Donnerstag, 20. Januar 2011

Rechnungshof: Glücksspielmonopol nicht aufs Spiel setzen

- Glücksspiel-Staatsvertrag rechtzeitig verlängern
- Gewerbliches Automatenspiel strenger regeln

Karlsruhe: Der Rechnungshof hat heute der Landesregierung und dem Landtag seine Beratende Äußerung "Glücksspiel" vorgelegt. "Darin empfehlen wir ganz konkret, wie sich das Land Baden-Württemberg in den Verhandlungen mit den anderen Bundesländern zum Glücksspiel-Staatsvertrag, der Ende des Jahres ausläuft, positionieren soll", so der Präsident des Rechnungshofs, Max Munding. Ziel müsse es sein, den Staatsvertrag rechtzeitig zu verlängern, den Gestaltungsspielraum zugunsten des staatlichen Glücksspielmonopols voll auszuschöpfen und die mit dem Monopol verfolgten Gemeinwohlziele schlüssig umzusetzen.

Auch die neueste europäische Rechtsprechung erkennt an, dass ein öffentliches Monopol grundsätzlich geeignet ist, um Gemeinwohlziele, wie Bekämpfung und Kanalisierung der Spielsucht oder einen hohen Verbraucherschutz zu erreichen. "Das Land darf sich nicht darauf einlassen, die Sportwetten aus dem Monopol herauszunehmen", betont Max Munding. "Dies könnte das Monopol als Ganzes gefährden. Daneben ist es notwendig, das gewerbliche Automatenspiel stärker zu reglementieren, um die Spielsucht effektiver zu bekämpfen."

Die Zuständigkeiten im Bereich des Glücksspiels sind zwischen Bund und Ländern geteilt: Für gewerbliche Geldspielautomaten gilt Bundesrecht; für staatliche Lotterien und Sportwetten sind die Länder zuständig. Nur die Länder dürfen Lotterien und Sportwetten veranstalten. Ein solches Monopol schränkt die Berufsfreiheit privater Anbieter ein. Das ist aber aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls zulässig, um Spielsucht zu verhindern. Das Monopol soll den Spielbetrieb in geordnete Bahnen lenken und das Ausweichen auf unerlaubte Spiele verhindern.

In seiner jüngsten Entscheidung verlangt der Europäische Gerichtshof allerdings diese Ziele in "kohärenter und systematischer Weise" zu verfolgen. Deshalb darf der Staat auch nach Auffassung des Rechnungshofs über das Monopol keine rein fiskalischen Ziele verfolgen. Auch sollte auf eine offensive Werbung verzichtet werden.

Mit der Beratenden Äußerung gibt der Rechnungshof konkrete Empfehlungen, wie das Land Lotterien und Sportwetten im Einklang mit Verfassungsrecht und Europarecht veranstalten kann. Der Rechnungshof setzt sich dafür ein, dass das Land weiterhin das Monopol über die Sportwetten ausübt. "Das Ziel, der Suchtgefahr vorzubeugen, lässt sich bei gewerblichen Spielvermittlern viel schwerer erreichen", argumentiert Rechnungshofdirektorin Dr. Hilaria Dette. Sportwetten seien erheblich suchtgefährlicher als Lotterien. Es wäre widersprüchlich, die Lotterien in staatlicher Hand zu halten und die wesentlich gefährlicheren Sportwetten zu liberalisieren.

Der Rechnungshof spricht sich außerdem dafür aus, die Regelungen für das gewerbliche Automatenspiel zu verschärfen. Der Europäische Gerichtshof hatte insofern eine Angleichung mit anderen Glücksspielen gefordert. Dafür ist zwar in erster Linie Bundesrecht maßgeblich, die Länder könnten aber in ihrer Zuständigkeit die Öffnungszeiten einschränken und die Kontrollen ausdehnen.

Weitere Informationen zur Finanzkontrolle Baden-Württemberg finden Sie im Internet unter: http://www.rechnungshof.baden-wuerttemberg.de

Quelle: Rechnungshof Baden-Württemberg

Beratende Äusserungen - Glücksspiel
Rechnungshof Baden-Württemberg

Mitteilung des Rechnungshofs
Schreiben des Rechnungshofs vom 17. Januar 2011, III-0620B50000-1001.5:
Drucksache 14 / 7498
19. 01. 2011

2.5 Anmerkung: Relevanz für den Haushalt
Die STLG erwirtschaftet derzeit jährlich rund 200 Mio. Euro Zweckertrag und rund 150 Mio.
Euro Lotteriesteuer. Sie ist damit das für den Landeshaushalt bedeutendste Landesunternehmen.
Der Anteil der Sportwetten beträgt etwa 2 Prozent.
Alle Länder zusammen haben 2009 rund 2,8 Milliarden Euro aus Lotteriesteuer und Gewinnabführungen generiert. 2009 waren hohe Jackpots maßgeblich für überdurchschnittliche Einnahmen. Für die nächsten Jahre wird ein gleichbleibendes Niveau erwartet. Experten rechnen mit rückläufigen Einnahmen, wenn keine neuen Produkte entwickelt werden.
Sollte jedoch das Monopol als nicht verfassungskonform von der Rechtsprechung aufgehoben werden, würden auch die Erträge, die heute zulässigerweise als Ausfluss des Monopols in den Landeshaushalt einfließen, verlorengehen. Ohne Monopol könnten die bisher hohen Gewinnabführungen und der hohe Steuersatz von bis zu 20 Prozent nicht gehalten werden. Von ausländischen Wettanbietern oder Vermittlern ausländischer Wetten könnten keine Steuern erhoben werden, wenn kein Anknüpfungspunkt im Inland vorliegt.