Mittwoch, 6. Mai 2015
OVG Münster: Kein Vorrangverhältnis von Spielhallen gegenüber Wettvermittlungsstellen
In einem von der Kanzlei Redeker Sellner Dahs geführten Beschwerdeverfahren hat das Oberverwaltungsgericht Münster mit Beschluss vom 29.04.2015 (Az.: 4 B 1464/14) erhebliche Zweifel an der einseitigen Anwendung des Trennungsgebots in § 21 Abs. 2 GlüStV zulasten der Sportwettenvermittlung geäußert. § 21 Abs. 2 GlüStV verbietet die Vermittlung von Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle befindet und begründet ein absolutes Vorrangverhältnis von Spielhallen gegenüber Wettvermittlungsstellen, selbst wenn diese bereits zuvor in dem Gebäudekomplex betrieben wurden.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt untersagte die Stadt Köln einem seit 2009 tätigen Vermittler von Sportwetten den Fortbetrieb seiner Wettvermittlungsstelle unter Hinweis auf eine zwar im selben Gebäudekomplex befindliche, aber später genehmigte Spielhalle. Gestützt wurde die Untersagungsverfügung auf einen vermeintlichen Verstoß gegen das Trennungsgebot.
Das Oberverwaltungsgericht hat nun unmissverständlich klargestellt, dass es in Ansehung des Risikopotentials von Spielhallen keine hinreichende Rechtfertigung dafür gebe, Konfliktlagen pauschal einseitig zu Lasten von Wettvermittlungsstellen zu lösen. Ob in Fällen der nachträglich heranrückenden Spielhalle eine verfassungskonforme Auslegung des § 21 Abs. 2 GlüStV dahingehend, dass er nur den zeitlich später aufgenommenen Betrieb der Sportwettvermittlung untersagt, oder im Sinne einer adressatenneutralen objektiven Inkompatibilitätsregelung erfolgen kann oder muss, bleibt in dem Beschluss offen.
Konkretisiert wird auch die Tatbestandsseite des § 21 Abs. 2 GlüStV: Nach Auffassung Oberverwaltungsgericht greift das Trennungsgebot im Sinne der Intention des Gesetzgebers und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht mehr in allen Anwendungsfällen, die der § 21 Abs. 2 GlüStV seinem zu weitem Wortlaut nach erfasst, sondern nur dann, wenn tatsächlich beide Angebote im selben Geschäftslokal erfolgen oder ein vergleichbarer enger örtlicher Zusammenhang vorliegt. Ein solcher sei, so das Oberverwaltungsgericht, im hiesigen Sachverhalt fraglich, da beide Betriebe nicht unmittelbar aneinander angrenzen und ein Wechsel zwischen ihnen ein Betreten der Straße voraussetzt. Auch sei es aufgrund eines dazwischen angesiedelten Maklerbüros und der Lage des Eingangs der Spielhalle an der Eckseite des Gebäudes zumindest fraglich, ob beim Verlassen eines Betriebes ein zwangsläufiger Sichtkontakt zum jeweils anderen Betrieb besteht. Das Oberverwaltungsgericht verweist zudem darauf, dass der Abstand des Eingangs der Spielhalle zum betroffenen Wettbüro sogar größer sei als derjenige zum Eingang eines gegenüber liegenden Wettbüros auf der anderen Straßenseite und qualifiziert die Untersagungsverfügung folgerichtig als „offensichtlich rechtswidrig“.
Rechtsanwalt Dr. Marco Rietdorf
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Sozietät Redeker Sellner Dahs
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