Mittwoch, 29. Juni 2011

Kieler Koalition hält an Glücksspiel-Alleingang fest

Kiel (dpa/lno) - Der geplante Sololauf der CDU/FDP-Koalition bei der Liberalisierung des Glücksspiels ist am Mittwoch im Kieler Landtag erneut heftig von der Opposition kritisiert worden. CDU und FDP wollen an ihren Liberalisierungs-Plänen festhalten, da ihnen der Entwurf der übrigen Bundesländer nicht weit genug geht. SPD und Grüne fordern eine bundeseinheitliche Regelung. Sie befürchten eine Isolation des Landes und werfen der Regierung Klientelpolitik vor.
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Glücksspielstaatsvertrag
Kieler Gesetzentwurf


Zwei Zocker gegen den Rest der Republik
Die Landespolitiker Wolfgang Kubicki und Hans-Jörn Arp wollen das staatliche Glücksspielmonopol kippen und Schleswig-Holstein zum neuen Spieleparadies machen. Ihre Chancen stehen gut.
Vielleicht schwenken die anderen Länder in letzter Minute auf den schleswig-holsteinischen Kurs ein. Hessen und Sachsen senden bereits entsprechende Signale, sagt Kubicki. Und was geschieht, falls die Länder den alten Vertrag einfach verlängern, um Zeit zu gewinnen? "Dann", sagt Arp, "ziehen wir das eben allein durch."
Man muss das ernst nehmen. Schon einmal ist Schleswig-Holstein aus einem Staatsvertrag ausgestiegen. Damals ging es um Radio und Fernsehen. Es war die Geburtsstunde des privaten Rundfunks.
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EU prüft Glücksspielstaatsvertrag
Das deutsche Nevada
Bei Sportwetten verzocken die Deutschen Milliarden auf einem Schwarzmarkt. Jetzt soll das Geschäft eine neue Rechtsgrundlage erhalten - sehr zum Ärger privater Anbieter, die das Staatsmonopol kritisieren. weiterlesen

Glücksspielgesetz: Schleswig-Holstein verschärft Spielsuchtprävention

Deutscher Lottoverband kritisiert pauschale Regelung
29.06.2011 – Heute fand im Kieler Landtag die zweite Lesung zum schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzentwurf statt. Dabei wurde auch ein Änderungsantrag der Regierungsfraktionen von CDU und FDP verabschiedet, der weitergehende Regelungen des Sozialkonzeptes vorsieht. So sollen Anbieter von Glücksspielen umfangreichere Hilfsmaßnahmen als bislang geplant für spielsuchtgefährdete Spieler bereit stellen.

"Der Maßnahmenkatalog ist in seiner pauschalen Ausgestaltung nicht sachgerecht, denn er gilt für alle Glücksspielarten ungeachtet deren Gefahrenpotential", kritisiert Norman Faber, Präsident des Deutschen Lottoverbandes (DLV). Der Verband empfiehlt eine gefahrenadäquate Regelung.

Alle wissenschaftlichen und repräsentativen Studien belegen, dass von Lotterien keine Spielsuchtgefahr ausgeht. Dies hatten die Suchtverbände und Suchtberatungsstellen in den ausführlichen Anhörungen zum schleswig-holsteinischen Gesetzentwurf bestätigt. Zu dem gleichen Ergebnis kam zudem das Verwaltungsgericht Halle in den Ausführungen zu seinen Grundsatzurteilen vom 11. November letzten Jahres, die seit gestern rechtskräftig sind. Das Gericht hatte sämtliche Restriktionen des Glücksspielstaatsvertrages für private Lotterievermittler für unanwendbar erklärt, nachdem es sich selbst davon überzeugt hatte, dass es keinerlei Anhaltspunkte für eine nennenswerte Suchtgefahr bei Lotto gibt. Dies wäre aber, so das Gericht, zur Rechtfertigung der drastischen Verbote für den privaten Vertrieb erforderlich gewesen.

