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Mindestanforderungen für Sachverständige und Gutachten
"Qualifiziert, wissenschaftlich und transparent"
LTO: Frau Dr. Kannegießer, Sie haben zusammen mit einer Expertenrunde von Juristen, Psychologen und Medizinern auf Initiative des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz einen Katalog von Mindestanforderungen erarbeitet, um die Qualität familienpsychologischer Gutachten in Gerichtsverfahren zu steigern. Warum ist ein solcher Katalog überhaupt erforderlich?
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keine Gefälligkeitsgutachten
Bundesverfassungsgericht legte am 8. Januar 2015 - 2 BvR 2419/13 fest, dass Gutachter eine Beurteilung nicht einseitig und fachwidrig zugunsten der Interessen ihrer Auftraggeber vornehmen dürfen. Weiter zum vollständigen Artikel ...
Bundesverfassungsgericht: Beschluss vom 24. August 2015 - 2 BvR 2915/14
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts habe ein Gericht den Verfahrensbeteiligten bei einem rechtzeitig gestellten Antrag zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs die Möglichkeit zu geben, sich das Gutachten vom Sachverständigen mündlich erläutern zu lassen. Diese Pflicht bestehe unabhängig davon, ob das Gericht seinerseits das Gutachten für erläuterungsbedürftig halte. Allenfalls besondere, etwa aus einer Verspätung des Ladungsantrags oder dem Verbot des Rechtsmissbrauchs abzuleitende Gründe könnten diesem Anspruch der Verfahrensbeteiligten entgegenstehen. Solche besonderen Gründe seien im Ausgangsfall aber weder zu erkennen noch seien sie vom Landgericht angenommen worden. (Rn 10ff ) Weiter zum vollständigen Artikel ...
Mit dem Beschluss vom 14. Juli 2015 - 2 BvR 1549/14 äußerte sich das Bundesverfassungsgericht zur medizinischen Behandlung gegen den natürlichen Willen (kurz: Zwangsbehandlung) Weiter zum vollständigen Artikel ...
Richterbund begrüßt Pläne für bessere Qualifikation von Gutachtern
Bis zu 1000 Gutachten für Familiengerichte pro Jahr fehlerhaft
Der Deutsche Richterbund (DRB) begrüßt den Gesetzentwurf des Bundesjustizministers, mit dem die Qualifikation von Gutachtern in familienrechtlichen Verfahren verbessert werden soll.
"Es ist richtig, dass der Gesetzgeber jetzt klare Vorgaben macht", sagt DRB-Präsidiumsmitglied Joachim Lüblinghoff. Bisher müssten Gutachter keine bestimmte Qualifikation nachweisen, um familienpsychologische Gutachten zu erstellen. "Der Deutsche Richterbund dringt seit langem darauf, dass der Gesetzgeber das ändert", betont Lüblinghoff.
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„Verletzung von Menschenrechten“
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg stellte jetzt die Verletzung von Menschenrechten in den Urteilsgründen eines Strafurteils des Landgerichts Münster fest.
Auf Grundlage eines – wie sich später herausstellte – fehlerhaften Glaubwürdigkeitsgutachten erhob die Staatsanwaltschaft in Münster Anklage gegen den Mann. Die für das Gutachten verantwortliche Sachverständige wurde in einem späteren, ebenfalls durch Röttgering geführten Verfahren zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an den Mann verurteilt.
Der Gerichtshof stellte eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (Grundsatz des fairen Verfahrens) fest und urteilte, dass im Falle eines Freispruchs in den Urteilsgründen Ausführungen dahingehend, dass das Gericht aber gleichwohl der Auffassung sei, an den Vorwürfen „sei etwas dran“, menschenrechtsverletzend seien. Diese Ausführungen stellten einen Verstoß gegen den international geltenden Zweifelssatz – im Zweifel für den Angeklagten – dar. Folglich wurde die Bundesrepublik Deutschland zur Zahlung eines Schmerzensgeldes und zum Ersatz sonstigen Schadens verurteilt.
