eingeschätzt haben.
Da sonstige diesbezügliche Nachweise weder vorgelegt wurden noch erkennbar sind, geht das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich somit bis zum Beweis des Gegenteils (der den staatlichen Behörden obliegt) davon aus, dass es sich bei der Zahl von 64.000 spielsüchtigen Personen lediglich um eine unbelegte Vermutung handelt.
Davon ausgehend (also auf einer Basis von bloß 68 Personen, die sich im Zuge eines telefonischen Interviews selbst als pathologisch süchtig bzw. verhaltensauffällig glücksspielend eingeschätzt haben) ist im Ergebnis zu konstatieren, dass die Spielsucht in Österreich weder zum Zeitpunkt der Erlassung der einen maßgeblichen Systemwechsel intendierenden GSpG-Novelle 2010 (BGBl I 73/2010) noch gegenwärtig ein überdurchschnittlich maßgebliches oder gar gesamtgesellschaftlich relevantes Problem darstellt(e), das ein unabdingbar gebotenes und unverzügliches Einschreiten des Gesetzgebers oder der staatlichen Behörden erfordert hätte oder erfordern würde.
Gegenteiliges würde im Übrigen auch dann nicht gelten, wenn man die Zahl von 64.000 spielsüchtigen Personen als tatsächlich zutreffend unterstellt, weil auch diese nicht über einen Anteil von bloß 1,1% der in Betracht gezogenen Bevölkerungsgruppe hinauskommen würde.
3.3.2.2.2. Vor einem derartigen Hintergrund vermindert sich aber die Plausibilität, dass beginnend mit der GSpG-Novelle BGBl I 73/2010 tatsächlich primär diese Ziele verfolgt werden sollten und sie nicht vielmehr bloß als ein andere Prioritäten rechtfertigender und/oder aus jenen resultierender Nebeneffekt anzusehen sind, ganz erheblich, insbesondere, wenn man in diesem Zusammenhang wiederum die geringe Zahl an feststehenden sachadäquaten Anlassfällen sowie den Umstand in Betracht zieht, dass die Suchthilfe nicht einmal vom Staat, sondern von den Konzessionären (denen zudem auch alle übrigen Kosten der Totalausgliederung aufgebürdet wurden) selbst finanziert wird[34].
Dies gilt im Übrigen selbst dann, wenn man die Schlussfolgerungen des vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen vorgelegten, von der Psychologin Malgorzata Zanki verfassten „Manuskript(s) Suchtprävention“ – wonach die Spielerschutzbestimmungen des GSpG seit 2010 kaum tatsächliche Wirkung entfaltet und vor allem nicht zu einem effektiven Rückgang der Spielsucht geführt haben sollen – als nicht zutreffend unterstellt.
In diesem Zusammenhang ist überdies darauf hinzuweisen, dass auch die als „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ bezeichnete Studie (im Folgenden kurz: „Glücksspielstudie 2015“[35]) des in Hamburg situierten Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung[36] (ISD) zu der generellen Schlussfolgerung kommt, dass sich das Glücksspielverhalten der österreichischen Bevölkerung im Zeitraum zwischen 2009 und 2015 nicht maßgeblich verändert habe (S. 16): Speziell bezogen auf Glücksspielgeräte habe sich gezeigt, dass in diesem Zeitraum das Automatenglücksspiel außerhalb von Casinos sogar leicht – nämlich von 1,2% auf 1,0% – gesunken sei und diese Spielform weiterhin in einem auffälligen Missverhältnis zu den beliebtesten Glücksspielarten („Lotto 6 aus 45“: 33,0%; „Joker“: 14,3%; „Euromillionen“: 13,2%; „Rubbellose“: 8,7%) stehe (S. 17 f). Im Übrigen erfülle die weit überwiegende Mehrzahl (nämlich 97,2%) aller Befragten keines und 1,7% der Stichprobenteilnehmer bloß ein oder zwei der insgesamt zehn Kriterien des „Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen“ (vgl. S. 12), was einem riskanten Spielverhalten entspreche; ca. 0,5% der Teilnehmer würden durch Glücksspiel bedingte Probleme (= Erfüllung von drei oder vier DSM-IV-Kriterien) und 0,6% ein pathologisches Spielverhalten (= Erfüllung von mindestens fünf DSM-IV-Kriterien) aufweisen, woraus zu schließen sei, dass – zusammengerechnet – (höchstens) „1,1% aller Österreicher/innen (14 bis 65 Jahre) über ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten verfügen“ würden, „das sind“ – mathematisch hochgerechnet (!) – „etwa 64.000 Personen“ (S. 23). Dabei könne es sich allerdings „immer nur um eine Schätzung der tatsächlichen Verhältnisse“ handeln; auf Grund dieser sei davon auszugehen, dass – wie auch bereits im Jahr 2009 – „in Österreich aktuell zwischen 27.000 bis etwa 46.000 Personen spielsüchtig“ sein dürften (S. 24 f). Allerdings sei bei jenen Befragten, die an Automaten außerhalb von Casinos – also an solchen, die in Spielhallen, Gaststätten oder Tankstellen aufgestellt sind – spielten, der Anteil an nicht bloß problematischen, sondern sogar pathologischen Spielern (= Erfüllung von drei oder vier DSM-IV-Kriterien) als signifikant hoch, nämlich mit 21,2%, zu qualifizieren, während sich dem gegenüber der Vergleichswert für Automatenglücksspiel in konzessionierten Salons der Casinos Austria AG als eher gering (4,4%) ausnehmen würde (S. 28 f). Unter einer Auswahl von 13 suchtpräventiven Maßnahmen kämen ein Spielverbot unter 18 Jahren (89%), eine spielartübergreifende Sperre (83%) bzw. eine Reduzierung der Werbung (70%) auf die höchsten Akzeptanzwerte, während das staatliche Glücksspielmonopol und ein Alkoholverbot in Spielstätten (jeweils unter 50%) sowohl in der Bevölkerung als auch unter den Spielern selbst auf die geringste Resonanz stoßen würden (S. 30 ff).
Ungeachtet dessen, dass das ISD auch nach der Rechtsordnung jenes Staates, in dem dieses seinen Sitz hat (BRD), nicht als eine öffentlich-rechtliche Einrichtung, sondern als privater Verein[37] zu qualifizieren ist[38], wurde – sieht man davon ab, dass die im Zeitraum zwischen Jänner und Juni 2015 durchgeführte Befragung nunmehr 10.000 Personen (2009: 6.300 Personen) im Alter zwischen 14 und 65 Jahren im Rahmen einer (allerdings bloß telefonisch erhobenen) Stichprobe erfasste (S. 8 f) – bei der Erstellung der Glücksspielstudie 2015 wieder auf dieselbe Methodik zurückgegriffen, die bereits der Repräsentativerhebung 2009 zu Grunde lag (S. 8 ff).
Berücksichtigt man weiters, dass die Glücksspielstudie 2015 selbst zu dem Ergebnis kommt, dass „sich das Glücksspielverhalten der österreichischen Bevölkerung seit dem Jahr 2009 nicht stark verändert“ hat (S. 3 und 16) und geschätzt in Österreich aktuell lediglich „zwischen 27.000 bis etwa 46.000 Personen spielsüchtig“ sein dürften (S. 24 f), bietet dieses Beweismittel für das erkennende Gericht sohin keine Veranlassung dazu, seine bisherige Würdigung der Frage, ob das im GSpG normierte Monopolsystem dem Unionsrecht entspricht (vgl. z.B. die oben unter Pkt. II.2. angeführte Entscheidung m.w.N.), einer Revision zu unterziehen.
Dazu trägt insbesondere auch der Umstand bei, dass in der Glücksspielstudie 2015 überwiegend bloß prozentuelle Anteile angeführt, die daraus zu ziehenden Schlüsse hingegen nicht einmal angedeutet, geschweige denn nachvollziehbar begründet und somit die entscheidenden Fragen im Ergebnis vielfach nicht gelöst, sondern offen gelassen werden: So könnte beispielsweise (und stellvertretend für Vieles) aus der Angabe, dass das Automatenglücksspiel außerhalb von Casinos zwischen 2009 und 2015 leicht – nämlich von 1,2% auf 1,0% – gesunken ist, sowohl abgeleitet werden, dass dies möglicherweise als eine positive Konsequenz der verstärkten finanzpolizeilichen Kontrollen anzusehen ist, aber auch, dass sich Letztere im Gegenteil wegen des kaum quantifizierbaren Erfolges gesamthaft betrachtet als ineffektiv erwiesen haben. Außerdem haben auch im Rahmen dieser Untersuchung lediglich 1,1% aller Befragten – also absolut besehen: 110 Personen – und diese zudem nur auf Grund einer Eigeneinschätzung angegeben, „mehr oder weniger stark spielsüchtig“ zu sein, sodass die aus einer bloßen Selbstreflexion abgeleitete Schlussfolgerung, dass „in Österreich aktuell zwischen 27.000 bis etwa 46.000 Personen spielsüchtig“ sein dürften, lediglich ein abstraktes Rechenexempel verkörpert, das jeglicher faktischer Verifizierbarkeit entbehrt.
Und selbst wenn man die in dieser Studie erstellten Prognosen und Schlussfolgerungen als vorbehaltlos zutreffend unterstellen würde, vermag dies nichts daran zu ändern, dass von der darin als „Spielsucht“ apostrophierten Problematik lediglich ein äußerst geringer Bevölkerungsanteil – nämlich bloß 1,1% – betroffen ist.
3.3.2.2.3. Diese Feststellung schließt es freilich nicht aus, von staatlicher Seite den Spielerschutz sowie die Suchtprävention dennoch zu einer vorrangigen Aufgabe zu erklären, weil es grundsätzlich innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bzw. der Behörden liegt, im Rahmen der dem Staat insgesamt zur Besorgung zukommenden Aufgaben allenfalls auch solche als prioritär zu qualifizieren, hinsichtlich denen objektiv besehen keine zwingende Vordringlichkeit besteht. In diesem Zusammenhang erscheinen – abstrahiert von der Frage ihrer Notwendigkeit – die im GSpG vorgesehenen Maßnahmen (wie z.B. Einrichtung einer Spielerschutzstabsstelle und verpflichtende Zusammenarbeit mit Spielerschutzeinrichtungen, Zutrittssysteme und Zugangskontrolle, Mindestdauer pro Spiel, Verbot bestimmter Spielinhalte, Einsatz- und Gewinnlimits, Verbot parallel laufender Spiele, Abkühlphase, Mindestabstandsregelungen, Schulungskonzepte für Mitarbeiter, etc.) auch weder als prinzipiell ungeeignet noch als unverhältnismäßig, um die zum Regelungszweck des GSpG erklärten Ziele „Spielerschutz und Suchtprävention“ auch tatsächlich zu erreichen.
3.3.2.2.4. Allerdings fehlt es bei einer Gesamtbetrachtung der dargestellten Fakten an jeglicher Plausibilität und damit an jeglicher sachlichen Rechtfertigung, weshalb für einen so geringen Bevölkerungsanteil ein derart unverhältnismäßiger legistischer und administrativer Aufwand betrieben werden sollte; dies ganz abgesehen davon, dass konkrete Spielerschutzmaßnahmen erst seit der GSpG-Novelle 2010 – und zwar in offensichtlicher Reaktion auf die einschlägige neuere EuGH-Judikatur (vgl. die zuvor bereits mehrfach angeführten Rs. „Dickinger und Ömer“ sowie „Pfleger“) gesetzlich vorgeschrieben sind.
Im Übrigen lässt sich mangels entsprechender Belege hierfür auch nicht verifizieren, ob – und wenn ja, in welchem Ausmaß – sich diese auch tatsächlich als effizient erweisen.
3.3.3. Kriminalitätsbekämpfung und Kriminalitätsvorbeugung
Diesbezüglich lässt sich zunächst dem „Glücksspiel Bericht 2010-2013“[39] entnehmen (vgl. S. 34 f), dass die Bekämpfung des illegalen Glücksspiels de facto auf mehreren Ebenen erfolgen soll, indem nach der Neuordnung des Glücksspiels (BGBl I 73/2010) zur Jahresmitte 2010 eine eigenständige „SOKO Glücksspiel“ ins Leben gerufen und diese im Jahr 2013 in die Finanzpolizei übergeführt wurde. Im Rahmen ihrer neuen Kontrolltätigkeiten und Befugnisse habe die Finanzverwaltung bis Ende 2013 über 6.000 vorläufige Beschlagnahmen[40] (Glücksspielgeräte und sonstige Eingriffsgegenstände) durchgeführt. Die von der Finanzpolizei vorgenommenen Kontrollen und der dadurch aufrecht erhaltene hohe Verfolgungsdruck hätten zu einer Vielzahl von Verwaltungsstrafverfahren geführt, denen seitens illegaler Betreiber allerdings eine „Flucht ins Strafrecht“ gegenüberstehe, weil in jenem Bereich kaum Verurteilungen wegen § 168 StGB zu befürchten seien. Dieser Verfolgungsdruck habe bis zum Sommer 2013 aufrechterhalten werden können; nach dem zu diesem Zeitpunkt erfolgten Judikaturwechsel bezüglich der Abgrenzung zwischen § 168 StGB und § 52 Abs. 1 GSpG seien die Kontrollen im Bereich des Glücksspiels gemeinsam mit der Kriminalpolizei vorgenommen worden.
