Montag, 18. Mai 2015

Flüchtlinge in Polizeizelle gefoltert ? - EGMR zum Folterverbot !

(s.u. BVerfG, Beschluss vom 18.03.2015)

update
Bundespolizei richtet nach Hannover-Vorfall Beschwerdestelle ein
Die Bundespolizei will als Reaktion auf die Misshandlungsvorwürfe in Hannover das Melden von Vergehen in den eigenen Reihen vereinfachen.
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Verdacht auf Polizeigewalt in Hannover: Präsident der Bundespolizei droht mit Konsequenzen

Ermittlungen gegen Bundespolizisten - Misshandlung von Flüchtlingen?

In einem Fall sei ein Flüchtling aus Afghanistan gewürgt und mit angelegten Fußfesseln durch die Wache geschleift worden. In einem anderen Fall bestehe der Verdacht, dass ein Marokkaner in der Zelle erniedrigt wurde, etwa indem ihm verdorbenes Schweinemett zu essen gegeben wurde. Der Beamte soll sich dieser Handlungen im Internet gerühmt und Fotos verbreitet haben, berichtete der NDR.

Wie viele Polizisten sind in Folter-Skandal verwickelt?

Polizist soll Folterfotos per Handy verschickt haben
Die Flüchtlinge haben der Polizei keinen Anlass zur Gewalt gegeben und die grobe Misshandlung sei ihnen deshalb völlig unbegründet zugefügt worden. Zudem sei das Verprügeln der Männer durch die Polizei in jedem Fall unverhältnismässig gewesen.
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte:

„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher
oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“ ?

Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass gewalttätige Aktionen der Polizei, die in einer strafenden Absicht verübt worden seien, eine Demütigung sowie physisches und psychisches Leiden der Opfer verursachen sollten, als «Folter» im Sinne von Art. 1 der UNO-Folterkonvention* einzustufen seien und dass die Misshandlung unter den Tatbestand der «Folter» im Sinne von Art. 3 EMRK** falle. Der Eingriff war demnach durch nichts zu rechtfertigen, weshalb das Opfer Anspruch auf eine Entschädigungszahung hat. (vgl. Cestaro)  

Das in Art. 3 EMRK statuierte Verbot der unmenschlichen Behandlung verpflichtet den Staat geeignete Aufsichtsmechanismen einzurichten um Übergriffe zu verhindern. (vgl. Luise O´Keeffe)

Ausgewählte Urteile des EGMR: Übersicht - Humanrights.ch
Fundstellenverzeichnis zu den Urteilen und Entscheidungen des EGMR in deutscher Sprache

Schwere Vorwürfe gegen die Bundespolizei Hannover:

Recherchen des NDR zufolge sollen dort Flüchtlinge gefoltert worden sein.

Fotos davon wurden offenbar per WhatsApp an Kollegen verschickt.

Hannover (dpa) - Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen einen Beamten der Bundespolizei wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt und des Verstoßes gegen das Waffengesetz. Das bestätigte Oberstaatsanwalt Thomas Klinge am Sonntag in Hannover.
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Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in Niedersachsen, Ulf Küch aus Braunschweig, empörte sich über die Vorwürfe, berichtete der NDR. Er sehe darin eine "Misshandlung von Schutzbefohlenen". Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, seien sie die schlimmsten Straftatbestände, die ein Polizist begehen könne: "Der Auftrag lautet Schutz, nicht Folter."  
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Flüchtlinge in Polizeizelle gequält?
von Angelika Henkel, NDR Fernsehen und Stefan Schölermann, NDR Info  (Auszug)
Die Beamten kommen am Freitag um elf Uhr vormittags. Schauplatz: eine Stichstraße in einem kleinen Dorf im Herzen Niedersachsens. Hier steht das Haus eines Polizisten der Bundespolizeiinspektion Hannover. Drei Stunden dauert die Hausdurchsuchung. Zur gleichen Zeit wird auch der Spind des Beamten in seiner Dienststelle im Hauptbahnhof der niedersächsischen Landeshauptstadt durchsucht. Beweismaterial wird sichergestellt. Verantwortlich für die Durchsuchung ist die Staatsanwaltschaft Hannover. Deren Sprecher, Oberstaatsanwalt Thomas Klinge, spricht gegenüber dem NDR von schweren Vorwürfen: "Wir haben in der vergangenen Woche eine Strafanzeige erhalten, aus der hervorgeht, dass es möglicherweise in der Polizeidienststelle der Bundespolizei zu Übergriffen gekommen sein soll. Wir ermitteln insoweit wegen des Anfangsverdachts der Körperverletzung im Amt und wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz." Tatsächlich wurde in dem Haus des Beamten nach Angaben von Klinge eine Waffe sichergestellt.
Mindestens zwei Misshandlungen?
"Das war so schön. Gequikt wie ein Schwein"
Handy-Foto zeigt misshandelten 19-Jährigen
Hat es der Vorgesetzte gehört?