Der Gerichtshof hat nach Auffassung Röttgrings erfreulicherweise klargestellt, dass auch in strafgerichtlichen Entscheidungen die Grenze zulässiger Äußerungen überschritten ist, wenn diese Ausführungen den Charakter einer Schuldfeststellung erreichen, welche die Öffentlichkeit ermuntert, an die Schuld des Betroffenen zu glauben nach dem Motto: „Irgendwas wird schon drangewesen sein“.
Freispruch ist Freispruch, so Rechtsanwalt Röttgering, einen solchen erster oder zweiter Klasse gebe es nicht. Das sei jetzt einmal mehr festgeschrieben.
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Freisprüche zweiter Klasse
EGMR Nr. 48144/09 - Urteil vom 15. Januar 2015 (Cleve v. Deutschland)
Verletzung der Unschuldsvermutung durch eine gerichtliche Schuldfeststellung, die dem Tenor des Urteils widerspricht (Verletzung trotz Freispruch; Rückwirkung auf spätere nichtstrafrechtliche Gerichtsverfahren: Sorgerechtsstreitigkeiten); schwerer sexueller Missbrauch von Kindern; Missbrauch von Schutzbefohlenen.
Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EMRK; § 267 StPO; § 176a StGB; § 174 StGB; § 177 Abs. 2 StGB
Leitsätze des Bearbeiters
1. Die Unschuldsvermutung kann auch durch ein freisprechendes Urteil verletzt werden. Es kommt nicht nur auf den Tenor der freisprechenden Entscheidung, sondern auch auf die Urteilsbegründung an. Eine Verletzung des Art. 6 Abs. 2 EMRK liegt - wie hier - vor, wenn die Urteilsgründe die Haltung des Gerichts zum Ausdruck bringen, dass der Angeklagte tatsächlich schuldig ist.
2. Eine Verletzung scheidet aus, wenn das Strafgericht lediglich einen nach der Beweiserhebung bestehenden Tatverdacht äußert. Es kommt insoweit entscheidend auf die gebrauchten Formulierungen an, die in den Kontext des konkreten nationalen Verfahrens einzubetten sind. Hierbei müssen die Strafgerichte besonders zurückhaltend formulieren, wenn absehbar gerichtliche Folgeverfahren (hier: familienrechtliche Verfahren) von ihren Äußerungen beeinflusst werden können.
3. Zum Einzelfall einer Verletzung durch Äußerungen, nach denen der freigesprochene Angeklagte sexuelle Übergriffe auf seine Tochter begangen habe, dem Gericht wegen einer unzureichenden Zeugenaussage indes die hinreichende Gewissheit hinsichtlich eines bestimmten, für die Verurteilung erforderlichen Tatherganges fehlte.
4. Der Schutz der Unschuldsvermutung reicht über anhängige Strafverfahren hinaus. Er schützt den Freigesprochenen oder von einer Einstellung Betroffenen auch davor, dass staatliche Stellen ihn so behandeln, als habe er die Tat tatsächlich begangen. Dies gilt auch für familienrechtliche Sorgerechtsverfahren. Auch in diesen ist der freisprechende Tenor des Strafurteils zu beachten.
Quelle
deutsche Übersetzung (pdf-download)
Der Deutsche Richterbund fordert seit langem, die Qualität von Sachverständigengutachten zu verbessern und begrüßt den vorliegenden Gesetzentwurf.
1.
Anhörungspflicht der Parteien vor Ernennung des Sachverständigen
gemäß § 404 Abs. 1 Satz 4 ZPO-E
Art. 103 Abs. 1 GG gebietet, dass sowohl die gesetzliche Ausgestaltung des Verfahrensrechts als auch das gerichtliche Verfahren im Einzelfall ein Maß an rechtlichem Gehör eröffnet, das dem Erfordernis eines wirkungsvollen Rechtsschutzes auch in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gerecht wird und den Beteiligten die Möglichkeit gibt, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (vgl. BVerfGE 55,1,6; 60,305,310; 74,228,233). Insbesondere haben die Beteiligten einen Anspruch darauf, sich vor Erlass der gerichtlichen Entscheidung zu dem zu Grunde liegenden Sachverhalt zu äußern. Dem entspricht die Verpflichtung der Gerichte, Anträge und Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 67, 31,41; 86,133,146). So umfasst der Anspruch auf rechtliches Gehör grundsätzlich auch die Anhörung gerichtlich ernannter Sachverständiger (BVerfG, Beschl. v. 3.2. 1998, 1 BvR 909/94,
NJW 1998, 2273; Beschl. v. 17.1. 2012, 1 BvR 2228/10).
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Viel Geld für viel Leid:
Wie Gerichtsgutachter Familien zerstören
Ein kleiner Junge sitzt neben seinem Vater auf dem Boden und malt.Fehlerhafte Gutachten können zu fatalen Entscheidungen führen.
Nico S. und seine Mutter Eileen wurden Opfer eines gerichtlichen Familiengutachtens. Nico kam in ein Heim und sollte nach dem Willen der Gutachterin nie wieder zur Mutter zurück.
"Das war ja eigentlich eine Entführung", erinnert sich Nico. "Meine Mutter wusste ja gar nichts. Sie haben mich um acht aus der Schule rausgeholt und es ihr erst um zwölf gesagt." Eileen S., seine Mutter, ist noch immer fassungslos, wenn sie sich daran erinnert. "Das war für mich unbegreiflich, dass sie diese Macht ausüben können und dass das auch noch vor Gericht anerkannt wird."
"Es ist Narrenfreiheit"
Gerichtsgutachten richten immer wieder großen Schaden an. Auch finanziell kommen sie den Betroffenen teuer zu stehen. Bis zu 15.000 Euro können sie kosten. Dabei sind sie oft das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind. Das bestätigt auch die Psychotherapeutin und Rechtspsychologin Andrea Jacob: " Ich habe noch nicht ein einziges Gutachten vorliegen gehabt, das wirklich allen fachlichen Anforderungen entsprochen hätte." Dem kann der Rechtsanwalt Thomas Saschenbrecker nur zustimmen: "Es ist Narrenfreiheit. Sie können heutzutage als Sachverständiger völlig enthemmt Geld verdienen, wenn sie gut mit dem Richter auskommen oder mit dem Jugendamt. Es ist kein Hindernis, Tausende und Abertausende Euro jedes Jahr und auch jeden Monat zu verdienen."
Aus der Schule ins Heim
Das Unheil von Nico begann mit der Trennung der Eltern. Der damals Achtjährige litt extrem darunter, verhielt sich anders als zuvor. Die junge Mutter holte sich psychologischen Rat. Während der Behandlung von Nico entstand der Verdacht, es hätte sexuelle Übergriffe der Mutter gegeben. Ohne ihr Wissen wurde Nico von der Schule weg in ein Heim gebracht. Für die ersten Wochen gab es eine totale Kontaktsperre. Nico wurde erzählt, die Mutter sei schwer krank. Das machte die Situation für den Jungen besonders furchtbar: " Da hat man ja auch Sorgen, dass irgendwas bei Mama passiert, dass sie vielleicht, wenn sie so krank ist, auch sterben könnte."
Nicht nachvollziehbar
Eine vom Gericht bestellte Gutachterin sollte entscheiden, wo Nico leben soll. Nach einem anderthalbstündigen Gespräch mit der Mutter ließ sie in ihrem Gutachten zwar den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs fallen. Dafür unterstellte sie der Mutter eine psychische Erkrankung. Ihre Fähigkeit, für Nico zu sorgen, schätzt sie deshalb als maßgeblich eingeschränkt ein. Sie empfiehlt, Nico dauerhaft fremdunterzubringen. Der Achtjährige sollte also nicht zur Mutter zurück, sondern im Heim bleiben. Für Eileen S. ist das nicht nachvollziehbar. "Ich habe die Welt nicht mehr verstanden, dass es so was überhaupt gibt. Solche Sachen zu äußern, da muss man doch jahrelang in Behandlung sein, damit so was überhaupt diagnostiziert werden kann."