Ergänzend dazu heißt es in den Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novelle BGBl I 14/2013, mit der die bis dahin maßgebliche Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbestimmung des § 52 Abs. 1 GSpG gegenüber dem gerichtliche strafbaren Tatbestand des § 168 StGB ins Gegenteil verkehrt wurde, u.a. (vgl. die E zur RV, 24 BlgNR, 25. GP, S. 22):
„Die Erfahrungen aus dem bisherigen Vollzug der zuständigen Verwaltungsbehörden zeigen die Wirksamkeit und Effektivität des gewählten Modells. In den Jahren 2010 bis 2012 kam es erstinstanzlich zu 638 Verurteilungen, 1.195 Beschlagnahmen und 164 Einziehungen, die rechtskräftig in zweiter Instanz zu 478 Verurteilungen, 1.125 Beschlagnahmen und 58 Einziehungen führten. Im Jahr 2012 gab es demgegenüber nur zwei gerichtliche Verurteilungen nach § 168 StGB, in beiden Fällen wurde jeweils eine Geldstrafe verhängt, im Jahr 2011 gab es elf gerichtliche Verurteilungen nach § 168, die zu insgesamt sieben Geldstrafen, jeweils einer bedingten und teilbedingten Freiheitsstrafe sowie zu zwei anderen Sanktionen führten (Statistik Austria, Gerichtliche Kriminalstatistik 2011 und 2012). Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Umkehr der bisherigen Subsidiaritätsregel zu keiner ‚Entkriminalisierung‘ führt.“.
Schon daraus geht aber jeweils übereinstimmend hervor, dass das illegale Glücksspiel in Österreich weder vor den mit BGBl I 73/2010 begonnenen Modifikationen des GSpG noch seither ein Kriminalitätsproblem der Art bildeten, dass daraus eine zwingende Notwendigkeit resultierte, i.S.d. Judikatur des EuGH vorrangig einen Schutz der Spieler vor Betrug und anderen Straftaten zu gewährleisten (vgl. z.B. EuGH vom 15. September 2011, C‑347/09 [Dickinger u. Ömer, EU:C:2011:582], RN 52). Denn bei insgesamt bloß 18 Verurteilungen in einem Zeitraum von drei Jahren[41] kann offenkundig kaum von einem echten Kriminalitätsproblem i.S.d. vom EuGH gemeinten, bloße Ordnungswidrigkeiten nicht einschließenden Begriffsverständnis (s. dazu gleich unten) gesprochen werden.
Gegenteiliges lässt sich auch der vom Bundesministerium für Finanzen im Glücksspielbericht 2010-2013 bezogenen Studie von J. Köberl und F. Prettenthaler[42] nicht entnehmen; denn von jenen von diesen Autoren angeführten insgesamt 74 Fällen von Beschaffungskriminalität in den Jahren 2006 und 2007 lassen sich auch nach deren eigenem Vorbringen[43] lediglich 17 als solche qualifizieren, in denen zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit die „Glücksspielsucht als alleiniges Motiv“ für die Begehung schwerer Straftaten (wie Raub, Betrug, Einbruch, etc.) in Betracht kam[44].
Selbst wenn man diese Zahlen vorbehaltslos als zutreffend unterstellen würde, ergibt sich schon allein daraus, insbesondere aber in Verbindung mit der durch die GSpG-Novelle BGBl I 13/2014 vorgenommenen Umkehrung der bisherigen Subsidiaritätsregel (vgl. § 52 Abs. 3 GSpG), hinsichtlich der der VfGH in seiner Entscheidung vom 10. März 2015, E 1139/2014, der Sache nach (neuerlich) betont hat, dass das behördliche im Verhältnis zum gerichtlichen Strafrecht mit Blick auf das wesentlich geringere Höchstausmaß einer potentiell drohenden Freiheitsstrafe die deutlich weniger einschneidende Maßnahme darstellt (in diesem Sinne auch z.B. schon EGMR vom 23. November 2006, 73053/01, RN 43 [„hard core of criminal law“ – „administrative penalties“]), für das LVwG OÖ, dass das Automatenglücksspiel in Österreich zu keiner Zeit ein echtes sicherheitspolitisches Problem darstellte.
Dazu kommt, dass auch der EuGH (vgl. z.B. dessen Urteil vom 31. März 2011, C‑347/09 [Dickinger u. Ömer, EU:C:2011:582], RN 84, m.w.N.) unter „Kriminalität“ nicht bloße Verstöße gegen ordnungspolitische und/oder Monopolsicherungsvorschriften, sondern vielmehr – allenfalls damit im Zusammenhang stehende – erhebliche Eingriffe in die Rechtssphäre anderer Personen, insbesondere der Spieler und deren Angehöriger, versteht.
Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erachtet es daher als erwiesen, dass de facto beide „Systemnovellierungen“ des GSpG (BGBl I 73/2010 und BGBl I 13/2014) keine „Entkriminalisierung“ in jenem Sinne, wie diese vom EuGH gefordert wird, intendiert haben. Denn gesamthaft betrachtet bildete die weitaus überwiegende Anzahl der geahndeten Vergehen (638 Straferkenntnisse, 1.195 Beschlagnahmen und 164 Einziehungen der Verwaltungsstrafbehörden, von denen 478 Straferkenntnisse, 1.125 Beschlagnahmen und 58 Einziehungen im Rechtsmittelweg bestätigt wurden) bloße Ordnungsverstöße, die auf einer Nichtbeachtung von Vorschriften zur Sicherung des Monopolsystems selbst beruhten, nicht aber davon losgelöste echte Fälle von mittlerer und schwerer (insbesondere Beschaffungs-)Kriminalität.
Überdies lässt sich deutlicher als dadurch, dass der Gesetzgeber parallel dazu dem gerichtlich strafbaren Tatbestand – als dem vergleichsweise gravierenderen Delikt – mit der Novelle BGBl I 13/2014 bewusst jeglichen Anwendungsbereich entzogen hat, wohl kaum zum Ausdruck bringen, dass das Glücksspiel für den österreichischen Staat in Wahrheit kein kriminal- und sicherheitspolitisch relevantes Problem darstellt, zumal die Effizienzsteigerung der verwaltungsbehördlichen Strafverfolgung nicht als eine primär-ursprüngliche Notwendigkeit, sondern bloß als eine aus der Einrichtung des Monopolsystems zu dessen weiterer Aufrechterhaltung erforderliche und sohin gleichsam selbst (künstlich) geschaffene bzw. systematisch zwangsläufig resultierende Folgewirkung qualifiziert werden muss (wobei sich in diesem Zusammenhang zudem auch noch die Frage der Verhältnismäßigkeit der damit verbundenen umfassenden [wegen fehlender Richtervorbehalte teilweise bereits an der Grenze des rechtsstaatlich noch Vertretbaren liegenden] Eingriffsbefugnisse stellt).
Insgesamt besehen erscheint es daher auf Grund der festgestellten faktischen Gegebenheiten, nämlich der geringen Zahl an sachadäquaten Anlassfällen, nicht als plausibel, dass die Monopolregelung des GSpG tatsächlich der Kriminalitätsbekämpfung und Kriminalitätsvorbeugung, im Besonderen der Hintanhaltung von Betrugsdelikten gegenüber den Spielern selbst und der Eindämmung von Beschaffungskriminalität dient.
3.3.4. Kohärente Reduktion von Spielanreizen, Kanalisierung der Spielgelegenheiten und maßvolle Werbung
3.3.4.1. Der (zunächst bloß vorläufigen) Überzeugung des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich, dass die Geschäftspolitik der Inhaber bundesrechtlicher Konzessionen (Casinos Austria AG und Österreichische Lotterien GmbH; andere Bewilligungsinhaber für Spielbankenkonzessionen sowie Konzessionäre auf Grund einiger landesrechtlicher Vorschriften müssen in diesem Zusammenhang hingegen vorläufig außer Betracht bleiben, weil sich jene gegenwärtig noch in der „Startphase“ ihrer Unternehmertätigkeit befinden[45]), im Besonderen deren Werbemaßnahmen, grundsätzlich aggressiv darauf ausgerichtet sind, zum Spielen der von den beiden Hauptkonzessionären angebotenen Glücksspielarten zu animieren, geradezu notorisch ist – wie jeder willkürliche Blick in ein zufällig ausgewähltes Print- oder elektronisches Medium, insbesondere jede Konsumation von durch entsprechend aufdringliche Werbeintervalle unterbrochenen Fernseh- und Hörfunkprogrammen zur sog. „Prime-Time“ zeigt –, wurde auch von den Verfahrensparteien nicht entgegengetreten.
Im Übrigen ist hierzu auch auf die Beschlüsse des OGH vom 28. Juni 2016, 2 Ob 92/15s, und vom 30. März 2016, 4 Ob 31/16m (siehe dazu näher unten, III.3.4.1.), sowie auf die entsprechenden Feststellungen zahlreicher Zivilgerichte (vgl. z.B. LG Graz vom 20. April 2016, 10 Cg 21/16y) zu verweisen, während sich dieser Feststellung widersprechende Fakten weder dem Erkenntnis des VfGH vom 15. Oktober 2016, E 945/2016, noch der dort bezogenen Judikatur des VwGH oder anderer Einzelrichter des LVwG OÖ entnehmen lassen.
Im Zuge der sog. „Startphase“ (die insoweit in etwa mit dem ersten Viertel bis ersten Drittel der faktischen Laufzeit der Konzession anzusetzen ist[46]) würde sich eine expansionistische Geschäfts- und Werbestrategie aus der Sicht des erkennenden Richters des LVwG OÖ im Ergebnis zwar deshalb nicht als unzulässig und damit auch nicht als unionsrechtswidrig erweisen, weil eine wesentliche – und vom EuGH auch anerkannte – Stoßrichtung eines Monopolsystems auf diesem (bislang noch) nicht harmonisierten Sektor darin liegt, die angesprochenen Zielgruppen vom illegalen Glücksspiel hin zu den erlaubten Glücksspielanbietern und -arten zu lenken.
Anzumerken ist hierzu allerdings, dass sich aus den von den Verfahrensparteien vorgelegten Beweismitteln nicht ergeben hat – und für das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich auch sonst nicht feststellbar ist –, dass gegenwärtig bereits gezielte Werbeaktivitäten in der Richtung existieren, dass im vorgenannten Sinn speziell auch das Automatenglücksspiel in legale Bahnen gelenkt wird.
Sollte sich Derartiges auch nach dem Ende der Startphase – d.h. spätestens bis Jahresende 2017[47] – noch nicht deutlich herauskristallisiert haben, so würde sich insoweit aber wohl kaum tatsächlich eine effektive Um- bzw. Hinlenkung zu erlaubten Glücksspielanbietern und ‑arten belegen lassen.
3.3.4.2. Schließlich ist im Besonderen auch noch darauf hinzuweisen, dass bis dato in Wien, Salzburg, Tirol und Vorarlberg von der Ermächtigung des § 5 GSpG immer noch kein Gebrauch gemacht wurde.
Somit besteht aber offensichtlich in allen diesen österreichischen Bundesländern – und damit in Bezug auf 40% der österreichischen Bevölkerung – keinerlei faktische Notwendigkeit, das Automatenglücksspiel im Interesse des Spielerschutzes und der Kriminalitätsvorbeugung in legale Bahnen zu lenken!
3.3.5. Staatseinnahmen
Bereits im Zuge des Vorabentscheidungsverfahrens zum Fall „Pfleger“ (vgl. EuGH vom 30. April 2014, C‑390/12 [ECLI:EU:C:2014:281]) wurde auch von der österreichischen Bundesregierung gar nicht in Abrede gestellt (wenngleich dort bloß als ein „erfreulicher Nebeneffekt“ bezeichnet), dass die Beibehaltung des Monopolsystems zu einer Sicherung von Staatseinnahmen in einem nicht unerheblichen Ausmaß (von ca. 500 Mio. Euro jährlich) führt[48].
Gleiches lässt sich auch aus den Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novelle BGBl 73/2010 ableiten, wenn dort u.a. festgestellt wird (vgl. z.B. 657 BlgNR, 24. GP, insbes. S. 1, S. 3 ff und S. 11 f):
„Automatensalons sowie Automaten in Einzelaufstellung sollen unter strengen Spielerschutzbestimmungen und Aufsichtsregeln in Landeskompetenz bleiben. Sie werden mit einer geteilten Abgabe belegt. ..... Die Automaten und Video Lotterie Terminals (VLT's) werden einer geteilten Abgabe unterworfen und die bisherigen Erlaubnisländer erhalten gesetzlich garantierte Mindesteinnahmen. ..... Es wird ..... davon ausgegangen, dass das Aufkommen inkl. Zuschlag der Länder ..... über 150 Mio. Euro p.a. liegen wird und somit die Mindereinnahmen ..... überkompensiert werden. ..... Die bisherigen 'Erlaubnisländer' erhalten zusätzlich eine Finanzzuweisung des Bundes, wenn ihre Einnahmen aus dem Zuschlag bestimmte Garantiebeträge, die aus den bisherigen Einnahmen aus Vergnügungssteuern abgeleitet wurden, nicht erreichen. ..... Die bisherigen Erlaubnisländer Niederösterreich, Steiermark und Kärnten erhalten eine Bedarfszuweisung des Bundes, wenn ihre Einnahmen aus dem landesgesetzlich geregelten Zuschlag der Länder bestimmte Jahresbeträge, die aus den erwarteten Einnahmen aus der bisherigen Vergnügungssteuer abgeleitet werden, nicht erreichen. Damit werden die Länder auch dagegen abgesichert, dass die Einnahmen nicht den Erwartungen entsprechen. ..... Die Garantiebeträge werden aliquot gekürzt, wenn in einem Land das Höchstausmaß des Zuschlags nicht ausgeschöpft wird, wenn die höchstzulässige Anzahl von Glücksspielautomaten nicht oder nicht ganzjährig erreicht wird, wenn Glücksspielautomaten nicht ganzjährig betrieben werden, oder wenn in den Bewilligungen die Bedingungen für den Spielverlauf unter den Grenzen des § 5 Abs. 5 GSpG bleiben. Bei dieser aliquoten Kürzung wird daher darauf Bedacht genommen, in welchem Umfang, aber auch wie lange in einem Land die bestehenden Möglichkeiten nicht ausgenützt werden."[49]
Schließlich ist auch einer gemeinsamen Pressaussendung der beiden Monopolinhaber (mit Ausnahme jener für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten gemäß § 5 GSpG) „Casinos Austria AG“ und „Österreichische Lotterien GmbH“ vom 8. April 2015 über das Geschäftsjahr 2014 – hinsichtlich der sich objektiv besehen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Richtigkeit dieser Angaben zu bezweifeln wäre – zu entnehmen, dass diese Konzessionäre zu den „Top-5-Steuerzahlern“ in Österreich (2014: insgesamt 552 Mio. Euro) gehören[50].