"Die jetzt von Schleswig-Holstein geplanten Verschärfungen sind für Lotto und Lotterien nicht erforderlich", so Faber. "Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen."

Quelle: Deutscher Lottoverband

Hans-Jörn Arp zur Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrages
Der schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete Hans-Jörn Arp (CDU) hat in seinem heutigen (29. Juni 2011) Debattenbeitrag zur Neuordnung des Glücksspiels die relevanten Änderungen des bisherigen Entwurfes heraus gestellt:

  • Bei der Genehmigung von Wetten auf Ausgang oder Verlauf eines Sportwettbewerbs ist Einvernehmen mit dem Fachbeirat bei der Prüfstelle herzustellen (§ 4 Abs. 1)
  • Die Genehmigung zur Veranstaltung von Glücksspielen ist künftig auch zu versagen, "wenn der Veranstalter unzuverlässig ist" (§ 4 Abs. 2)
  • Die Erstgenehmigung zur Veranstaltung von Glücksspielen wird auf sieben statt auf zwei Jahre begrenzt (§ 4 Abs. 3)
  • Das Lottomonopol des Landes wird noch einmal ausdrücklich mit der "effektiven Manipulations- und Betrugsprävention" begründet (§ 6 Abs. 2)
  • Der Ausschluss mutmaßlich spielsüchtiger Personen aus Spielbanken kann künftig auch aufgrund "berechtigter Hinweise Dritter" erfolgen (§ 17 Abs. 2); eine Aufhebung des Ausschlusses kann nur erfolgen, wenn der Spieler "glaubhaft versichert", nicht mehr spielsüchtig zu sein (§ 17 Abs. 5)
  • Wer selbst an einem Sportereignis beteiligt ist und gleichzeitig selbst darauf wettet bzw. das Wetten durch andere fördert, kann mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro belegt werden (§ 21 Abs. 3)
  • Wer Wetten veranstaltet, darf Wettkunden keine Kredite gewähren, die diese zum Spiel einsetzen (§ 21 Abs. 6)
  • Mit Blick auf Werbung wird klargestellt, dass sich diese nicht gezielt an Minderjährige richten darf (§ 26)
  • Hinsichtlich des Sozialkonzepts werden die Bestimmungen noch präziser gefasst; Anbieter öffentlicher Glücksspiele müssen unter anderem "im Rahmen der Prävention leicht zugängliche und leicht verständliche Informationen" über Spielrisiken, Adressen von Beratungsstellen und Selbsterhebungsbogen zur Suchtgefährdung bereitstellen (§ 28 Abs. 2); der Prüfstelle ist alle zwei Jahre ein Bericht über die Anstrengungen der Glücksspielanbieter zuzuleiten (§ 28 Abs. 4)
  • Die Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Prüfstelle wird neu gefasst; unter anderem gehören ihm künftig je ein Repräsentant des Deutschen Olympischen Sportbundes, des Verbraucherschutzes, der Suchtverbände und des Finanzministeriums an (§ 33 Abs. 4 neu); der "organisierte Sport" ist künftig im Fachbeirat vertreten (§ 34)
  • Es wird präzisiert, das 5 % des Aufkommens aus der Abgabe auf Online-Glücksspiele "zur Finanzierung der Suchtarbeit sowie zur Finanzierung der Schuldner- und Insolvenzberatung" zu verwenden ist
Der Landtagsabgeordnete betonte, dass angesichts der Verzögerungen bei der Beratung des Glücksspieländerungsstaatsvertrages die Bereitschaft Schleswig-Holsteins, eine endgültige Entscheidung über ein eigenes Glücksspielgesetz auf August zu verschieben, zielführend sei. Arp kündigte an, dass ein Ausführungsgesetz für die Verteilung der Lottomittel an den Sport in der dritten Lesung übernommen werde.

Quelle: CDU Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag