Montag, 4. Mai 2020

Covid-19 - Besteht noch immer eine "epidemische Lage von nationaler Tragweite" ?



Seuchenschutz
Infektionsschutzgesetz - IfSG
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/IfSG/ifsg_node.html

Infektionsschutzgesetz
Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020
"§ 5 Epidemische Lage von nationaler Tragweite"
neue Form des Ausnahmezustandes - es wurden weitreichende Befugnisse in die Hände des Gesundheitsministers gelegt
§ 28 schränkt die Art. 2 Die Freiheit der Person, Art. 8 Die Versammlungsfreiheit, Art. 11 Die Freizügigkeit, Art. 13 Die Unverletzlichkeit der Wohnung, dabei stellt sich die Frage: ist dieser kollektive Grundrechtseingriff noch verhältnismäßig?

"Zur Abwehr einer Pandemie sind auch Grundrechtseingriffe möglich", sagt der Jurist und Rektor der Universität Mannheim, Thomas Puhl. "Sie müssen aber geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein." Das Infektionsschutzgesetz gibt den Behörden hier zahlreiche Möglichkeiten zur Gefahrenabwehr. "Begrenzt ist das praktisch nur durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn habe gegenüber den Ländern kaum Befugnisse, heißt es in dem Gutachten. Sein Ministerium könne gemäß Paragraf 5 Absatz 6 des Infektionsschutzgesetzes in einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite Empfehlungen abgeben, um ein koordiniertes Vorgehen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. Dabei kann es sich auf das Robert Koch-Institut berufen.
Dadurch werde die Kompetenz der Bundesländer zur landeseigenen Verwaltung im Bereich des Infektionsschutzes aber "nicht eingeschränkt", so das Gutachten. Ein "verbindliches Weisungsrecht" des Robert Koch-Instituts gegenüber Behörden der Bundesländer lege das Infektionsschutzgesetz nicht fest.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wolgang-kubicki-die-kanzlerin-bewegt-sich-am-rande-der-amtsanmassung-a-fdfabd58-1a99-47be-93a8-cbdb22dd0e43
Hier stellt sich die Frage, ob die am 4.5.2020 00:00 gemeldete Zahl von 679 Neuinfektionen bei einem 80-Millionen-Volk, das seine für diese Krankheit reduzierte Krankenhausbettenkapazität deutlich reduzierte, noch von einer "epidemischen Lage von nationaler Tragweite" gesprochen werden kann.
Die Krankheit kam mehr oder weniger bundesweit vor. Das Infektionsgeschehen kam aber in vielen Bereichen zu einem vollständigen Stillstand und ist hauptsächlich nur noch in einigen Clustern aktiv. Dabei spielt sich das heutige Infektionsgeschehen zum großen Teil in einem von der Allgemeinheit abgeschirmten Bereich statt, den staatliche Stellen zu verantworten haben, wie bzw. Krankenhäuser, Heime (Alter- und Pflegeheime) und Massenunterkünfte (Gefängnisse, Flüchtlingsheime u.a.).

Eine mögliche Ansteckungsgefahr rechtfertigt keineswegs neben den "milderen Mitteln" eine landesweite Ausgangsbeschränkung aufrecht zu erhalten. Die getroffenen Maßnahmen müssen, um geeignet, erforderlich und verhältnismäßig zu sein, auf das absolute Minimum von Grundrechtseinschränkungen beschränkt werden und dürfen nur so lange fortgeführt werden, wie dies unbedingt notwendig ist. Dabei ist Ursache und Wirkung der Maßnahme täglich zu überprüfen und das mildeste Mittel anzuwenden. Nur im absoluten Ausnahmefall wären die getroffenen Maßnahmen in regional begrenzten Gebieten zulässig.
Nach der EuGH/BVerfG Rechtsprechung ist die verfügende Behörde nachweispflichtig, die belegen muss, das die getroffenen Maßnahmen kumulativ - „geeignet, erforderlich und verhältnismäßig“ - sind. Sollte ein Kriterium fehlen, wäre die Maßnahme grundrechts- und verfassungswidrig.
Die „neuere“ Begründung, das ganze Land müsse den Stillstand so lange durchhalten, bis der letzte Ansteckungsherd gefunden wurde, ist aus meiner Sicht unverhältnismäßig und damit grundrechts- und verfassungswidrig.

Entsprechend der durch das RKI veröffentlichten Zahlen* stellt die Krankheit derzeit kein allgemeines bundesweites Problem - von nationaler Tragweite - mehr dar. Damit sind grundrechtseinschränkende Maßnahmen nur zulässig, wenn diese anlassbezogen und zielgerichtet sind. Das schließt landesweite Maßnahmen grundsätzlich aus. Das Virus ist nur dort gefährlich, wo es auch aktiv weitergegeben werden kann.

Ob ein rechtswidriger "erweiterter Hausarrest" den Tatbestand einer "Freiheitsberaubung"** erfüllt, werden die Gerichte klären müssen.

V. Stiny



Quelle: RKI - Epidemiologisches Bulletin 17/2020

update vom 15.05.2020

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hatte mit Beschluss vom 11. Mai 2020 (13 MN 143/20) die generelle Quarantänepflicht einstweilig außer Vollzug gesetzt, nachdem ein Anwalt geklagt hatte, der in Schweden ein Ferienhaus hat.

"Freiheit in erheblichem Maße beschränkt"

Die Richter des Oberverwaltungsgerichts argumentieren, dass das Infektionsschutzgesetz eine Regelung durch Rechtsverordnung nur zulasse, wenn bestimmte Voraussetzungen vorlägen.
Dieses Gesetz sehe Quarantäne nur für bestimmte Personen vor - etwa Kranke oder Krankheitsverdächtige.

Im Hinblick auf die weltweiten Fallzahlen, die in Relation zur Weltbevölkerung zu setzen seien, könne auch bei Berücksichtigung einer hohen Dunkelziffer ein aus dem Ausland Einreisender aber nicht pauschal als Krankheits- oder Ansteckungsverdächtiger angesehen werden.
Die Freiheit von Menschen, die unter Quarantäne gestellt würden, werde in erheblichem Maße beschränkt. Es sei aber möglich, durch Rechtsverordnungen Risikogebiete auszuweisen, die die Verhängung einer Quarantäne rechtfertigten, argumentierten die Richter. Alternativ könne der Staat Menschen, die aus dem Ausland einreisen, verpflichten, sich unverzüglich bei den jeweils zuständigen Infektionsschutzbehörden zu melden. Diese könnten dann - etwa durch Befragungen und/oder Tests - Maßnahmen ergreifen.

https://www.tagesschau.de/inland/quarantaenepflicht-corona-101.html
http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=MWRE200001695&st=null&showdoccase=1

Jena: nur 4 Neuinfektionen in 30 Tagen

Wie bereits aus Südkorea, Taiwan oder auch Japan bekannt ist, kann die "Pandemie" durch das Tragen von Masken in Verbindung mit den Hygienemaßnahmen beherrscht werden!

Das wir das auch können zeigt die Großstadt Jena, in der es in 4 Wochen nur 4 Neuansteckungen gab.

Nach Angaben der Stadtverwaltung gab es am 15.04.2020 in Jena 155 Meldungen über Corona-Erkrankungen
https://www.jenatv.de/mediathek/54593/Jenaer_Corona_Neuigkeiten_vom_Mittwoch_Siebter_Tag_ohne_gemeldete_Corona_Neuinfektionen_in_Jena.html
Am 15.05.2020 gibt es 159 bestätigte Fälle
https://gesundheit.jena.de/de/coronavirus

Damit wurden in Jena nur 4 Neuinfektionen in 30 Tagen festgestellt

Thüringer Corona-Bilanz: landesweit 28 Neuinfektionen in den vergangenen 24 Stunden
(Stand: 10. Mai 2020, 10 Uhr)
https://www.oscar-am-freitag.de/beitraege-gotha/thueringer-corona-bilanz-28-neuinfektionen-in-den-vergangenen-24-stunden/

Slowenien hat nach einem erheblichen Rückgang der Ansteckungszahlen die Coronavirus-Pandemie für beendet erklärt
https://www.diepresse.com/5813998/corona-pandemie-beendet-slowenien-offnet-ab-sofort-alle-grenzen-fur-eu-burger

update vom 29. Mai 2020

Corona-Ausbruch in Deutschland - Die verlorenen Wochen
In Deutschland wurde die Gefahr einer Corona-Pandemie zu Beginn deutlich unterschätzt. Das geht aus vertraulichen Dokumenten hervor, die BR und "Welt am Sonntag" vorliegen.
Eine Rekonstruktion.
Am 31. Dezember versendet das internationale Frühwarnsystem ProMED eine E-Mail. Es geht um eine unbekannte Lungenentzündung in China.
Die Meldung zum neuartigen Coronavirus geht auch nach Berlin ans Robert Koch-Institut.
Noch am 12. Februar bezeichnete Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Gefahr einer Pandemie laut den Dokumenten im Gesundheitsausschuss als „irreal“.
https://www.tagesschau.de/inland/corona-ausbruch-deutschland-rekonstruktion-101.html