In einer Handy-Kurzmitteilung heißt es dazu: "Das ist ein Marokkaner. Den habe ich weiß bekommen. XY (der unmittelbare Vorgesetzte, Anm. d. Red.) hat gesagt, dass er ihn oben gehört hat, dass er geqikt hat, wie ein Schwein. Dann hat der Bastard erst mal den Rest gammeliges Schweinefleisch aus dem Kühlschrank gefressen. vom Boden".
(Rechtschreib- und Grammatikfehler aus dem Original übernommen; Anm. d. Red.)

Pro Asyl: "Entsetzliches Ausmaß an Rassismus"
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat die mutmaßlichen Misshandlungen von Flüchtlingen unterdessen scharf kritisiert. Die Vorfälle zeigten ein "entsetzliches Ausmaß an Rassismus und Menschenverachtung", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Er forderte, die Ermittlungen auf die Mitwisser auszuweiten. Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP bezeichnete er "die Tatenlosigkeit der Mitwisser in Polizeiuniform" als "Skandal im Skandal".

Andere sollen weggeschaut haben
Übergriffe in den Gewahrsamszellen, Gewalt gegenüber Menschen - sind das Einzelfälle? Gegenüber dem NDR schildert ein weiterer Insider seine Sicht der Dinge: "Es gab öfter lautes Geschrei in den Gewahrsamszellen. Und wenn das zu nervig war, dann wurde nicht nachgeschaut. Es wurde einfach die Tür geschlossen, damit nichts nach außen drang. Das habe ich selbst einmal gesehen.
Geschlossen wurde die Tür auch vom Dienstgruppenleiter."
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Verdacht auf Polizeigewalt in Hannover: Präsident der Bundespolizei droht mit Konsequenzen
Ein Bundespolizist soll in Hannover wiederholt Flüchtlinge misshandelt haben, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Bundespolizeipräsident Romann droht mit Konsequenzen. Der Zentralrat der Muslime fordert Entschädigung für die Opfer.
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Mutmaßlicher Prügelpolizist: Opfer gesucht
Er soll Flüchtlinge misshandelt und Kollegen bedroht haben: Im Fall des Bundespolizisten Torsten S. kommen immer mehr Details ans Licht. Die Ermittler suchen nun nach den mutmaßlichen Opfern.
Der Mann gefällt sich offenbar als harter Hund. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den 39-jährigen Bundespolizisten unter anderem wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt. S. soll Männer aus Afghanistan und Marokko gedemütigt, geschlagen und damit im Kurznachrichtendienst WhatsApp geprahlt haben.
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Demütigung von Flüchtlingen
Polizist soll Kollegen bedroht haben
Der des Missbrauchs beschuldigte Bundespolizist bleibt vorerst auf freiem Fuß. Ihm könnten Jahre in Haft drohen.
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Wegen Folter verdächtigter Bundespolizist
Jetzt auch unter Kinderporno-Verdacht

Der unter Folterverdacht stehende Polizist, der Flüchtlinge in Hannover misshandelt haben soll, wird nun auch wegen Besitz von Kinderpornos verdächtigt.
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Polizei prügelt wohl öfter mal
Bundespolizisten aus Hannover sollen nicht nur am Hauptbahnhof, sondern auch im Polizeiwagen Festgenommene misshandelt haben.
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Vorwürfe gegen Bundespolizisten
„Rüstung an, Knüppel frei“

Bundespolizisten aus Hannover vernetzen sich in einer internen Facebook-Gruppe. Dort phantasieren sie von Gewalt und hetzen gegen Migranten. Am Dienstag veröffentlichte der Sender entsprechende Facebook-Einträge, die bis in das Jahr 2013 zurückgehen sollen. Das betreffende Forum zähle „nachweislich“ mindestens 150 „Freunde“, darunter auch Vorgesetzte aus der eigenen Wache, so der NDR.
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Abu Graib in NRW?