All dies führt daher zu der Schlussfolgerung, dass allein dem Bund aus dem Glücksspielmonopol jährlich Einnahmen in einer Höhe von mehr als einer halben Milliarde Euro erwachsen. Dies entspricht einem Anteil von 0,4% an den jährlichen Gesamteinnahmen dieser Gebietskörperschaft[51] und stellt sohin keineswegs eine vernachlässigbare oder gar verzichtbare Quote dar.
Dazu kommt, dass der Staat das Glücksspielangebot vollständig ausgelagert („privatisiert“) hat, sodass ihm aus der diesbezüglichen unternehmerischen Tätigkeit nicht nur keine Kosten erwachsen; vielmehr trifft dieser Aufwand, die bereits angeführten hohe Abgabenquote und die mit der Konzessionserteilung verbundene exorbitant hohe[52] Gebührenlast die Konzessionäre, die in der Folge zudem in einem nicht unerheblichen Ausmaß auch noch aus eigenem die gesetzlichen Spielerschutz- und Suchtpräventionsmaßnahmen zu finanzieren haben.
Stellt man dem die Tatsache gegenüber, dass sowohl Spielerschutz und Suchtprävention als auch Kriminalitätsbekämpfung und ‑vorbeugung – wie zuvor aufgezeigt (vgl. III., 3.3.2. und 3.3.3.) – auf Grund der jeweils geringen Anzahl von Anlassfällen keine vordringlichen Staatsaufgaben verkörpern, so ergibt sich daraus nach Überzeugung des erkennenden Richters des LVwG OÖ insgesamt, dass die Besorgung dieser Agenden vornehmlich bloß zu dem Zweck erfolgt, um vordergründig und anlassbezogen den Anforderungen der EuGH-Judikatur, wie diese v.a. in den Rechtssachen „Dickinger u. Ömer“ bzw. „Pfleger“ zum Ausdruck gebracht wurde, Genüge zu tun und zugleich einen Vorwand für die Beibehaltung der Monopolregelung des GSpG zu bilden, während der Primärzweck dieser Konzeption in Wahrheit darin besteht, eine stabile Quote von 0,4% der jährlichen Gesamteinnahmen des Bundes sicherzustellen[53].
3.3.6. Verhältnismäßigkeit insgesamt sowie einzelner Eingriffsbefugnisse
3.3.6.1. Zur effektiven Hintanhaltung von Beeinträchtigungen des Glücksspielmonopols sind in den §§ 50 ff GSpG umfassende Eingriffsbefugnisse der Finanzbehörden (Finanzämter), vor allem aber auch der ihnen zugeordneten Exekutivorgane (Finanzpolizei) vorgesehen; hierzu zählen neben den nicht unerheblichen Verwaltungsstrafdrohungen (vgl. § 52 Abs. 1 Z. 1 bis Z. 11 GSpG) auch detaillierte Betretungs‑, Einschau-, Informations- und Überprüfungsbefugnisse (§ 50 Abs. 4 GSpG), die Berechtigung zur Vornahme einer vorläufigen und/oder endgültigen Beschlagnahme (§ 53 GSpG) oder Einziehung samt nachfolgender Vernichtung der Eingriffsgegenstände (§ 54 GSpG) sowie die Anordnung einer Betriebsschließung (§ 56a GSpG).
Abgesehen davon, dass sich diese weit reichenden und jeweils ohne vorangehende richterliche Kontrolle teilweise massive Grundrechtsbeeinträchtigungen ermöglichenden einfachgesetzlichen Ermächtigungen bei Anlegung eines durchschnittlichen Maßstabes auch als verfassungsrechtlich höchst bedenklich erweisen – so z.B. im Hinblick auf den durch das Gesetz zum Schutze des Hausrechts, RGBl 88/1862 i.d.g.F. BGBl 422/1974 (im Folgenden: HausRG), seit über 150 Jahren garantierten rechtsstaatlichen Standard –, mag es in diesem Zusammenhang allenfalls als noch vertretbar erscheinen, eine nach nationalem Verfassungsrecht bestehende, nämlich durch das öffentliche Interesse an der Wahrung des Monopols bzw. der Sicherung entsprechender Staatseinnahmen sachlich zu rechtfertigende politische Gestaltungsbefugnis des einfachen Gesetzgebers zur Erlassung derartiger Eingriffsbefugnisse anzunehmen.
Allerdings sind die Kriterien, anhand der die Verhältnismäßigkeit einer mitgliedstaatlichen Monopolregelung im Lichte des Art. 56 AEUV zu beurteilen ist, nicht mit jenen gleichzusetzen, anhand denen die Verfassungsmäßigkeit, im Besonderen die Gleichheitskonformität (bzw. sachpolitische Rechtfertigung) dieser Vorschriften zu beurteilen ist. Oder anders gewendet: Wäre Österreich kein Mitgliedstaat der Europäischen Union, könnten sich die Bestimmungen der §§ 50 ff GSpG im Lichte des nationalen Verfassungsrechts allenfalls auch als unbedenklich erweisen (und wäre diese Frage zudem autonom von den hierfür zuständigen innerstaatlichen Organen zu entscheiden). So aber begegnen diese – wie dem Urteil des EuGH vom 30. April 2014, C‑390/12 (Pfleger, EU:C:2014:281), RN 57 ff, zu entnehmen ist – jedenfalls gravierenden Bedenken im Hinblick auf die Garantien der Art. 15 bis 17 EGRC (Berufsfreiheit, unternehmerische Freiheit, Eigentum), aber auch in Bezug auf die Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 7 EGRC) und den Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 EGRC): Denn die in Art. 52 Abs. 1 EGRC normierte Wesensgehaltssperre stellt nach Auffassung des erkennenden Richters des LVwG OÖ sicher, dass jener Standard an staatlichen Eingriffsmodalitäten, der mit der EGRC im Zusammenhang mit der Sanktionierung von Verstößen gegen Unionsrecht generell festgelegt ist und insbesondere in den Art. 47 ff EGRC zum Ausdruck kommt, stets gewahrt bleiben muss. Selbst unter der Annahme, dass die im GSpG positivierte Monopolregelung als abstraktes System betrachtet mit dem Unionsrecht vereinbar wäre, würden sich daher jedenfalls die in den §§ 50 ff GSpG normierten Eingriffsbefugnisse als unverhältnismäßig erweisen, weil die mit diesen intendierte faktische Effizienz zum Zweck der Abwehr von Monopolbeeinträchtigungen – v.a. im Hinblick auf die gänzlich fehlende Bindung an vorangehende richterliche Ermächtigungen[54] – in ihrer Gesamtheit betrachtet jedenfalls überschießend ist und somit auch nicht dem in Art. 52 Abs. 1 EGRC normierten Kriterium des Gemeinwohls dient.
3.3.6.2. Von diesen Eingriffsbefugnissen abgesehen ließe sich zudem vor dem Hintergrund, dass die konsequenteste (freilich nicht nur mit einem gänzlichen Verzicht auf staatliche Einnahmen, sondern demgegenüber sogar mit einem hohen Kostenaufwand für eine effiziente Kontrolle verbundene) Maßnahme eines absoluten Verbots des Glücksspiels vom Bundesgesetzgeber nicht (bzw. bloß von einigen Landesgesetzgebern) gewählt wurde, eine Feststellung dahin, dass das im GSpG verankerte System der Monopolregelung dem Gebot der Kohärenz der Zielerreichung entspricht, aber ohnehin nur dann treffen, wenn sich zuvor zweifelsfrei annehmen lässt, dass einerseits Spielerschutz und Suchtprävention sowie Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung vom Gesetzgeber tatsächlich als Primärziele beabsichtigt waren und andererseits diese Ziele von der vollziehenden Gewalt seither sowohl tatsächlich als auch konsequent umgesetzt wurden. Beides war bzw. ist jedoch – wie zuvor unter III.3.3.2. und 3.3.3. ausgeführt – jeweils nicht der Fall; nach Überzeugung des erkennenden Richters des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich bilden Spielerschutz, Suchprävention, Kriminalitätsbekämpfung und Kriminalitätsvorbeugung nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich der mit der GSpG-Novelle 2010 begonnene Systemwechsel – zumindest bezogen auf die Landesausspielungen – gegenwärtig noch in (bzw. nahezu am Ende) der sog. „Startphase“ befindet, lediglich Nebenziele, denen im Verhältnis zu den beiden Hauptzielen der Sicherung der Staatseinnahmen einerseits und der effizienten Aufrechterhaltung und Durchsetzung des Monopolsystems andererseits bloß untergeordnete Bedeutung zukommt.
3.3.6.3. Aber auch wenn dies nicht zutreffen würde, ließe sich kein stichhaltiges Argument dafür finden – und wurden hierfür insbesondere auch seitens der belangten Behörde und der Amtspartei keine entsprechenden Beweismittel vorgelegt –, dass die mit der GSpG-Novelle beabsichtigten Ziele (Spielerschutz, Kriminalitätsbekämpfung und Sucht- sowie Kriminalitätsvorbeugung) lediglich durch das vom Bundesgesetzgeber konkret gewählte, extrem eingriffsintensive (nämlich nur noch durch ein gänzliches Verbot zu übertreffende) Monopolsystem und nicht gleichermaßen effektiv auch durch weniger einschneidende Maßnahmen – wie beispielsweise durch ein Konzessionssystem, das zwar in analoger Weise wie das derzeit bestehende sowohl umfassende (allerdings keine tatsächlich unüberwindbaren – und damit de facto wiederum auf eine Monopolisierung hinauslaufenden – Hürden, wie etwa ein Stamm- oder Grundkapital von mindestens 22 Millionen Euro [vgl. § 21 Abs. 2 Z. 3 GSpG], errichtende) Spielerschutz-, Zugangs-, Schulungsmaßen etc. zu Lasten der Bewilligungsinhaber als auch rigorose staatliche Kontrollmaßnahmen vorsieht, zugleich aber darauf verzichtet, die Anzahl der zu vergebenden Konzessionen (im Sinne einer Bedarfsprüfung) zahlenmäßig zu beschränken – erreicht werden kann.
Somit erweisen sich im Ergebnis sowohl das Monopolsystem als solches als auch die zu dessen Aufrechterhaltung normierten (v.a. richtervorbehaltslos exekutiv‑)behördlichen Eingriffsermächtigungen als unverhältnismäßig und sohin nicht mit Art. 56 AEUV vereinbar.
3.4. Dieser Standpunkt erfährt auch durch Argumente, die in den von der Amtspartei und von der belangten Behörde bezeichneten, ein anderes Ergebnis präferierenden gerichtlichen Erkenntnissen dargelegt werden, keine entscheidungserhebliche Modifikation:
Denn zunächst ist hervorzuheben, dass die diesen Urteilen zu Grunde liegende sog. „Beweiswürdigung“ jeweils durchgängig dem Muster folgt, die in diversen Berichten (primär: des Bundesministeriums für Finanzen) und Studien (primär: des ISD) sowie in Gesetzesmaterialien aufgestellten bloßen Behauptungen (bzw. Prognosen) vorbehaltlos und ohne eigenständige inhaltliche Prüfung sowie nachfolgende argumentative Auseinandersetzung mit diesen als zutreffend zu unterstellen, davon ausgehend – in diametralem Gegensatz zu den vom EuGH gestellten Anforderungen – die Last zum Beweis des Gegenteils (nämlich: der Unionsrechtswidrigkeit des im GSpG verankerten Monopolsystems) auf die (vermeintlich widerrechtlich) in dieses Monopol Eingreifenden zu verschieben und sodann, soweit deren Beweisanträge überhaupt ernsthaft in Verhandlung genommen werden, zu dem Ergebnis zu kommen, dass die von ihnen behauptete Unionsrechtswidrigkeit zumindest nicht zweifelsfrei erwiesen werden konnte (symptomatisch etwa statt vieler LG Linz vom 9. Februar 2016, 38 Cg 141/15w-12).
Weiters ist darauf hinzuweisen, dass mittlerweile auch zahlreiche Entscheidungen anderer Gerichte existieren, die – wenngleich mit modifizierter Schwerpunktsetzung – entweder Bedenken gegen die Unionsrechtskonformität des im GSpG normierten Monopolsystems haben (vgl. z.B. LVwG Niederösterreich vom 21. Jänner 2016, LVwG-S-478/001-2014, und vom 2. Dezember 2015, LVwG-BN-14-0212) oder dezidiert davon ausgehen, dass dieses unionsrechtswidrig ist (vgl. z.B. LVwG Vorarlberg vom 21. März 2016, LVwG-1-059/R11-2015, und LG Graz vom 20. April 2016, 10 Cg 22/16w, sowie vom selben Tag, 10 Cg 21/16y).