"Irgendwas zusammengeschrieben"
Weil sie ihren Sohn so schnell wie möglich zurückhaben wollte, ließ sie sich von der Rechtspsychologin und Therapeutin Andrea Jacob noch einmal begutachten. Die neue Gutachterin analysierte auch das Gerichtsgutachten, das für Mutter und Sohn so verheerende Folgen hatte - und kam zu einem vernichtenden Schluss: "Das Gerichtsgutachten von Eileen S. ist völlig unverwertbar. Sämtliche Richtlinien für Gutachten werden hier mit Füßen getreten, werden gar nicht angewandt. Es ist einfach irgendwas zusammengeschrieben worden, was Dritte erzählt haben, ohne eigene wirklich haltbare Untersuchungen vorzunehmen."
Fast überall folgenschwere Mängel
An die Rechtspsychologin wenden sich betroffene Familien aus ganz Deutschland. Insgesamt hat sie fast 1.000 Expertisen zu Familienrechtsgutachten verfasst. Das erschreckende Ergebnis: Nahezu bei allen hat sie Mängel festgestellt, die zu massiven Eingriffen in das Leben der Familien geführt haben.
Da konstatierte etwa ein Gutachter einem Vater nach lediglich telefonischem Kontakt eine mit hoher Sicherheit vorhandene psychische Erkrankung. Die Folge: Der Vater darf seine Kinder nur im begleiteten Umgang sehen.
Ein anderes Gutachten, das von einer Sozialpädagogin erstellt wurde, führte dazu, dass Eltern trotz ihrer bedeutsamen Bindungsbeziehung ihre vier Kinder entzogen wurden.
Der Richter entscheidet über den Gutachter, nicht die Qualifikation
Wie aber können solche Gutachten zustande kommen? Rechtspsychologin Andrea Jacob erklärt die Rahmenbedingungen: "Nach der derzeitigen Rechtslage darf jeder ein Gutachten schreiben, den der Richter bestellt. Ob er es kann, ist eine andere Frage. Wenn der Richter sagt: 'Der kann das gut, den ich halte für kompetent', dann darf er Gutachten erstellen. Das ist haarsträubend, insbesondere wenn es um Kinder geht."
Ungeeignete Tests
Im Prinzip darf also jeder ein Familienrechtsgutachten schreiben. Doch selbst ausgebildete Psychologen arbeiten oft unwissenschaftlich. Malt ein Kind in einem Test die Eltern zum Beispiel als Tiere, zieht mancher Gutachter daraus Schlüsse, wie gut oder schlecht die Bindung ist. Bei einem anderen Test, dem Rorschach-Test soll der Proband sagen, was er in den Klecksen erkennt. Solche Tests sind nach Ansicht der Rechtspsychologin als Beweis vor Gericht aber ungeeignet: "Da kann man deuten und reininterpretieren wie man will, da ist man einfach frei. Da kommt es auf die Psyche des Gutachters an, was er darin sieht, aber nicht so sehr auf das, was das Kind sieht."
Alarmierende Ergebnisse
Das Problem ist nicht neu. Es besteht es schon seit Jahrzehnten, wie zum Beispiel eine wissenschaftliche Studie aus den 1980er-Jahren zeigt, die gravierende Mängel in Familienrechtsgutachten anmahnt.
Einer aktuellen Untersuchung zufolge hätte die Hälfte der untersuchten Gutachten nicht vor Gericht verwertet werden dürfen. Der Sozialpsychologe Prof. Dr. Stefan Stürmer von der Fernuniversität Hagen, der die Untersuchung mit leitete, warnt: "Gerade vor dem Hintergrund der Tragweite, dass hier Eingriffe durch die richterliche Entscheidung in die Lebenswege von Kindern und natürlich den Eltern getroffen werden, ist diese mangelnde Qualität in einem erheblichen Teil der Gutachten alarmierend."
Schwer, sich zu wehren
Selbst wenn man sich wie die Mutter von Nico gegen ein Gutachten zur Wehr setzt, hat dies kaum Konsequenzen. Ihr Gegengutachten, in dem ihr bescheinigt wird, vollumfänglich erziehungs- und geschäftsfähig zu sein, wollte vor Gericht niemand sehen.
Auch ein Vater von zwei Söhnen wehrte sich. Dem Professor wurde in einem Familienrechtsgutachten kurzerhand eine "paranoid-querulatorische Tendenz in Form einer Persönlichkeitsstörung" diagnostiziert. Er verklagte die Gutachterin - mit Erfolg. Sie nahm die Diagnose wieder zurück. Die rund 10.000 Euro für das Gutachten musste er trotzdem zahlen. Hinzu kamen die Kosten für die beauftragten Gegengutachten und den gesamten Prozess. "Es ist die Hilflosigkeit, die Ohnmacht, das schlimmste Gefühl, was man dabei hat", beschreibt er seine Empfindungen.
Lukratives Geschäft
Obwohl die Gutachten häufig gravierende Mängel aufweisen, müssen die betroffenen Familien oder der Steuerzahler teuer dafür zahlen. Wie lukrativ das Geschäft für die Gutachter ist, erklärt Anwalt Thomas Saschenbrecker: "Die Gutachter sind die, die am familiengerichtlichen Prozess am meisten verdienen. Das sind im Regelfall 5.000 bis 15.000 Euro. Die Gutachter verdienen an so einem Fall, aber sie haften für nichts. Das Geld wird ausgeben, ohne dass jemand zur Verantwortung gezogen wird, wenn tatsächlich etwas schiefläuft."
Wer trägt die Verantwortung?
Bundesjustizminister Heiko Maas verspricht jetzt Besserung. Nach seinem Gesetzentwurf sollen im Familienrecht die Gerichte künftig qualifizierte Sachverständige ernennen. Wie das sichergestellt werden soll, bleibt allerdings unklar.
Was vor allem fehlt, sind klare Vorgaben für die Qualität des Gutachtens und eine Regelung, wer bei Fehlleistungen verantwortlich ist. Der ehemalige Familienrichter Jürgen Rudolph bringt das Problem auf dem Punkt: "Es gibt überhaupt keine Verantwortlichkeit. Der Richter verschanzt sich, das kann man ruhig so sagen, hinter dem Gutachten und die Sachverständigen sagen zu Recht: 'Ich habe ja nicht entschieden.' Das ist eigentlich nach wie vor die unerträgliche Situation."
Offene Fragen
Über dieses Problem hätte "Plusminus" gern mit dem Bundesjustizminister gesprochen, aber er hatte keine Zeit für uns. Die nach wie vor aktive Gerichtsgutachterin, die für Nico und seine Mutter so folgenschwere Schlüsse gezogen hatte, reagierte gar nicht erst auf die "Plusminus"-Anfrage.
Nicos Weg zurück
Dass Nico heute wieder bei seiner Mutter lebt, hat er seinem eigenen Kampf gegen die Willkür zu verdanken. Er verweigerte sich allem, verletzte sich selbst. Aus Angst um sein Leben, ordneten Ärzte eine Mutter-Kind-Kur an. Danach ließ man sie wieder zusammen leben. Doch die erzwungene Heimunterbringung hatte Spuren hinterlassen: "Ich kam ja zurück, da hatte ich sehr viel Angst, dass da einfach wieder zwei Menschen, zwei Männer stehen, die mich dann einfach wieder mitnehmen." Die Mutter erinnert sich: "Ich habe ihn dann sechs Monate in die Schule begleitet, ich habe neben ihm gesessen und ja ich habe alles getan, was man sich vorstellen kann, ja das Kind zu begleiten und ihm die Angst zu nehmen."
Mittlerweile ist wieder Normalität in ihr Leben eingekehrt. Und Nico freut sich über ein Schwesterchen, das schon bald geboren wird.
Autoren: Christiane Cichy, Jürgen Magister
PLUSMINUS Mi, 04.11.15 | 21:45 Uhr Das Erste
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