Donnerstag, 17. September 2020

Die Landesregierung will die WestSpiel-Gruppe verkaufen


Anhörung: Sachverständige äußern sich zu geplantem Spielbankgesetz

07.05.2020 / Die Landesregierung will die WestSpiel-Gruppe verkaufen. WestSpiel betreibt die vier Spielbanken in Nordrhein-Westfalen an den Standorten Aachen, Bad Oeynhausen, Dortmund und Duisburg. Zum entsprechenden Gesetzentwurf äußerten sich Sachverständige in einer gemeinsamen Anhörung des Haushalts- und Finanzausschusses, des Hauptausschusses sowie des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

Derzeit sehe das Spielbankgesetz noch ein Monopol des Landes vor, heißt es im Entwurf zum „Gesetz über die Zulassung öffentlicher Spielbanken im Land Nordrhein-Westfalen“ (17/8796), kurz „Spielbankgesetz NRW“. Die Genehmigung zum Betrieb einer Spielbank solle künftig im Rahmen eines Konzessionsverfahrens erfolgen. Es solle nur eine Konzession erteilt werden, „die die Erlaubnis zum Betrieb von bis zu sechs Spielbanken beinhaltet“. Aktuell gibt es in NRW vier Spielbanken. Durch den wettbewerbsfreien Betrieb werde „das Risiko vermindert, dass exzessiv um Gäste geworben wird und dadurch Personen zum Glücksspiel verleitet werden, die zuvor hierzu keinen Entschluss gefasst hatten“, so die Landesregierung.

„Grundsätzlich richtige Richtung“

Der Gesetzentwurf gehe „grundsätzlich in die richtige Richtung“, so Rechtsanwalt Rolf Karpenstein (Rechtsanwälte Blume, Ritscher, Nguyen, Rega; Hamburg) in seiner Stellungnahme für die Ausschüsse. An einigen Punkten müsse jedoch noch „geschliffen werden“. So könne die Vergabe nur einer Konzession, an der dann die Betriebserlaubnis für die jeweiligen Spielbanken angehängt werde, „möglicherweise nicht ganz unproblematisch sein“.

Das bisherige Staatsmonopol für Spielbanken sei verfassungs- und unionsrechtlich gut abgesichert, schreibt Prof. Dr. Jörg Ennuschat (Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für Öffentliches Recht) in seiner Stellungnahme. Dennoch stehe es dem Gesetzgeber frei, sich für ein anderes Regulierungsmodell zu entscheiden.

Es sei begrüßenswert, dass die Landesregierung beabsichtige, sich auf die Rolle des „Regulierers“ und Aufsehers zu beschränken und auf eine aktive Marktteilnahme zu verzichten, befindet Prof. Dr. Justus Haucap (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät). Es seien „keine Gründe erkennbar, warum der Staat das unternehmerische Risiko bei Spielbanken vollständig übernehmen sollte“. Eine private Betriebsführung und Übernahme der unternehmerischen Risiken erscheine „eindeutig vorzugswürdig“.

Die NRW.Bank begrüßt die geplanten Änderungen. Der Gesetzentwurf enthalte wichtige Neuregelungen zur Sicherstellung eines wirtschaftlichen tragfähigen Spielbankangebots.

Eine Privatisierung der Spielbanken würde eine „Verwerfung im Bereich der Kontrolle beseitigen“, so die Kölner Fachstelle Glücksspielsucht. Derzeit sei der Staat Anbieter und zugleich Kontrolleur. Die Privatisierung führe zu einer „klaren Trennung“ und damit zu einem verbesserten Verbraucherschutz.

Mit den bisherigen Fassungen des Spielbankgesetzes habe das Land die Existenz und die Arbeit der „Stiftung Wohlfahrtspflege NRW“ gesichert, betont die Stiftung. Man habe Projekte für soziale Zwecke mit rund einer Milliarde Euro aus der Spielbankabgabe gefördert. „Für die wichtige Arbeit der Stiftung ist es elementar, dass ihr auch in Zukunft verlässlich ein jährlicher Betrag in der bisherigen Höhe aus dem Landeshaushalt oder unmittelbar aus der Spielbankabgabe zur Verfügung steht.“ 

Kritik an weiteren Spielbanken

Die „Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht NRW“ kritisiert, dass „mindestens vier Spielbanken verpflichtend und zwei weitere Spielbanken unverlangt betrieben werden können“. Bei Spielhallen seien in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen worden, „um die Verfügbarkeit aus suchtpräventiven Gründen zu reduzieren“. Die Forschung zeige, „dass Verfügbarkeitsbeschränkungen eine wirksame Maßnahme sind“. Umso erstaunlicher sei, dass bei den Spielbanken der entgegengesetzte Weg beschritten werden solle.

Die Argumente der Landesregierung für eine Privatisierung seien stichhaltig und evident, so der Konzernbetriebsrat WestSpiel. Der Gesetzentwurf enthalte „grundsätzlich viele Anlagen für ein funktionierendes Casino-Spiel in Nordrhein-Westfalen. Einige bergen jedoch das Risiko, dass der Schutz der Bevölkerung und die Sicherung von Arbeitsplätzen hinter wirtschaftlichen Interessen zurückbleiben“.

Kritik am Gesetzentwurf kommt auch von Gewerkschaftsseite. Der Schutz von Spielerinnen und Spielern werde nicht verbessert, so die Deutsche Steuer Gewerkschaft. Sie fürchtet zudem ein Mehr an Bürokratie. Unklar bleibe, „warum zwei weitere Spielbanken zugelassen werden sollen“. Vier Spielbanken in NRW seien ausreichend. 

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter empfiehlt ebenfalls, die mögliche Eröffnung zweier weiterer Spielbanken aus dem Gesetzentwurf zu streichen. Entscheidend für die Option seien offenbar „unternehmerische Entscheidungen der Gewinnmaximierung“.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi vermisst eine „schlüssige Begründung, warum die NRW-Spielbanken privatisiert werden müssen“. Die Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beschäftigten finde sich „an keiner Stelle im vorliegenden Entwurf wieder“. Es gebe weder eine Standort- noch eine Beschäftigungsgarantie.

Die Städte Aachen, Bad Oeynhausen, Dortmund und Duisburg forderten in ihren Stellungnahmen u. a. eine gesetzliche Absicherung als Spielbankstandorte.  

Alle eingegangenen Stellungnahmen finden Sie hier.

Quelle