3.4.1. In diesem Sinne hat auch der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluss vom 30. März 2016, 4 Ob 31/16m u.a., mit dem beim VfGH gemäß Art. 140 Abs. 1 B‑VG ein Antrag auf Aufhebung der Monopolbestimmungen des GSpG eingebracht worden war, explizit festgestellt (vgl. S. 31 f): „Aus der vom Senat angenommen Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols folgt daher, dass die in Fallgestaltungen, die nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, weiter anzuwendenden Bestimmungen des Glücksspielrechts eine gegen Art. 7 B‑VG verstoßende Inländerdiskriminierung bewirken.“ (Hervorhebung nicht im Original).
Begründend wurde dazu – zusammengefasst – ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des EuGH die unionsrechtliche Zulässigkeit des im GSpG normierten Monopolsystems nicht allein von Zielsetzungen des Gesetzgebers, sondern auch von der tatsächlichen Wirkung der gesetzlichen Regelungen abhängig sei. Hinsichtlich der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Spielausgaben, die prinzipiell einen Rechtfertigungsgrund für einen nationalrechtlichen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit bildet, und damit im Zusammenhang stehenden zulässigen Werbemaßnahmen der Konzessionsinhaber komme der Kohärenz der im GSpG getroffenen Regelung große Bedeutung zu: Für den Fall, dass die Eignung dieser Norm bejaht wird, beurteile der EuGH in einem zweiten Schritt deren Erforderlichkeit (Notwendigkeit) und gegebenenfalls in einem dritten Schritt die Angemessenheit der Beschränkung; eine nationale Regelung sei nach Ansicht des EuGH dann unionsrechtswidrig, wenn diese Regelung nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen.
Vor diesem Hintergrund sei zu konstatieren, dass nach den Feststellungen der unterinstanzlichen Gerichte die Österreichische Lotterien GmbH als Inhaberin aller in § 14 GSpG vorgesehenen Lotterienkonzessionen jährlich zwischen 40 und 50 Mio. Euro in Werbemaßnahmen investiere und damit unter den Top-Acht-Investoren bei Werbeausgaben in Österreich rangiere, wobei auf diese Weise gesamthaft besehen ein sehr breites Publikum angesprochen worden sei. Ähnliches gelte auch für die Casinos Austria AG als Inhaberin aller in § 21 GSpG vorgesehenen Spielbankkonzessionen. Im Ergebnis resultiere daraus, dass diese Werbung nicht ausschließlich dazu diene, Verbraucher zu den kontrollierten Spielnetzwerken zu lenken, sondern auch den Zweck verfolge, insbesondere jene Personen zur aktiven Teilnahme am Spiel anzuregen, die bis dato nicht ohne weiteres zu spielen bereit sind. Im Übrigen werde den Spielen ein positives Image zugeschrieben; weiters versuche diese Werbung, die Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen, wobei zudem bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht gestellt werden. Dadurch würden insbesondere neue Zielgruppen zum Spielen angeregt und die Werbung schließlich auch laufend inhaltlich ausgedehnt. Im Sinne der Judikatur des EuGH liege sohin keine maßvolle Werbung vor, die sich bloß darauf beschränkt, Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken; in dieses Bild füge sich auch der Umstand, dass § 56 Abs. 1 GSpG eine Überprüfung des unionsrechtlich gebotenen Maßstabs bei Werbeauftritten im Weg einer Klage von Mitbewerbern oder klagebefugten Verbänden nach dem UWG ausschließt.
Daher fehle dem Glücksspielmonopol die unionsrechtlich erforderliche Rechtfertigung.
Davon ausgehend führe die Unionsrechtswidrigkeit des GSpG objektiv besehen auch insofern zu einer Inländerdiskriminierung, als einerseits ein ausländischer Anbieter, der in seinem Heimatstaat erlaubterweise – nämlich v.a. auf Grund einer unter vergleichsweise weniger rigiden Voraussetzungen erlangten Bewilligung – Ausspielungen veranstaltet, hierzu infolge der durch die Dienstleistungsfreiheit bewirkten Verdrängung der Monopolbestimmungen des GSpG auch in Österreich berechtigt ist, während Gleiches einem Inländer deshalb verwehrt bleibt, weil bei reinen Inlandssachverhalten die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV und somit auch die im Verhältnis dazu bestehende Unionsrechtswidrigkeit bzw. die daraus resultierende Verdrängungswirkung bezüglich der Monopolregelung des GSpG so lange nicht zum Tragen kommt, bis Letztere durch eine Aufhebung seitens des VfGH beseitigt ist[55].
3.4.2. Demgegenüber kommt der Verwaltungsgerichtshof in seinem im Verhältnis zum eben dargestellten Gesetzesprüfungsantrag des OGH (vom 30. März 2016) zeitlich früher datierten, de facto jedoch später erlassenen, nämlich (bereits am 15. April 2016 auf der Homepage des VwGH veröffentlichen, aber) erst am 18. April 2016 den Verfahrensbeteiligten zugestellten Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, zwar zu dem Ergebnis, dass eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG nicht zu erkennen sei (RN 123), weil die mit diesem Gesetz angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität sowie der Verhinderung von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern in kohärenter und systematischer Weise verfolgt würden und diese Ziele nicht bloß als Vorwand für die Beibehaltung der Monopolregelung bzw. einer Einnahmenmaximierung angesehen werden könnten. Dass vom Staat – bei Verfolgung gerechtfertigter Ziele im Sinne von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses – im Zusammenhang mit dem Glücksspiel hohe Einnahmen erzielt werden, mache die Regelungen des GSpG nicht unionsrechtwidrig, denn es sei zu berücksichtigen, dass sowohl die Maßnahmen des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung und der Kriminalitätsbekämpfung sowie die Aufsicht über die Glücksspielkonzessionäre und Bewilligungsinhaber und auch die medizinischen Behandlungskosten von Spielsüchtigen sowie Fürsorgeunterstützungen für Spielsüchtige und deren Familien hohe finanzielle Kosten verursachen würden. Daher sei es auch unter diesen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn neben der Verfolgung von legitimen Zielen zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit auch entsprechende Einnahmen aus Abgaben im Zusammenhang mit Glücksspiel durch den Staat lukriert werden, wobei im Übrigen gerade die vom LVwG OÖ geforderte Vergabe von Konzessionen und Bewilligungen in unbeschränkter Anzahl eine Erhöhung der vom Staat lukrierten Abgaben ermöglichen würde (RN 122).
3.4.2.1. Im Einzelnen muss in diesem Zusammenhang jedoch Folgendes ins Kalkül gezogen werden:
3.4.2.1.1. Rechtssystematisch besehen beruht die Begründung des VwGH, dass die Monopolregelung des GSpG tatsächlich dem Spielerschutz und der Kriminalitätsbekämpfung dient, im Wesentlichen auf drei Argumentationssträngen, nämlich auf einer Darstellung der historischen Entwicklung des Glücksspielrechts in Österreich (RN 68 bis 77) – der vor dem Hintergrund, dass die Monopolregelung vor allem auch gegenwärtig dem unionsrechtlichen Kohärenzgebot entsprechen muss, freilich schon von vornherein keine rechtliche Relevanz zukommt – und der in (zahlreichen) Regierungsvorlagen (seit dem Jahr 1989) zu den einzelnen Novellierungen des GSpG angeführten Absichten und Prognosen (RN 78 bis RN 106) sowie auf den Feststellungen des Glücksspielberichts 2010-2013 des Bundesministeriums für Finanzen.
Davon ausgehend gelangte der VwGH – auf Basis der von einzelnen Richtern des LVwG OÖ getroffenen und im Revisionsverfahren nicht bekämpften Feststellungen – zu dem Ergebnis, dass durch die im GSpG vorgesehenen Bestimmungen die angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität sowie der Verhinderung von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern in kohärenter und systematischer Weise verfolgt würden (RN 119); diese Ziele könnten nicht bloß als Vorwand für die Beibehaltung der Monopolregelung bzw. einer Einnahmenmaximierung angesehen werden (RN 122), weshalb auch keine Unionsrechtswidrigkeit zu erkennen sei (RN 123).
Da es zur Fällung einer Sachentscheidung im vorliegenden Fall ausgehend von dem von einzelnen Richtern des LVwG OÖ festgestellten Sachverhalt, der im Revisionsverfahren nicht bestritten wurde, keiner weiteren Ermittlungen bedurfte, habe der VwGH gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in der Sache selbst entscheiden können, sodass die Beschwerde des Beschuldigten als unbegründet abzuweisen gewesen sei (RN 127).
3.4.2.1.2. Damit stellt sich jedoch die Frage, ob auf diese Weise im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 EGRC ein auch in jeder Hinsicht grundrechtskonformes Ergebnis erzielt wurde:
3.4.2.1.2.1. Vorweg ist in diesem Zusammenhang neuerlich daran zu erinnern, dass der EuGH in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertritt, dass jedes Gericht die Frage der Vereinbarkeit von innerstaatlichem Recht mit Unionsrecht eigenständig und ohne Bindung an die Rechtsauffassung anderer nationaler Gerichte zu beurteilen hat (vgl. z.B. zuletzt EuGH vom 5. April 2016, C‑689/13, m.w.N.).
Insbesondere bedeutet dies einerseits, dass in diesem Zusammenhang auftretende Zweifelsfragen im Wege eines Vorlageantrages an den EuGH – ohne vorangehende Befassung eines nach nationalem Recht exklusiv zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung zuständigen Gerichts – zu klären sind (vgl. EuGH vom 11. September 2014, C‑112/13), und andererseits, dass bei Nichtbestehen solcher Zweifel nationale Normen, die eine allgemeine Bindungswirkung an die Rechtsmeinung übergeordneter Instanzen festlegen, insoweit nicht zum Tragen kommen (vgl. EuGH vom 15. Oktober 2015, C‑581/14).
3.4.2.1.2.2. Den Ausgangspunkt für die eingangs aufgeworfene Fragestellung bildet die Bestimmung des § 42 Abs. 4 VwGG. Danach kann der VwGH (im Sinne einer Ermessensentscheidung) dann auch in der Sache selbst entscheiden, wenn 1.) diese entscheidungsreif ist und 2.) eine Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt; wird das Ermessen in diesem Sinne ausgeübt, dann hat der VwGH den maßgeblichen Sachverhalt (selbst) festzustellen.
Im Übrigen, d.h. im Regelfall, hat der VwGH hingegen (im Sinne einer Rechtsentscheidung) gemäß § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG (von gegenständlich nicht maßgeblichen Ausnahmekonstellationen abgesehen) das angefochtene Erkenntnis auf Grund des vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhalts im Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte zu überprüfen.
Ergänzend hält der VwGH in diesem Zusammenhang in ständiger Judikatur fest, dass er im Revisionsverfahren zur Überprüfung der Beweiswürdigung der Verwaltungsgerichte nicht berufen ist (vgl. statt vieler z.B. VwGH v. 13. Oktober 2015, Ra 2015/03/0075, m.w.N.).
Rechtsdogmatisch besehen scheint sich somit insgesamt zu ergeben, dass der VwGH dann, wenn er die Sachverhaltsfeststellungen des VwG unbeanstandet lässt, eine andersartige Würdigung dieser solcherart feststehenden Beweis- und Faktenlage nur dann vornehmen darf, wenn und soweit dies auf Grund eigenständig-modifizierter Sachverhaltsfeststellungen entsprechend indiziert und gerechtfertigt ist. Bedingt wird diese einfachgesetzlich-innerstaatliche Konzeption, wonach eine darüber hinaus gehende Umdeutung bzw. Umkehrung der Beweiswürdigung grundsätzlich nicht in Betracht kommt, durch die verfassungsrechtlich-supranationale Garantie des Art. 6 Abs. 1 EMRK (bzw. Art. 47 EGRC): Denn der in dieser Bestimmung (jeweils) garantierte Grundsatz des fairen (insbesondere unmittelbar-kontradiktorischen) gerichtlichen Verfahrens würde zweifelsfrei verletzt, wenn die in einem Art. 6 Abs. 1 EMRK entsprechenden (und in diesem Sinne „gerichtlichen“) Verfahren gewonnene (Sachverhaltsfeststellung und/oder) Beweiswürdigung durch eine solche, die in einem den Ansprüchen dieser Garantie nicht bzw. nicht in vollem Umfang gerecht werdenden (und in diesem Sinne „nicht-gerichtlichen“) Verfahren vorgenommen wurde, ersetzt werden würde.
Im vorliegenden Fall hat der VwGH weder selbst eine öffentliche Verhandlung durchgeführt noch sonst eigenständige Sachverhaltsfeststellungen getroffen; vielmehr wird im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, mehrfach betont, dass diese Entscheidung auf den vom Einzelrichter des LVwG OÖ im Verfahren zu LVwG- 410287 (abgeschlossen mit Erkenntnis vom 29. Mai 2015[56]) vorgenommenen und von den Verfahrensparteien nicht bestrittenen Sachverhaltsfeststellungen fußt (vgl. insbesondere RN 119 und 127).
Wenn davon ausgehend die in den Erläuterungen zu den Novellierungen des GSpG angeführten Maßnahmen und Zielsetzungen des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung – bei denen es sich rechtlich besehen nicht um Tatsachenfeststellungen, sondern lediglich um Absichtserklärungen bzw. Rechtsmeinungen von Ministerialbeamten handelt – entgegen der diesbezüglich vom LVwG OÖ vorgenommenen Würdigung ohne nähere Begründung[57] und vor allem ohne entsprechenden Nachweis hierfür durch staatliche Behörden durchgehend so gewertet werden, als ob diese auch bereits faktisch effizient sein und damit dem vom EuGH geforderten Kohärenzgebot entsprechen würden, dann scheint dies im Ergebnis ebenso zu einer Modifikation bzw. Substitution der untergerichtlichen Beweiswürdigung zu führen wie der Umstand der vorbehaltlosen Heranziehung des Glücksspielberichts 2010-2013 des Bundesministeriums für Finanzen, wenn zudem auf die übrigen, der Entscheidung des LVwG OÖ zu Grunde gelegten Beweismittel (wie z.B. die Studie des Zentrums für interdisziplinäre Suchtgiftforschung, die Untersuchung „Kleines Glücksspiel – großes Leid?“ von J. Köberl und F. Prettenthaler und die Belege zur Frage einer nicht bloß maßvollen Werbung) entweder überhaupt nicht eingegangen wird oder bloß eine kursorische Auseinandersetzung mit den darauf fußenden Gegenargumenten erfolgt[58].
3.4.2.1.2.3. Einerseits erkennt der EuGH in ständiger Rechtsprechung jedem Gericht die Kompetenz zu bzw. verpflichtet er dieses, aus eigenem – und ungeachtet allenfalls entgegenstehender Entscheidungen nationaler Höchstgerichte – innerstaatliche Rechtsvorschriften, die dem EU-Recht widersprechen, unangewendet zu lassen (vgl. z.B. EuGH vom 15. Oktober 2015, C‑581/14 = EuGRZ 2015, 660 ff).
Andererseits liegt auf der Hand, dass bei der praktischen Handhabung einer derartigen Maxime unschwer – und zudem über einen längeren Zeitraum andauernde – Situationen entstehen können, in denen zu ein und derselben Rechtsfrage widersprüchliche gerichtliche Entscheidungen und damit erhebliche Rechtsunsicherheiten existieren, bis die Vereinbarkeit bzw. Unvereinbarkeit der nationalen Normen mit dem Unionsrecht vom hierfür letztkompetenten EuGH verbindlich entschieden ist.
Hält man die Institutionalisierung bzw. das Bestehen einer gleichermaßen zentralen wie exklusiven Zuständigkeit eines nationalen Gerichts (in diesem Sinne z.B. jüngst wieder das [deutsche] Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 15. Dezember 2015, 2 BvR 2735/14, RN 43 = EuGRZ 2016, 33 ff) zur (Vor‑)Prüfung der Unionsrechtskompatibilität für damit unvereinbar, so scheint aber mit der vom EuGH propagierten Maxime unter einem auch ein nationales Rechtsmittelsystem gefordert zu sein, nach dem jeweils auch den übergeordneten Instanzen die Qualität eines Gerichtes i.S.d. Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 EGRC zukommen muss. In diesem Sinne sind daher wohl auch die RN 52 bis 55 des bereits mehrfach angeführten EuGH-Urteils vom 30. April 2014, C‑390/12 (Pfleger) zu verstehen, wonach „das“ – im Sinne von: jedes – „nationale Gericht eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen“ muss, „unter denen eine restriktive Regelung, wie sie in den Ausgangsverfahren in Rede steht, erlassen worden ist und durchgeführt wird. Im vorliegenden Fall haben die nationalen Behörden nach Ansicht des vorlegenden Gerichts nicht nachgewiesen, dass die Kriminalität und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstellten. Das Gericht scheint ferner anzunehmen, dass das wahre Ziel der fraglichen restriktiven Regelung nicht in der Kriminalitätsbekämpfung und dem Spielerschutz liegt, sondern in einer bloßen Maximierung der Staatseinnahmen, obwohl der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass das Ziel, die Einnahmen der Staatskasse zu maximieren, für sich allein eine solche Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht rechtfertigen kann ..... Diese Regelung erscheine, so das Gericht, jedenfalls unverhältnismäßig, da sie nicht geeignet sei, die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs geforderte Kohärenz zu garantieren, und über das hinausgehe, was zur Erreichung der angeführten Ziele erforderlich sei. Sollte das vorlegende Gericht bei dieser Auffassung bleiben, müsste es zu dem Ergebnis kommen, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist.“
Dies bedeutet insbesondere, dass auch die übergeordneten Gerichte – um den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. des Art. 47 EGRC zu entsprechen – entweder jeweils selbst ein faires, insbesondere unmittelbar-kontradiktorisches Verfahren durchführen oder sich – bei einer nur kassatorischen Entscheidungsbefugnis – bloß auf die Entscheidung der Rechtsfrage beschränken müssen.
Unvereinbar mit einem derartigen System erschiene jedenfalls, dass ohne eigenständige Sachverhaltsfeststellungen und/oder ohne Durchführung eines in jeder Beziehung dem Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 EGRC entsprechenden Verfahrens eine Modifikation der Beweiswürdigung des unterinstanzlichen Gerichtes vorgenommen wird. Denn summarisch betrachtet läge dann nämlich kein den Ansprüchen dieser europarechtlichen Grundrechtsgewährleistungen genügendes faires, insbesondere kontradiktorisches Verfahren mehr vor. Hinzu kommt, dass gerade in Bezug auf Strafverfahren – und damit auch für solche nach dem GSpG – auch die Garantie des Art. 2 erster Satz des 7.ZPMRK (Rechtsmittel in Strafsachen) ersichtlich von einer derartigen Grundkonzeption getragen zu sein scheint[59].
Im Übrigen geht es dem EuGH – wie aus dessen vorzitierter Judikatur deutlich wird – nicht primär darum, dass der Gesetzgeber bloß ein in sich schlüssiges Ziel-Mittel-Schema bzw. ein systemtheoretisch widerspruchsfreies Formalkonzept von Eingriffsbefugnissen schafft, sondern auch und vor allem darum, dass Letztere sowohl faktisch effizient sind als auch hinsichtlich sämtlicher seiner Facetten – und nicht bloß in Teilbereichen – den aus Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. aus Art. 47 EGRC resultierenden rechtsstaatlichen Anforderungen genügen.
Durch die im GSpG zum Schutz der Konzessionsinhaber im Einzelnen sowie in ihrer Gesamtheit normierten behördlichen Eingriffsinstrumentarien (Betretungsrecht, Auskunftspflicht, Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, Beschlagnahme, Einziehung, Verwaltungsstrafe, Verfall, Betriebsschließung) werden jedoch die potentiellen Interessenten einseitig mit nicht bloß geringfügigen, sondern massiv nachteiligen Rechtsbeeinträchtigungen belastet, hinsichtlich welcher ein Rechtsschutz ausnahmslos stets erst ex post möglich und dieser vor dem Hintergrund einer prinzipiellen Beweislastumkehr zudem de facto sowie vor allem auch deshalb nicht strukturell effizient i.S.d. Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 13 EMRK erscheint, weil mit den Verwaltungsgerichten formal zwar Gerichte institutionalisiert wurden, diese jedoch nach den Grundsätzen eines Behördenverfahrens zu agieren haben.
Insgesamt führt dies dazu, dass ein potentieller Interessent nicht selten bereits finanziell schwer beeinträchtigt – wenn nicht de facto sogar gänzlich ausgebootet – ist, noch bevor die Frage der Unionsrechtskompatibilität des GSpG-Monopols überhaupt letztverbindlich geklärt wurde.
Angesichts der weitgehenden Wertneutralität der österreichischen Verfassung mag die Ansicht, dass die – teilweise über jene der in der für das gerichtliche Strafverfahren maßgeblichen StPO normierten hinausreichenden – Eingriffsbefugnisse des GSpG keinen formalverfassungsrechtlichen Bedenken begegnen (und zwecks Erhöhung der faktischen Effizienz der Maßnahmen zur Hintanhaltung von Eingriffen in die Monopolstellung der Konzessionäre eine vergleichsweise Minimierung des Rechtsschutzstandards, wie er im behördlichen und verwaltungsgerichtlichen gegenüber dem strafgerichtlichen Verfahren zweifelsfrei besteht, hingenommen werden muss), allenfalls vertretbar erscheinen; den aus den materiellrechtlich-rechtsstaatlichen Garantien der EMRK bzw. der EGRC resultierenden Anforderungen, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dürfte eine solche Massierung von Eingriffsbefugnissen angesichts dessen, dass sich der Spielerschutz allseits unbestritten bloß auf einen kaum wahrnehmbaren Bruchteil der Gesamtbevölkerung bezieht[60], aber weder in ihrer Gesamtheit noch singulär betrachtet genügen.
3.4.2.1.3. Und auch wenn alle zuvor aufgezeigten Bedenken nicht durchschlagen würden, ist schließlich noch zu beachten, dass das mit einem Konzessionssystem unter Beschränkung der Anzahl der zu vergebenden Konzessionen betreffend Lotterien und Spielbanken sowie mit einem (reinen) Bewilligungssystem unter Beschränkung der Anzahl der zu vergebenden Bewilligungen betreffend Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten kombinierte Glücksspielmonopol des Bundes eine vergleichsweise gravierendere Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV nach sich zieht als ein Konzessionssystem, mit dem dieselben Restriktionen, jedoch keine zahlenmäßigen Beschränkungen der zu vergebenden Konzessionen einhergehen.
3.4.2.1.3.1. In diesem Zusammenhang zeigt die Vielzahl der insbesondere beim LVwG OÖ anhängigen Verfahren, dass sich das sog. „illegale“ Automatenglücksspiel auf überschaubar wenige interessierte Anbieter beschränkt. Würden diese einem Konzessionsverfahren unterworfen, das keine unüberwindliche Hürden (wie v.a. illusorisch hohe Haftungsbeträge) vorsieht, sondern einen fairen Zugang ermöglicht, dann wären diese für die Behörden jedenfalls wesentlich leichter und effizienter zu kontrollieren als in der derzeit vorherrschenden „Untergrund“-Praxis.
3.4.2.1.3.2. Freilich ließe sich auch bei einem solcherart ausgestalteten Zugangssystem eine widerrechtliche Automatenaufstellung nicht völlig verhindern.
Insofern würde sich die Situation aber nicht wesentlich abweichend von anderen Bereichen darstellen, in denen eine unternehmerische Tätigkeit ebenfalls erst nach vorangehender behördlicher Erlaubniserteilung zulässig ist (wie z.B. Prostitution).
So besehen ist aber keine sachliche Rechtfertigung dafür erkennbar, weshalb gerade im Bereich des Glücksspielrechts mit den „normalen“ behördlichen Eingriffsbefugnissen, wie diese im FinStrG und/oder in der BAO vorgesehen sind, nicht auch hier das Auslangen gefunden werden kann (es sei denn, dass wiederum auf die Intention abgestellt wird, dass den Inhabern „legaler“ Konzessionen gleichsam zum Ausgleich für ihre hohen Abgabenverpflichtungen – und die damit verbundene Sicherstellung einer erheblichen staatlichen Einnahmenquote – eine in jeder Weise ungestörte Ausübung ihrer Bewilligungen gewährleistet sein muss).
3.4.2.1.3.3. Ein Effekt dahin, dass dadurch, dass nicht bloß eine limitierte Anzahl, sondern jeder Bewerber, der die im GSpG normierten strengen Spielerschutzanforderungen erfüllt, die beantragte Konzession erhält, das System insgesamt gefährdet wäre oder gar gänzlich wirkungslos würde, ist somit nicht wirklich ersichtlich, zumal ja zudem zu bedenken ist, dass auch unter der Ägide des bestehenden Systems der zur Bekämpfung des vermeintlich illegalen Glücksspiels erforderliche logistisch-finanzielle Aufwand durchaus nicht unbeträchtlich ist.
Ebenso wenig wären damit – wie der VwGH meint – zwingend (vergleichsweise) noch höhere Staatseinnahmen verbunden.
Zweifelsfrei würde sich aber ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit jedenfalls als verhältnismäßig weniger gravierend erweisen, wenn dieser derart vorgenommen würde, dass
* die Anzahl der zu vergebenden Konzessionen nicht zahlenmäßig beschränkt ist
* jedem Interessenten eine reelle Möglichkeit zukommt, eine derartige Bewilligung zum Betrieb von Spielautomaten zu erhalten
* die Aspekte des Spielerschutzes durch strenge Auflagen an die Bewilligungsinhaber sichergestellt werden und
* Übertretungen der diesbezüglichen Ordnungsvorschriften der gerichtlichen Strafverfolgung überantwortet werden oder sonst zumindest die behördlichen Eingriffsbefugnisse an eine vorangehende richterliche Ermächtigung gebunden werden.
3.4.2.2. Im Hinblick auf die ihm nach dem Beschluss des EuGH vom 15. Oktober 2015, C‑581/14 (= EuGRZ 2015, 660 ff) zukommende Verpflichtung sieht sich daher das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich aus allen diesen Gründen auch aus den vom VwGH in seinem Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, ins Treffen geführten Argumenten nicht dazu veranlasst, nunmehr von der Unionsrechtskonformität der im GSpG normierten Monopolregelung und den darauf basierenden Eingriffsbefugnissen auszugehen.
3.4.2.3. Dazu kommt im Übrigen noch, dass der VwGH selbst beginnend mit dem Erkenntnis vom 5. April 2016, Ra 2015/17/0063, (Beschwerden gegen ein Straferkenntnis wegen einer Übertretung des GSpG abweisende) Entscheidungen von Landesverwaltungsgerichten aufgehoben hat, wobei es in diesem VwGH-Erkenntnis wörtlich heißt:
„Das Landesverwaltungsgericht ist vom Vorliegen eines rein nationalen Sachverhalts ausgegangen, ohne auf das Vorbringen des Revisionswerbers einzugehen, wonach die ‚Aufstellerin‘ der Glücksspielgeräte eine ungarische Gesellschaft sei und der Revisionswerber als deren ‚Supporter‘ sich auf die unionsrechtlichen Grundfreiheiten berufen könne. Um beurteilen zu können, ob ein rechtlich relevanter Auslandsbezug vorliegt, wären unter Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens Feststellungen zu diesem Vorbringen, also insbesondere dazu, welche Rolle der ungarischen Gesellschaft im Zusammenhang mit der Veranstaltung der verbotenen Ausspielungen zukam, zu treffen gewesen. Auf die Frage, ob die ungarische Gesellschaft in einem EU-Staat über eine Konzession zum Betrieb der Glücksspielgeräte verfügte, kommt es – entgegen den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis – nicht an, weil der Glücksspielbereich im Rahmen der Europäischen Union nicht harmonisiert ist ..... Indem das Landesverwaltungsgericht Tirol die Rechtslage verkannt und hierzu keine Feststellungen getroffen hat, auf Grund derer hätte beurteilt werden können, ob das Unionsrecht im Revisionsfall anzuwenden ist, hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.“
Gleichartiges wurde in der Folge beispielsweise auch in den Entscheidungen vom 20. Juni 2016, Ra 2015/09/0080, und vom selben Tag, Ra 2015/09/0087, ausgesprochen.
Derartige Feststellungen können jedoch nur dann von rechtserheblichem Interesse sein, wenn für den Fall, dass sich ein entsprechender Auslandsbezug ergibt, jene Bestimmungen des GSpG, die die Durchführung von Ausspielungen an die Notwendigkeit einer entsprechenden Konzession binden, nach autonomer Überzeugung des jeweils zu Entscheidung berufenen Gerichtes wegen Unionsrechtswidrigkeit unangewendet zu bleiben haben; wäre das GSpG hingegen zweifelsfrei unionsrechtskonform, bedarf es solcher Feststellungen nicht.
Insgesamt folgt daraus, dass der VwGH in dieser Entscheidung zumindest implizit von der Möglichkeit einer Unionsrechtswidrigkeit des GSpG-Monopols ausgeht, weil ansonsten eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit (und nicht bloß wegen eines ergebnisrelevanten Verfahrensfehlers[61]) keinen Sinn ergeben hätte.
Damit setzt sich diese – zeitlich später und in nahezu identischer personeller Besetzung ergangene – Entscheidung aber in einen gewissen inhaltlichen Widerspruch zu dem zuvor dargestellten Erkenntnis des VwGH vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022.
3.4.3. Auch der Verfassungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 2016, E 945/2016, von der Unionsrechtskonformität des im GSpG geregelten Monopolsystems aus.
Da der VfGH dieser Entscheidung jedoch keine eigenständigen Argumente zu Grunde gelegt, sondern vielmehr in weiten Teilen die Begründung des VwGH-Erkenntnisses vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, bzw. der landesverwaltungsgerichtlichen Anlassverfahren inhaltlich übernommen hat; dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes im Übrigen nicht zu entnehmen ist, auf welche Faktenbasis seine Annahme, dass der OGH bloß „isoliert konkrete Werbetätigkeiten einzelner Konzessionäre“ betrachte, „ohne eine gesamthafte Würdigung aller Auswirkungen auf dem Glücksspielmarkt im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union vorzunehmen“ (RN 50), gegründet ist; und hinsichtlich der mangelnden Gerichtsförmigkeit des Verfahrens i.S.d. Art. 6 EMRK bzw. i.S.d. Art. 47 EGRC dieselben Bedenken wie in Bezug auf das bezogene VwGH-Erkenntnis vom 16. März 2016, R0 2015/17/0022, bestehen, kann – um unnötige Wiederholungen zu vermeiden – im Übrigen auf die vorstehenden Ausführungen unter III.3.4.2. verwiesen werden.
Im Ergebnis bildet daher nach Auffassung des erkennenden Richters des LVwG OÖ auch das Erkenntnis des VfGH vom 15. Oktober 2016, E 945/2016, keine Veranlassung, von seinem bisher bezogenen Rechtsstandpunkt abzurücken.
3.4.4. Gesamtwürdigung
3.4.4.1. Um den Anforderungen des Art. 56 AEUV zu entsprechen, müsste insgesamt besehen mindestens einer der in der Judikatur des EuGH anerkannten, einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit rechtfertigenden zwingenden Gründe des Allgemeininteresses (Spielerschutz, Kriminalitätsbekämpfung, effektive und systematische Verringerung der Anreize und Gelegenheiten zum Spiel o.Ä.) jene Ziele, die in ungerechtfertigter Weise mit den Eingriffsbefugnissen einhergehen, tatsächlich und eindeutig überwiegen.
Angesichts dieses Prüfungsmaßstabes ergibt sich nach Überzeugung des erkennenden Richters des LVwG OÖ allerdings, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art. 56 AEUV keine Deckung findet und somit dem Unionsrecht widerspricht, weil dieses einerseits tatsächlich nicht auf einem durch die Rechtsprechung des EuGH anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses – wie etwa dem Verbraucherschutz (in Form des Spielerschutzes und der Suchtvorbeugung) oder der Kriminalitätsbekämpfung und der Kriminalitäts-, insbesondere Betrugsprävention, oder der effektiven und systematischen Verringerung der Anreize und Gelegenheiten zum Spiel – basiert, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen (in Höhe von 0,4% der jährlichen Gesamteinnahmen des Bundes) dient sowie andererseits – und unabhängig davon – auch die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems (Privatisierung durch Übertragung der zwar sowohl strengen Antrittsvoraussetzungen als auch einer rigiden staatlichen Kontrolle unterliegenden Ausübungsbefugnisse nicht auf eine unbeschränkte, sondern – im Sinne einer Bedarfsprüfung – auf eine bloß limitierte Anzahl von Konzessionären) und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsermächtigungen (Betretungs-, Einschau-, Informations- und Überprüfungsrechte; vorläufige und/oder endgültige Beschlagnahme, Einziehung und nachfolgende Vernichtung der Eingriffsgegenstände; Verwaltungsstrafe; Betriebsschließung) insbesondere mangels der gänzlich fehlenden Bindung an eine vorhergehende richterliche Ermächtigung jeweils unverhältnismäßig sind.
Denn:
* Dass in Österreich 64.000 Personen spielsüchtig sind, hat sich als eine bloße Mutmaßung erwiesen;
* Gleiches gilt für die nicht näher verifizierbare Behauptung, dass in Österreich eine dazu affine Kriminalität vorherrscht;
* Selbst wenn man die diesbezüglich ins Treffen geführten, statistisch hochgerechneten Zahlen als vorbehaltlos zutreffend unterstellen würde, ließe sich angesichts deren Geringfügigkeit keine sachliche Rechtfertigung für den gegenwärtig zu konstatierenden legistischen und administrativen Aufwand finden;
* Und selbst wenn eine solche bestünde, würde sich dennoch das konkret institutionalisierte System schon als solches als unverhältnismäßig erweisen, weil sich die Intentionen eines effizienten Spielerschutzes und einer effizienten Kriminalitätsvorbeugung jedenfalls auch im Wege einer zahlenmäßig nicht beschränkten Konzessionsvergabe erreichen ließen;
* Schließlich lässt sich auch keine sachliche Rechtfertigung dafür finden, weshalb über die bspw. bereits im FinStrG und in der BAO enthaltenen Berechtigungen hinaus im GSpG behördliche Maßnahmen vorgesehen und auch tatsächlich erforderlich sind, die bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem die Unionsrechtskompatibilität des im GSpG normierten Monopolsystems noch gar nicht verbindlich festgestellt ist, jeweils ohne eine vorangehende richterliche Ermächtigung massive Eingriffe in die Grundrechtssphäre von potentiellen Interessenten für eine Konzession – wie z.B. Beschlagnahmen, Verwaltungsstrafen, Verfall, Einziehungen, Betriebsschließungen – ermöglichen.
3.4.3.2. Mit diesem Resultat soll keineswegs eine – erst recht keine vollständigen – Liberalisierung des Glücksspielmarktes propagiert werden; weil aber Österreich ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist, muss aus rechtlicher Sicht nachdrücklich betont werden, dass sich jegliche Beschränkung des Glücksspielangebotes – insbesondere in Gestalt eines (Quasi‑)Monopolsystems – stets nur im Rahmen der von EuGH-Judikatur abgesteckten Grenzen des Art. 56 AEUV bewegen kann.
4. Entscheidung
4.1. Widerspricht eine innerstaatliche Regelung dem Unionsrecht, so hat diese nach ständiger Rechtsprechung des EuGH faktisch unangewendet zu bleiben. Dieser Grundsatz ist von jedem staatlichen Organ auf jeder Ebene des Verfahrens unmittelbar zu beachten[62].
Konkret bedeutet dies insbesondere, „dass der Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu Sanktionen führen kann, wenn diese Regelung mit Art. 56 AEUV nicht vereinbar ist“ (vgl. EuGH vom 30. April 2014, C‑390/12 [Pfleger, EU:C:2014:281], RN 64, m.w.N.).
4.2. Daraus resultiert für den vorliegenden Fall, dass die gemäß § 53 Abs. 1 GSpG wegen des Verdachtes einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG bescheidmäßig angeordnete Beschlagnahme der Geräte der Beschwerdeführerinnen ausgeschlossen ist, weil sich diese Eingriffsnorm rechtssystematisch als eine auf der Glücksspielmonopolregelung des GSpG fußende und mit dieser in einem untrennbaren Zusammenhang stehende Bestimmung darstellt.
Sohin war der vorliegenden Beschwerde gemäß § 50 VwGVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
4.3. Von einem – aus Gründen der Rechtskraft zwar nicht gehinderten (vgl. z.B. EuGH vom 15. Oktober 2015, C‑581/14 [Naderhirn – ECLI:EU:C:2015:707], RN 28[63]) – neuerlichen Ersuchen um Vorabentscheidung war im gegenständlichen Fall deshalb abzusehen, weil der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 30. April 2014, C‑390/12 (Pfleger – ECLI:EU:C:2014:281), bereits explizit klargestellt hat (vgl. RN 47), dass die Frage der Unionsrechtskonformität des im GSpG verankerten Monopolsystems davon abhängt, ob sich Letzteres insgesamt als kohärent erweist, wobei diese Kohärenzprüfung nicht dem EuGH, sondern den jeweils zur Vollziehung des GSpG berufenen nationalen Behörden und Gerichten obliegt.
IV.
Revision an den Verwaltungsgerichtshof
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine im innerstaatlichen Recht wurzelnde bzw. in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fallende Rechtsfrage, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, zu lösen war.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.
Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich
Dr. G r o f
[1] Auch abrufbar unter http://www.lvwg-ooe.gv.at/383.htm.
[2] Abrufbar unter http://www.lvwg-ooe.gv.at/383.htm.
[3] Abrufbar unter: www.bmf.gv.at/steuern/gluecksspiel-spielerschutz/in-oesterreich/Gluecksspiel-Bericht-2010-2013.html.
[4] Auch abrufbar unter http://www.lvwg-ooe.gv.at/383.htm.
[5] Vgl. in diesem Sinne auch die parlamentarische Anfragebeantwortung des Bundesministeriums für Inneres vom 21. November 2014, 2405/AB zu 2559/J (25. GP).
[6] Vgl. www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/III/III_00131/fname_380250.pdf
[7] Abrufbar unter: www.isd-hamburg.de/dl/Repraesentativbefragung_2015_Bericht_final.pdf.
[8] Projektleitung: Jens Kalke und Friedrich Martin Wurst; weitere Mitglieder des Projektteams: Sven Buth und Natasha Thon.
[9] Nach der Version IV des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen wurde das pathologische Spielen noch als „Störung der Impulskontrolle“ klassifiziert, während ein solches Verhalten seit der im Jahr 2013 erschienenen Version DSM-5 unter Übernahme der früheren Kriterien (ausgenommen jenes der „illegalen Handlungen“) nunmehr als „Glücksspielstörung“ („gambling disorder“) bezeichnet und als erste (und einzige) stoffungebundene Sucht zu den Suchtstörungen gezählt wird; eine „leichte Glücksspielstörung“ liegt danach bei Erfüllung von 4 bis 5 Kriterien, eine „mittlere Glücksspielstörung“ bei Erfüllung von 6 bis 7 Kriterien und eine „schwere Glücksspielstörung“ bei Erfüllung von 8 bis 9 (von insgesamt 9) Kriterien innerhalb von 12 Monaten vor (vgl. näher Institut Suchprävention pro mente Oberösterreich, Factsheet Sucht – Abhängigkeit und Substanzkonsum, Version 2.4 vom 17. Juni 2016, S. 38).
[10] Vgl. näher: www.isd-hamburg.de.
[11] Wodurch der Aspekt einer Neutralität und Unabhängigkeit dieser Institution schon von vornherein relativiert wird (vgl. insbesondere S. 7 dieser Studie: „Unterstützt wurde die Untersuchung von der Casinos Austria AG und der Österreichische Lotterien GmbH, die durch eine finanzielle Förderung an die Gesellschaft zur Erforschung nicht stoffgebundener Abhängigkeiten [GES] die Realisierung dieser Studie möglich gemacht haben. Die GES ist Zuwendungsgeber und Vertragspartner für das ISD. Ein der GES zugeordneter Beirat hat die Untersuchung inhaltlich begleitet.“ [Hervorhebungen nicht im Original]).
[12] Vgl. www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150408_OTS0039.
[13] Vgl. auch https://service.bmf.gv.at/budget/akthh/2014/201412FH_ug16.htm.
[14] Wobei in diesem Zusammenhang nicht nur eine große Reichweite garantierende Medien – v.a. TV, Rundfunk (vgl. z.B. „Ö3-Glückskeks“), e‑papers, Internet (vgl. z.B. „Damentag in allen Casinos: ..... Für nur 23 Euro erhalten Sie Begrüßungsjetons im Wert von 25 Euro und Ihr Gewinnticket für die Verlosung des Tagespreises“, www.casinos.at/de/casinos-austria/eventkalender?edui=4&estx=damentag), Printmedien (vgl. z.B. „Lotterien-Tag: Österreichs Lotterien öffnen Türen zum Tiergarten Schönbrunn: ..... Wer mit einer Spielquittung oder einem Los der Österreichischen Lotterien zu einem der drei Eingänge kommt, erhält freien Eintritt .....“, Der Standard vom 21. Juli 2014, S. 17; Stadt-Blatt Innsbruck vom 18. März 2015 mit aufgeklebtem 10-Euro-Gutschein-Jeton für das Casino Innsbruck) und Social Medias (vgl. z.B. „Jackpot Cafe – Mega-Million-Jackpot – Täglich ab 11:00 Uhr – Keine Bekleidungsvorschriften – Spielen ab 1 Cent – vom 1. bis 14. April 2016“ via facebook) –, sondern auch alle anderen Formen von Werbeträgern – wie eine Garnitur der Wiener U-Bahn oder Plakatwände, aber auch Lokalzeitungen (vgl. z.B. „Lotterien-Tag im Kunsthistorischen Museum – mit dem Lottoschein am Freitag, dem 31. Oktober, kostenlos zu Diego Velazquez“, Neue Vorarlberger Tageszeitung vom 30. Oktober 2014, S. 33) und weniger auflagenstarke Printmedien (vgl. z.B. „Mit Anteilsschein mehr Chancen zu gewinnen – Neu bei Lotto und EuroMillionen: Geringer Einsatz, eine Vielzahl an Tipps und somit erhöhte Gewinnchancen“, Katholisches Kirchenblatt Vorarlberg vom 16. Dezember 2014, S. 22) benützt werden.
[15] Siehe insbesondere nochmals Institut Suchprävention pro mente Oberösterreich, Factsheet Sucht – Abhängigkeit und Substanzkonsum, Version 2.4 vom 17. Juni 2016, S. 3: „Wie alle statistischen Materialien sind auch die hier vorgestellten Zahlen selbst kein Spiegel der Realität. Sie sind vielmehr durch Konstruktionsprozesse entstanden und im Umgang damit ist Vorsicht geboten. ..... Wahrscheinlichkeiten beziehen sich auf konstruierte gesellschaftliche Gruppen, bei denen bestimmte Merkmale gehäuft beobachtet werden können. Wahrscheinlichkeiten beziffern die Häufigkeit eines Ereignisses in einer fiktiven Kohorte, in einer Grundgesamtheit. ..... Wahrscheinlichkeiten beziehen sich jedoch per definitionem nicht auf eine konkrete Person, sondern auf einen konstruierten Kasus (einen Idealtypus); ..... . Der Schluss auf kausale Merkmale (Wahrscheinlichkeiten) der aggregierten Gruppe begründet kein Kausalmodell im Sinne der Newton‘schen Physik.“
[16] Wenn der VwGH in diesem Zusammenhang in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2015, Ro 2014/17/0121, anführt, dass er die vom LVwG OÖ in dessen Erkenntnis vom 30. April 2014, LVwG-410287, vertretene Rechtsansicht, dass gegen die Geltung des Amtswegigkeitsprinzips in einem gerichtlichen Strafverfahren verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art. 90 Abs. 2 B-VG, Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 EGRC bestehen, nicht nachvollziehen könne, so ist zwar zuzugestehen, dass in der hg. Entscheidung nicht dezidiert zum Ausdruck gebracht wurde, dass das Amtswegigkeitsprinzip im Anwendungsbereich des Verwaltungs(straf-)verfahrens den Charakter eines Inquisitionsprinzips annimmt und daher auch synonym in diesem Sinn zu verstehen ist; allerdings wird diese Ansicht der Sache nach einhellig (wenngleich gelegentlich euphemistisch umschrieben) schon seit dem Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze vertreten (vgl. z.B. A. Langer, Verwaltungs-Strafrecht und Strafverfahren [1926], 25; Ernst C. Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, Bd. II [1954], S. 3), sodass dem LVwG OÖ eine gesonderte Betonung dieses Umstandes entbehrlich erschien. Dessen ungeachtet dürfte es aber keinem Zweifel unterliegen, dass die Fortgeltung der Inquisitionsmaxime auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (allenfalls mit Art. 90 Abs. 2 B‑VG [so der VwGH im Erkenntnis vom 15. Dezember 2014, Zl. Ro 2014/17/0121], jedenfalls aber) nicht mit den europäischen Grundrechtsgewährleistungen des Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. des Art. 47 EGRC vereinbar ist.
[17] Vgl. jüngst auch BVerfG vom 16.12.2014, 1 BvR 2142/11 (= EuGRZ 2015, 239 ff), zur Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter bei Missachtung der Letztentscheidungskompetenz.
[18] Bedenklich insoweit BVerfG vom 16.12.2014, 1 BvR 2142/11 (= EuGRZ 2015, 239 ff), RN 43; eine derartige Auffassung lässt sich nur mit der Behauptung des Bestehens eines sog. „integrationsfesten Verfassungskerns“ begründen.
[19] Vgl. z.B. EuGH vom 30. Juni 2016, C-634/15 (Sokoll-Seebacher II, EU:C:2016:510), RN 19; wird die Stellung eines Vorlageantrages ohne zureichende Begründung unterlassen, liegt – gewissermaßen als Ausgleich dafür, dass das Unionsrecht keine Individualbeschwerdebefugnis an den EuGH kennt – eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK vor (vgl. jüngst EGMR vom 23. Mai 2016, 17502/07, RN 109 ff).
[20] Zu – eng beschränkten – Ausnahmekonstellationen vgl. jüngst EuGH vom 28. Juli 2016, C-379/15 (Association France Nature Environnement, EU:C:2016/603), RN 40 ff.
[21] Abrufbar unter http://www.lvwg-ooe.gv.at/383.htm.
[22] Vgl. näher den Evaluierungsbericht 2010-2014 des BMF, III-131 BlgNR, 25. GP, S. 37 ff.
[23] Vgl. Arthur Schroers und Christoph Lagemann, in: Jens Kalke – Sven Buth – Moritz Rosenkranz – Christian Schütze – Harald Oechsler – Uwe Verthein, Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich – Empirische Erkenntnisse zum Spielverhalten der Bevölkerung und zur Prävention der Glücksspielsucht, Lambertus-Verlag, Freiburg i.Br., 2011, S. 16.
[24] Vgl. Arthur Schroers und Christoph Lagemann, in: Jens Kalke – Sven Buth – Moritz Rosenkranz – Christian Schütze – Harald Oechsler – Uwe Verthein, Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich – Empirische Erkenntnisse zum Spielverhalten der Bevölkerung und zur Prävention der Glücksspielsucht, Lambertus-Verlag, Freiburg i.Br., 2011, S. 12.
[25] Vgl. dazu auch den Jahresbericht 2015 des Vereines „(Wiener) Spielsuchthilfe“ (downloadbar unter: http://www.spielsuchthilfe.at/pdf/spielsuchthilfe-jahresbericht-2015.pdf), S. 92 f .
[26] Dass die Anzahl der pathologisch Spielsüchtigen jene der bloß verhaltensauffälligen Spieler überwiegt, ist kaum verwunderlich, wenn man bedenkt, dass (vgl. dazu Sven Buth, in: Kalke u.a., Glücksspiel und Spielerschutz, S. 161) eine Verhaltensauffälligkeit vorliegt, wenn 3 oder 4 von insgesamt 10 DSM-IV-Kriterien erfüllt sind, ein pathologisches Spielverhalten aber bereits dann gegeben ist, wenn von den verbleibenden 6 DSM-IV-Kriterien bloß 1 weiteres hinzutritt, sodass insgesamt (bloß) 5 DSM-IV-Kriterien erfüllt sind.
[27] Vgl. Sven Buth, in: Jens Kalke – Sven Buth – Moritz Rosenkranz – Christian Schütze – Harald Oechsler – Uwe Verthein, Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich – Empirische Erkenntnisse zum Spielverhalten der Bevölkerung und zur Prävention der Glücksspielsucht, Lambertus-Verlag, Freiburg i.Br., 2011, S. 161.
[28] Abrufbar unter: http://www.praevention.at/seiten/index.php/nav.5/view.26/level.2/
[29] Internetadresse: www.praevention.at/seiten/index.php/nav.2/view.2/level.1/
[30] Vgl. Sven Buth, in: Jens Kalke – Sven Buth – Moritz Rosenkranz – Christian Schütze – Harald Oechsler – Uwe Verthein, Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich – Empirische Erkenntnisse zum Spielverhalten der Bevölkerung und zur Prävention der Glücksspielsucht, Lambertus-Verlag, Freiburg i.Br., 2011, S. 143 f.
[31] Auch der Autor der im Glücksspielbericht 2010-2013 des BMF bezogenen Studie bemerkt in diesem Zusammenhang selbst (vgl. Sven Buth, Repräsentativbefragung der Bevölkerung, in: Jens Kalke u.a. [Hrsg.], Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich, Lambertus-Verlag, Freiburg i. Br. 2011, S. 162): „Trotz komplexer Verfahren der Stichprobenauswahl und den Möglichkeiten einer nachträglichen Gewichtung stellen die Ergebnisse von Repräsentativbefragungen immer nur eine Schätzung der tatsächlichen Verhältnisse dar. Die in der oberen Tabelle 6.8 abgetragenen Anteile problematischen und pathologischen Spielens sind somit als (Punkt‑)Schätzungen der wahren Problemprävalenzen zu begreifen. Statistisch lässt sich ein Intervall berechnen, in welchem sich mit einer zuvor definierten Sicherheit – meistens 95 Prozent oder 99 Prozent – der wahre Wert befinden muss. Der obere und untere Wert dieses so genannten Konfidenzintervalls ist in Bezug auf das Ausmaß der vorhandenen Spielprobleme in Tabelle 6.9 dargestellt. Ein problematisches Spielverhalten zeigen demnach in Österreich zwischen 0,27 Prozent und 0,59 Prozent der Bevölkerung. Hochgerechnet auf die in Österreich lebenden Personen im Alter von 14 bis 65 Jahren sind dies zwischen 15.700 und 34.500 Betroffene. Das Konfidenzintervall des Anteils des Spielsüchtigen variiert zwischen 0,46 Prozent und 0,86 Prozent. Absolut zeigen somit zwischen 26.900 und 50.200 ÖsterreicherInnen ein pathologisches Spielverhalten“ (Hervorhebungen nicht im Original), sodass demnach das Gesamtintervall an problematischen und pathologischen Spielern zwischen 42.600 und 84.700 Personen läge und die Zahl von 64.000 somit einen ungefähren Mittelwert zwischen – allerdings zuvor autonom definierten – Sicherheitsgrenzen verkörpert.
[32] Downloadbar unter: http://www.spielsuchthilfe.at/pdf/spielsuchthilfe-jahresbericht-2015.pdf; vgl. insbesondere S. 40 ff., S. 47 ff und S. 54.
[33] Vgl. dazu insbesondere auch die Feststellung des Instituts „Suchprävention pro mente Oberösterreich“ im Factsheet Sucht - Abhängigkeit und Substanzkonsum, Version 2.4 vom 17. Juni 2016, S. 3 (Hervorhebungen nicht im Original): „Die Begriffe Abhängigkeit, Sucht, problematischer Konsum, Missbrauch, aktueller Konsum, Lebenszeitprävalenz des Konsums, Lebenszeitprävalenz der Abhängigkeit beziehen sich auf jeweils unterschiedliche Sachverhalte und es ist wichtig sich im Umgang mit epidemiologischen Prävalenzzahlen die Differenz der Begriffe ins Gedächtnis zu rufen. ..... Wie alle statistischen Materialien sind auch die hier vorgestellten Zahlen selbst kein Spiegel der Realität. Sie sind vielmehr durch Konstruktionsprozesse entstanden und im Umgang damit ist Vorsicht geboten. ..... Der bekannte Spruch: ‚Vertraue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast‘, bezieht sich auf diese Abstraktionsleistung bei der Erstellung von Statistiken. Statistiken entstehen auf dem Boden von gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Konventionen und Erzählungen und oft genug wird man auf Zahlentraditionen stoßen, deren rationale Begründung ausgedünnt, wenn nicht verloren ist. ..... Ebenso ist vor dem Rückschluss von statistischen Wahrscheinlichkeiten auf Kausalitäten zu warnen. Wahrscheinlichkeiten beziehen sich auf konstruierte gesellschaftliche Gruppen bei denen bestimmte Merkmale gehäuft beobachtet werden können. Wahrscheinlichkeiten beziffern die Häufigkeit eines Ereignisses in einer fiktiven Kohorte, in einer Grundgesamtheit. Wahrscheinlichkeiten beziehen sich jedoch per definitionem nicht auf eine konkrete Person, sondern auf einen konstruierten Kasus (einen Idealtypus); ..... . Der Schluss auf kausale Merkmale (Wahrscheinlichkeiten) der aggregierten Gruppe begründet kein Kausalmodell im Sinne der Newton‘schen Physik.“
[34] Vgl. dazu z.B. den „Jahresbericht 2015“ des Vereines „(Wiener) Spielsuchthilfe“, S. 14 (downloadbar unter: http://www.spielsuchthilfe.at/pdf/spielsuchthilfe-jahresbericht-2015.pdf); Gegenteiliges geht auch aus dem Evaluierungsbericht 2010-2014 des BMF (III-131 BlgNR, 25. GP) nicht hervor.
