Wettbüroschließungen in Rheinland-Pfalz bis 2010 waren rechtswidrig – Land unterliegt bei Bundesverwaltungsgericht
Ein Artikel von Rechtsanwalt Dr. Thomas Bartholmes
Das Bundesverwaltungsgericht hat in vier Verfahren, in denen Sportwettvermittler durch die Kanzlei Kuentzle Rechtsanwälte vertreten worden sind, die vom Land Rheinland-Pfalz erhobenen Nichtzulassungsbeschwerden gegen Urteile des OVG Rheinland-Pfalz betreffend die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten in den Jahren 2007 bis 2010, u.a. das Urteil vom 13.03.2012 zurückgewiesen (u.a. Beschl. v. 17.10.2012, 8 B 52.12). Damit steht die Rechtswidrigkeit der entsprechenden Verfügungen für den betreffenden Zeitraum rechtskräftig fest.
Das OVG Rheinland-Pfalz hatte die Rechtswidrigkeit der Untersagungen daraus hergeleitet, die Untersagungen seien ermessensfehlerhaft mit der Monopolisierung öffentlicher Glücksspiele in Deutschland begründet und aufrechterhalten worden. Die Monopolregelung sei mit der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV = Art. 56 AEUV) unvereinbar gewesen, weil die Lotto Rheinland-Pfalz GmbH nicht darauf verzichtet habe, durch Werbemaßnahmen die Wettbereitschaft zu fördern, sondern vielmehr unter Verstoß gegen § 5 Abs. 1, 2 GlüStV a.F. die Sportwette ODDSET beworben habe. Die Rechtswidrigkeit könne im Hinblick auf die Absicht, polizeirechtliche Entschädigungsansprüche gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 POG RP geltend zu machen, auch für bereits abgelaufene Zeiträume in der Vergangenheit gerichtlich festgestellt werden.
Polizeirechtliche Entschädigungsansprüche wegen rechtswidriger Maßnahmen, wie sie in den meisten Bundesländern, nicht so Bayern, geregelt sind, bleiben von den Urteilen des Bundesgerichtshofes vom 18.10.2012 zu Staatshaftungsklagen gegen den Freistaat Bayern und bayerische Kommunen (III ZR 196/11, III ZR 197/11) unberührt. Ohnehin dürften die dortigen Urteile, denen keine Feststellungen zu monopolunverträglichen Werbemaßnahmen der bayerischen Staatlichen Lotterieverwaltung zugrundeliegen, auf andere Bundesländer nicht ohne weiteres übertragbar sein.
Der Anspruch nach § 68 Abs. 1 S. 2 POG RP verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Geschädigte von dem Schaden Kenntnis erlangt hat (d.h. nicht notwendigerweise am Jahresende wie nach BGB!). Die Betroffenen der Schließungswelle 2009/10, als nahezu alle Wettbüros in Rheinland-Pfalz auf Druck der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier den Betrieb einstellen mußten, sollten, wenn sie Entschädigungsansprüche gerichtlich geltend machen wollen, daher keine Zeit verlieren, nachdem nunmehr hinsichtlich der Rechtswidrigkeit des behördlichen Vorgehens Klarheit besteht.
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