update vom 21.1.2023 (Auszug)
EU-Kommission stellt Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein: EU-Recht hat Vorrang
Die Kommission hat heute beschlossen, das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2020 im Zusammenhang mit dem Programm der Europäischen Zentralbank zum Ankauf von Vermögenswerten des öffentlichen Sektors ("PSPP") einzustellen.
Die Kommission hält es aus drei Gründen für angebracht, das Vertragsverletzungsverfahren einzustellen:
- Erstens hat Deutschland in seiner Antwort auf das Aufforderungsschreiben sehr klare Zusagen gemacht. Insbesondere hat Deutschland förmlich erklärt, dass es die Grundsätze der Autonomie, des Vorrangs, der Wirksamkeit und der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts sowie die in Artikel 2 EUV verankerten Werte, insbesondere die Rechtsstaatlichkeit, bekräftigt und anerkennt.
- Zweitens erkennt Deutschland ausdrücklich die Autorität des Gerichtshofs der Europäischen Union an, dessen Entscheidungen rechtskräftig und bindend sind. Das Land ist ferner der Ansicht, dass die Rechtmäßigkeit von Handlungen der Unionsorgane nicht von der Prüfung von Verfassungsbeschwerden vor deutschen Gerichten abhängig gemacht, sondern nur vom Gerichtshof der Europäischen Union überprüft werden kann.
- Drittens verpflichtet sich die deutsche Regierung unter ausdrücklicher Bezugnahme auf ihre in den Verträgen verankerte Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um in Zukunft eine Wiederholung einer Ultra-vires-Feststellung aktiv zu vermeiden.
Justizstreit:
EU-Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein
Im Streit um den Vorrang von EU- vor nationalem Recht hat die Kommission ein weiteres Verfahren gegen Polen eingeleitet. Ursula von der Leyen hatte das angekündigt.
Quelle: https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-12/eu-kommission-polen-justizstreit
Europäische Kommission (Abschrift)
Vorrang des EU-Rechts: EU-Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein
Die Europäische Kommission hat heute (Mittwoch) ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet, da sie ernste Bedenken in Bezug auf das polnische Verfassungsgericht und seine jüngste Rechtsprechung hat. Das Verfassungsgericht hat in seinen Urteilen vom 14. Juli 2021 und 7. Oktober 2021 die Bestimmungen der EU-Verträge als unvereinbar mit der polnischen Verfassung angesehen und den Vorrang des EU-Rechts ausdrücklich in Frage gestellt. Nach Ansicht der Kommission verstoßen diese Entscheidungen des Verfassungsgerichts gegen die allgemeinen Grundsätze der Autonomie, des Vorrangs, der Wirksamkeit und der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts sowie gegen die Bindungswirkung der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union. Polen hat zwei Monate Zeit, um auf das Aufforderungsschreiben zu antworten.
Das polnische Verfassungsgericht verneinte in seinem Urteil vom Juli die Bindungswirkung etwaiger einstweiliger Anordnungen des Gerichtshofs nach Artikel 279 AEUV zur Gewährleistung einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle durch ein unabhängiges und unparteiisches, auf Gesetz beruhendes Gericht.
In seinem Urteil vom Oktober hat das Verfassungsgericht seine Verpflichtungen aus dem EU-Recht missachtet, indem es die Auslegung von Artikel 19 Absatz 1 EUV durch den Gerichtshof als verfassungswidrig - und damit als in der polnischen Rechtsordnung nicht wirksam - angesehen hat, wonach ein nationales Gericht aufgefordert werden kann, die Rechtmäßigkeit des Verfahrens zur Ernennung eines Richters zu überprüfen und sich zu etwaigen Unregelmäßigkeiten im Ernennungsverfahren zu äußern, um zu prüfen, ob dieser Richter oder das Gericht, an dem der Richter urteilt, die Anforderungen von Artikel 19 Absatz 1 EUV erfüllt.
Hintergrund
Die Rechtsstaatlichkeit ist einer der Grundwerte der Europäischen Union. Sie ist in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union verankert. Sie ist auch für das Funktionieren der EU als Ganzes von wesentlicher Bedeutung, z. B. im Hinblick auf den Binnenmarkt, die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres und um sicherzustellen, dass nationale Richter, die auch "EU-Richter" sind, ihre Rolle bei der Anwendung des EU-Rechts erfüllen und ordnungsgemäß mit dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zusammenarbeiten können. Die Europäische Kommission ist gemeinsam mit anderen Organen und den Mitgliedstaaten gemäß den Verträgen dafür zuständig, die Rechtsstaatlichkeit als Grundwert der Union zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass Rechtsvorschriften, Werte und Grundsätze der EU eingehalten werden.
Weitere Informationen:
Hintergrundinformationen zu Vertragsverletzungsverfahren
Pressemitteilung: Unabhängigkeit der polnischen Richter: Kommission beantragt beim Europäischen Gerichtshof finanzielle Sanktionen gegen Polen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der DisziplinarkammerRahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips
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Einzelheiten
- Datum der Veröffentlichung 22 Dezember 2021