[35] Abrufbar unter: www.isd-hamburg.de/dl/Repraesentativbefragung_2015_Bericht_final.pdf.
[36] Projektleitung: Jens Kalke und Friedrich Martin Wurst; weitere Mitglieder des Projektteams: Sven Buth und Natasha Thon.
[37] Vgl. näher: www.isd-hamburg.de.
[38] Wodurch der Aspekt einer Neutralität und Unabhängigkeit dieser Institution schon von vornherein relativiert wird (vgl. insbesondere S. 7 dieser Studie: „Unterstützt wurde die Untersuchung von der Casinos Austria AG und der Österreichische Lotterien GmbH, die durch eine finanzielle Förderung an die Gesellschaft zur Erforschung nicht stoffgebundener Abhängigkeiten [GES] die Realisierung dieser Studie möglich gemacht haben. Die GES ist Zuwendungsgeber und Vertragspartner für das ISD. Ein der GES zugeordneter Beirat hat die Untersuchung inhaltlich begleitet.“ [Hervorhebungen nicht im Original]).
[39] Vgl. https://www.bmf.gv.at/steuern/gluecksspiel-spielerschutz/in-oesterreich/Gluecksspiel-Bericht-2010-2013.html
[40] Und im Jahr 2014 weitere 625 (vgl. den Evaluierungsbericht 2010-2014, III-131 BlgNR, 25. GP, S. 43).
[41] Nämlich: 5 Verurteilungen im Jahr 2013 (vgl. Statistik Austria, Gerichtliche Kriminalstatistik 2014, S. 59), 2 Verurteilungen im Jahr 2012 (vgl. Statistik Austria, Gerichtliche Kriminalstatistik, 2013, S. 63) und 11 Verurteilungen im Jahr 2011 (vgl. Statistik Austria, Gerichtliche Kriminalstatistik, 2013, S. 112, jeweils unter www.statistik.at/web_de/services/publikationen/6/index.html?id=6&listid=6&detail=625 downloadbar).
[42] Vgl. Judith Köberl – Franz Prettenthaler, Kleines Glücksspiel – Großes Leid: Empirische Untersuchungen zu den sozialen Kosten des Glücksspiels in der Steiermark (Schriftenreihe des Institutes für Technologie- und Regionalpolitik der Joanneum Research, Bd. 10), Leykam-Verlag, Graz 2009.
[43] Vgl. Judith Köberl – Franz Prettenthaler, Kleines Glücksspiel – Großes Leid: Empirische Untersuchungen zu den sozialen Kosten des Glücksspiels in der Steiermark (Schriftenreihe des Institutes für Technologie- und Regionalpolitik der Joanneum Research, Bd. 10), Leykam-Verlag, Graz 2009, S. 108 ff (insbes. S. 112) und S. 172.
[44] Selbst wenn man noch jene Fälle, in denen Glücksspielsucht auch als Teilmotiv fungierte (vgl. Judith Köberl – Franz Prettenthaler, Kleines Glücksspiel – Großes Leid: Empirische Untersuchungen zu den sozialen Kosten des Glücksspiels in der Steiermark [Schriftenreihe des Institutes für Technologie- und Regionalpolitik der Joanneum Research, Bd. 10], Leykam-Verlag, Graz 2009, S. 112) hinzurechnet, ergibt dies insgesamt bloß 25 Fälle von glücksspielmotivierter Beschaffungskriminalität im Sprengel des OLG Graz in einem Zeitraum von 18 Monaten (Gesamtjahr 2006 und erstes Halbjahr 2007); statistisch hochgerechnet würde dies in allen 4 OLG-Sprengeln – und damit österreichweit – eine (fiktive) Anzahl von lediglich 66,7 Fällen jährlicher Beschaffungskriminalität ergeben.
[45] Vgl. den Evaluierungsbericht 2010-2014 des BMF, III-131 BlgNR, 25. GP, S. 25 ff, insbesondere 27 f.
[46] Also zwischen drei bis fünf Jahren (vgl. z.B. Wirtschaftskammern Österreichs – Gründerservice [Hrsg.], Das verflixte dritte Jahr und weitere praktische Tipps für die Nachgründungsphase, Wien 2015 [https://www.gruenderservice.at/Content.Node/gruenden/Broschueren/verflixte3jahr_2015.pdf], S. 7).
[47] Im Bundesland Oberösterreich wurden die Konzessionen für die sog. „Landesausspielungen“ im Jahr 2013 rechtskräftig vergeben; vgl. im Übrigen auch FN 101.
[48] Vgl. auch: https://service.bmf.gv.at/budget/akthh/2014/201412FH_ug16.htm.
[49] Siehe zur Novelle BGBl I 111/2010 auch 981 BlgNR, 24. GP, insbes. S. 148 ("Die Höhe der Gebühren in Zusammenhang mit der Antragstellung und der Konzessionserteilung ergeben sich aus der Notwendigkeit zur Durchführung aufwändiger Konzessionierungsverfahren. ..... Zudem besteht auf Grund der Ertragskraft der glücksspielrechtlichen Konzessionen ein hohes Interesse der Konzessionswerber an der Erteilung einer Konzession, in deren Licht die Höhe der Gebühren keinesfalls unangemessen ist.").
[50] Abrufbar unter: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150408_OTS0039.
[51] In den Jahren 2010 bis 2013 beliefen sich die Einnahmen des Bundes im Jahresdurchschnitt auf ca. 121,411 Milliarden Euro (vgl. Statistik Austria, Gebarungsübersichten 2013 [2014], S. 18 [downloadbar unter: www.statistik.at/web_de/services/publikationen/19/index.html), sodass der aus den Glücksspielabgaben resultierende Anteil ca. 0,4% der Gesamteinnahmen beträgt.
[52] Gebühren von 10.000 Euro für die Antragstellung und von 100.000 Euro im Falle der Erteilung einer Konzession, wie diese in § 59a Abs. 1 Z. 1 und 2 GSpG vorgesehen sind, finden in der gesamten übrigen Rechtsordnung – soweit ersichtlich – keine adäquate Entsprechung.
[53] Gleiches gilt im Übrigen auch für jene Länder, in denen Ausspielungen gemäß § 5 GSpG zulässig sind; vgl. z.B. für Oberösterreich Blg 327/2011 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags, 27. GP, insbes. S. 2 ff und 12 f.
[54] Zum weder in der EGRC noch in der EMRK explizit positivierten, in Verbindung mit einzelnen Grundrechtsgewährleistungen jedoch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abgeleiteten sog. „Richtervorbehalt“ vgl. im Zusammenhang mit Art. 7 EGRC z.B. EuGH vom 8. April 2014, C-293/12 (Digital Rights Ireland, EU:C:2014:238), RN 62, im Zusammenhang mit Art. 8 EMRK bspw. EGMR vom 2. September 2010, 35623/05, RN 71, bzw. vom 25. März 1998, 23224/94, RN 72, sowie im Zusammenhang mit § 3 HausRG etwa VfSlg 6553/1971, S. 737 f (m.w.N.); zum Begriff vgl. näher W. Berka, Die Grundrechte, Wien 1999, RN 257, und J. Hengstschläger – D. Leeb, Grundrechte, 2. Aufl., Wien 2013, RN 1/56.
[55] Dieser Antrag wurde vom VfGH mit Beschluss vom 15. Oktober 2016, G 103/2016, aus formellen Gründen zurückgewiesen; seiner verfassungsmäßigen Verpflichtung, einen neuerlichen, nunmehr den Anforderungen des Art. 140 B‑VG entsprechenden Antrag einzubringen, ist der OGH bislang nicht nachgekommen.
[56] Abrufbar unter http://www.lvwg-ooe.gv.at/383.htm.
[57] Vgl. z.B. (Hervorhebungen jeweils nicht im Original) RN 98 („Der Verwaltungsgerichtshof hegt sohin insgesamt keine Zweifel daran, dass mit der Einführung der Regelung über die Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten in § 5 GSpG eine Verbesserung des Spielerschutzes beabsichtigt und erreicht wurde.“), RN 117 („Durch die Festlegung eines normativen Rahmens und einer damit einhergehenden strikten behördlichen Kontrolle wird Sorge dafür getragen, dass die Ziele tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden.“) und RN 122 („Es wurde bereits dargelegt, dass im GSpG die angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität sowie der Verhinderung von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden. Diese Ziele können nicht bloß als Vorwand für die Beibehaltung der Monopolregelung bzw. einer Einnahmenmaximierung angesehen werden.“).
[58] Symptomatisch dafür etwa RN 108, wo aus dem Umstand, „dass Spielsucht und Kriminalität ..... in Österreich im betrachteten Zeitraum seit 2010 keine überdurchschnittlich maßgeblichen oder gesamtgesellschaftlich relevanten Probleme darstellten“ der Schluss gezogen wird, dass dieser Effekt nur daraus resultieren könne, dass „die Beschränkung der Möglichkeit der Teilnahme an Glücksspielen durch ein Monopolsystem, das mit einem Konzessionssystem kombiniert wurde, bereits seit langer Zeit (beginnend im 18. Jahrhundert) bestand“, wodurch „eindrucksvoll belegt“ wird, „dass das vom österreichischen Gesetzgeber seit langer Zeit gewählte System zur Beschränkung der Möglichkeiten, in Österreich an Glücksspielen teilzunehmen, die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele des Spielerschutzes, sowie der Bekämpfung von Spielsucht und Kriminalität im Zusammenhang mit Glücksspielen erreichte.“. Auf den daraus resultierenden Widerspruch zur Argumentation in RN 78 (vgl. ebenso RN 99, RN 103 und 106), wo der VwGH jeweils selbst davon ausgeht, dass illegales Glücksspiel ein permanentes Problem verkörpert, dem durch ständige Novellierungen des GSpG begegnet werden muss („So wird in den Gesetzesmaterialien ausgeführt, es hätten sich in der Zeit vor dieser Novelle illegale Automatenkasinos ausgebreitet, die in keinerlei Hinsicht Schutz für das Spielerpublikum böten: Weder könne der Bund die illegal aufgestellten Glücksspielautomaten beaufsichtigen, noch hätten die Betreiber oder Aufsteller eine Verantwortung gegenüber dem Spieler. Schon zum Schutz des Spielerpublikums seien rasch durchgreifende Maßnahmen erforderlich [vgl ErläutRV 17. GP, BlgNr 1067, 21].“), und in RN 109 („Die zentralen Probleme in Österreich im Bereich des Glücksspieles in den letzten Jahren lagen nicht primär im Anstieg der Anzahl der Spielsüchtigen und der Kriminalität im Zusammenhang mit Glücksspielen, sondern vielmehr darin, dass die von Anbietern, die über keine Konzession oder Bewilligung verfügten, bereitgestellten Gelegenheiten an zahlreichen [neuen] Glücksspielen auch über neue Technologien [Online-Glücksspiel] teilzunehmen, stark zunahmen; mit anderen Worten: Man war mit einer immensen Ausweitung des illegalen Glücksspiels konfrontiert. Dieser Umstand ist schon aus den vom Landesverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen zu den nach dem GSpG erfolgten Bestrafungen, Beschlagnahmen und Einziehungen ersichtlich.“; Hervorhebungen jeweils nicht im Original) sei hingewiesen.
[59] Vgl. in diesem Sinne Ch. Grabenwarter – K. Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, 6. Aufl. (2016), 571, RN 171.
[60] Selbst wenn man die hochgerechnete Zahl von 64.000 spielsüchtigen Personen als vorbehaltlos zutreffend unterstellen würde, entspräche dies lediglich einem Anteil von ca. 1/133 an der österreichischen Gesamtbevölkerung.
[61] Vgl. z.B. VwGH vom 20. Oktober 2015, Ra 2014/09/0028, m.w.N.; s.a. P. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit (1983), 173.
[62] Vgl. jüngst EuGH vom 11. September 2014, C-112/13 (EU:C:2014:2195), RN 36, und vom 4. Juni 2015, C-5/14 (Kernkraftwerke Lippe-Ems; EU:C:2015:354), RN 32.
[63] Siehe auch F. Leidenmühler, Kohärenz im österreichischen Glücksspielrecht? – Wertungswidersprüche und Judikaturdivergenzen, MR 2016 (in Druck); C. Lanser, In dubio pro Vorlagepflicht, ecolex 2016, 1030 ff; A. Grof, Monopolkompetenz des EuGH in Fragen der Vereinbarkeit von innerstaatlichem Recht mit Unionsrecht vs. Kompatibilitätsprüfungsmonopol nationaler Höchstgerichte: Grundbedingungen für ein Harmonisierungsmodell, SPRW 2016, 110 und 116; ders., Unionsrechtskompatibilität: Keine Bindung an Höchstgerichte – insb nicht bei Judikaturdivergenz (zB Glücksspielmonopol)?!, ecolex 2016, 739.