Misshandlungsvorwurf
Justiz ermittelt in Burbach gegen 50 Beschuldigte
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach mutmaßlichen Misshandlungen von Flüchtlingen in Burbach gegen 50 Personen. Darunter seien Sicherheitsleute, Sozialbetreuer und Bedienstete der Bezirksregierung.

Der Skandal um mutmaßliche Misshandlungen von Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen weitet sich aus. Gut acht Monate nach Bekanntwerden der Vorwürfe ermittelt die Justiz unterdessen gegen 50 Beschuldigte, wie die Staatsanwaltschaft Siegen am Montag mitteilte. Die Ermittlungen richten sich demnach unter anderem gegen Sicherheitsbedienstete und Sozialbetreuer, die in der betroffenen Flüchtlingsunterkunft in Burbach eingesetzt waren.

Es sei eine Vielzahl möglicher Straftaten ans Licht gekommen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Siegen. "Wir ermitteln wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Nötigung." Wann die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, sei noch nicht abzusehen. Darüber hinaus bestehe gegen zwei Bedienstete der Bezirksregierung Arnsberg ein Anfangsverdacht der Freiheitsberaubung und der Nötigung durch Unterlassen.
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Video aus Frankreich:
Staatsanwalt ermittelt wegen Polizeigewalt gegen Flüchtlinge
Sie werden getreten und geschlagen, über Leitplanken geworfen: Das Video einer NGO soll zeigen, wie französische Polizisten Flüchtlinge misshandeln, die illegal nach Großbritannien wollten. Die Empörung ist groß, die Behörden ermitteln. mehr...
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*Art. 1 der UNO-Folterkonvention
Die UN-Antifolterkonvention trat am 26. Juni 1987 nach der Ratifizierung durch 21 Mitgliedsstaaten in Kraft. Zurzeit haben 156 Staaten die Konvention ratifiziert. Die Einhaltung des Vertragswerks wird vom UN-Ausschuss gegen Folter überwacht.

Die Konvention ist völkerrechtlich verbindlich. Sie ergänzt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 und die Genfer Konventionen von 1949 und deren Zusatzprotokoll von 1977, indem sie „Folter“ genau definiert und Maßnahmen zu ihrer Verhinderung, Verfolgung und Bestrafung regelt.

Artikel 1 bezeichnet Folter „jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind.“

Innerstaatliche Umsetzung

Die Staaten haben sich mit Art. 4 FoK verpflichtet, Verstöße gegen das Folterverbot strafrechtlich zu ahnden.

Deutschland

§ 340 StGB-DE Körperverletzung im Amt.
§ 343 StGB-DE Aussageerpressung.

** Europäische Antifolterkonvention
Die Europäische Antifolterkonvention legt das Schwergewicht, unter Berücksichtigung des Folterverbotes nach Artikel 3 EMRK, auf Verhinderung und Verhütung von Folter. Zu diesem Zweck wurde ein Europäisches Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe geschaffen. 

Art. 3 EMRK  - Verbot der Folter
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18.03.2015 - 2 BvR 1111/13 -

Die Unterbringung eines vollständig entkleideten Strafgefangenen in videoüberwachter Zelle verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht und unterliegt strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen !

Klatsche für LG und OLG die den Antrag des Beschwerdeführers als unbegründet verwarfen.

Soweit der Beschluss des Landgerichts die Entscheidung der Justizvollzugsanstalt, den Beschwerdeführer einen Tag lang vollständig entkleidet in einer durchgängig videoüberwachten Zelle unterzubringen, als rechtmäßig bestätigt, lässt er eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG erkennen.

Das Landgericht hätte Angaben des Beschwerdeführers über Bedingungen seiner Unterbringung prüfen und für Feststellung des Sachverhalts alle verfügbaren Erkenntnismittel ausschöpfen müssen!

Der OLG-Beschluss verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz!
s. Pressemitteilung Nr. 22/2015 vom 15. April 2015