Sind alle Corona-Bußgelder in Berlin ungültig?
Der Verfassungsgerichtshof hat die aktuelle Bußgeldvorschrift (§ 24 SARS-CoV-2-EindmaßnV) außer Kraft gesetzt, soweit diese ein Bußgeld für Verstöße gegen das Mindestabstandsgebot und das Gebot, physisch soziale Kontakte auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren (§ 1 Satz 1 und 2 SARS-CoV-2-EindmaßnV), vorsieht. Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof den Eilantrag abgelehnt.
Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin,
Beschluss vom 20. Mai 2020 – VerfGH 81 A/20  https://www.berlin.de/gerichte/sonstige-gerichte/verfassungsgerichtshof/pressemitteilungen/2020/81-a-20-beschluss-neutral.pdf

update vom 2. Juni 2020

Ohne echten Lockdown: Wie Japan das Coronavirus besiegte ...
Japan hat erklärt, die Coronakrise unter Kontrolle gebracht zu haben. Und das ohne harte Ausgangsbeschränkungen wie in vielen Staaten Europas. Erreicht hat Japan sein Ziel ohne einen völligen Lockdown mit scharfen restriktiven Beschränkungen des Alltags für die Bürger, sondern mit einem Kurs, der in weiten Teilen auf Freiwilligkeit setzt. Es gab keine Ausgehverbote, keine Corona-Warn-App. Geschäfte, Friseure, Hotels und Gastronomie durften geöffnet bleiben.
https://www.tagesspiegel.de/wissen/cluster-fahndung-abstand-masken-so-schaffte-es-japan-ohne-lockdown-das-coronavirus-fast-vollstaendig-zu-besiegen/25868924.html
Mehr Anerkennung wurde international zwar eher Taiwan und Südkorea zuteil. Experten wie Christian Drosten empfehlen aber durchaus, von Japan zu lernen.
https://www.netdoktor.de/news/corona-wie-japan-die-krise-in-den-griff-kriegt/
Japan setzt auf eine Cluster-Strategie: Sobald eine infizierte Person entdeckt wird, werden die Kontakte des Betroffenen analysiert. Jeder Infektions-Cluster wird auf seinen Ursprung hin verfolgt, sämtliche Personen darin werden als infiziert betrachtet und sofort isoliert.
https://web.de/magazine/news/coronavirus/japan-coronakrise-kontrolle-34753938
Es wird nicht abgewartet, ob ein Covid-19-Test positiv ausfällt.
Die meisten Cluster im Land ließen sich auf Orte mit Menschenansammlungen zurückführen - Fitnessstudios, Nachtclubs und Karaokeräume zum Beispiel.
https://www.fehmarn24.de/welt/coronavirus-christian-drosten-japan-podcast-krise-kontrolle-zweite-welle-podcast-zr-13783271.html
https://www.mopo.de/news/politik-wirtschaft/ohne-echten-lockdown-wie-japan-das-coronavirus-besiegte-36781690


Todesfälle in Einrichtungen
(Grafiken zur Vollansicht bitte anklicken)
*

(K) Ein Einzelfall ?
47 Corona-Tote in Potsdamer Klinikum: Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung
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STAATLICHE CORONA-MASSNAHME

Linda Teuteberg:

 „Sonderbefugnisse so nicht mehr gerechtfertigt“
Video: https://www.welt.de/politik/deutschland/video208600471/Staatliche-Corona-Massnahmen-Sonderbefugnisse-so-nicht-mehr-gerechtfertigt.html

* Robert Koch-Institut
15. Mai 2020:
Quelle: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/R-Wert-Erlaeuterung.pdf?__blob=publicationFile

AfD:
"Infektionsschutzgesetz verfassungwidrig! AfD-Fraktion plant Normenkontrollklage"



STAATLICHE KRISENHILFEN
Die Corona-Schulden von heute könnten die Steuern von morgen werden
https://www.welt.de/politik/deutschland/video207669899/Staatliche-Krisenhilfen-Die-Corona-Schulden-von-heute-koennten-die-Steuern-von-morgen-werden.html

** https://dejure.org/gesetze/StGB/239.html

Rückblick:

Der Wegscheider - 11.04.2020 - Corona deckt auf. 
Im neuen Wochenkommentar geht es heute um die unterschiedlichen Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf die Bevölkerung, wir analysieren, wie sich die Medien in dieser Krise verhalten und werfen einen Blick auf erste Corona-Trittbrettfahrer.