Freitag, 8. Oktober 2010

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will mehr Wettbewerb zulassen

Auch in Bayern scheint nun die Erkenntnis zu reifen, dass die bisherige Rechtsanwendung nicht länger aufrecht erhalten werden kann. Dadurch könnte der politische Druck auf die Behörden und Gerichte nachlassen und ein Dialog möglich werden.

Heute konnte man in der SZ lesen:

"München - Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will mehr Wettbewerb auf dem Glücksspielmarkt zulassen und ist dazu bereit, dass bestehende staatliche Monopol auf Sportwetten zu lockern. Herrmann sagte der Süddeutschen Zeitung, er halte eine 'maßvolle Liberalisierung' für denkbar. Auch Glücksspiele im Internet - seit 2008 gilt in Deutschland ein Verbot dafür - möchte Herrmann wieder zulassen." weiterlesen


Mehr Freiheit für das Glücksspiel?
Innenminister will private Sportwetten zulassen – Lotto-Chef warnt vor möglichen Folgen
An sich ist die Rechtslage klar: Sportwetten privater Anbieter sind in Bayern verboten. Das Monopol für das Zocken auf Sieg oder Niederlage hat der staatliche Wettanbieter Oddset. Trotzdem ist etwa der deutsche Nationalspieler Mesut Özil auch im Freistaat auf vielen Fotos im blütenweißen Trikot seines Arbeitgebers Real Madrid zu sehen – auf der Brust das Logo des Vereins-Sponsors bwin, der die hierzulande verbotenen Wetten für jeden zugänglich im Internet anbietet. Unterstützung für Liberalisierung
Eine Position, die im Landtag parteiübergreifend durchaus auf Zustimmung stößt: Das staatliche Monopol sei „schon immer sehr windig begründet gewesen“, findet etwa Grünen-Abgeordneter Martin Runge. Auch der Freie-Wähler-Abgeordnete Michael Piazolo hält ein Lizenzverfahren für einen „gangbaren Weg“ und kritisiert die derzeitige Ungleichbehandlung von Automaten auf der einen, Wetten und Lotto auf der anderen Seite: „Der angebliche Kampf gegen die Spielsucht ist so nicht sehr glaubwürdig“, so Piazolo. weiterlesen


Glücksspielstaatsvertrag: SPD kritisiert Herrmanns 180-Grad-Kehrtwende
Pressemitteilung der bayerischen SPD-Landtagsfraktion vom 8. Oktober 2010

Als "zweifelhaftes Zugeständnis gegenüber dem kleineren Koalitionspartner FDP" bezeichnet SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher die 180-Grad Kehrtwende von Innenminister Joachim Herrmann beim Glücksspielstaatsvertrag. Noch vor einigen Wochen hatte Herrmann am staatlichen Glücksspielmonopol festhalten wollen, nun will er das Glücksspiel bei den Sportwetten doch liberalisieren. Quelle

weitere Presseveröffentlichungen zum Glücksspielmonopol:

Gute Chancen für den Erhalt des Lottomonopols bei gleichzeitiger Liberalisierung anderer Glücksspiele
Mit rund 80 Vertretern aus Landesparlamenten, von Lotto- und Wettanbietern, Sportverbänden, Wissenschaft, Medien und Werbewirtschaft hat eine Anhörung zum schleswig-holsteinischen Entwurf für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag der bundesweiten Diskussion neue Nahrung gegeben. weiterlesen


Glücksspielmonopol bleibt umstritten
Kiel - Die Zukunft der Glücksspiellandschaft in Deutschland spaltet weiterhin den Landtag in Kiel. CDU und FDP wollen das staatliche Monopol auf die Veranstaltung von Lotterien beschränken, den Vertrieb aber ebenso Privaten öffnen wie den Sportwetten- und Onlinemarkt. Die Koalitionsfraktionen setzten einen darauf zielenden Antrag am Freitag mit ihrer Mehrheit durch. Auch die Grünen bekundeten Sympathie für die Initiative. Das alte deutsche Glücksspielmonopol darf seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von September nicht mehr umgesetzt werden. Die Koalition will ihre Pläne per neuem Staatsvertrag bundesweit umsetzen, ist aber auch zu einem Alleingang des Landes bereit.
Mit dem Gerichtsurteil lasse sich das staatliche Monopol nicht mehr mit Suchtprävention begründen, sagte der CDU-Abgeordnete Hans- Jörn Arp. „Wir benutzen die Suchtprävention nicht wie bisher als vorgeschobenes Argument für ein Staatsmonopol.“ weiterlesen


Große Worte - und große Ernüchterung
...........Der Verband argumentierte, wenn es dem Land wirklich um mehr Schutz gehe, müsse es nur die ausgefeilten Experten-Ratschläge des Verbands befolgen. Die laufen auf eine massive Eindämmung jeglichen Geld-Glücksspiels hinaus. Aber so wollten SPD und Grüne ihren scheinbar entschlossenen Kampf gegen den Spielteufel nun doch nicht verstanden wissen. Die Staatskanzlei teilte im Landtag mit, man wolle gegen die Sucht kämpfen, indem privaten Unternehmen in Maßen gestattet werde, sich an Sportwetten zu beteiligen. Im Klartext: Das Glücksspiel kann ruhig wachsen - solange NRW sein Monopol auf Lotterien und Sportwetten wenigstens zum Teil behalten darf. Denn dieses Monopol ist eine Art Dukatenesel der Bundesländer. Und diese Geldquelle wird Rot-Grün mit Zähnen und Klauen verteidigen. Gegen die private Konkurrenz, die das Monopol kippen will. Und gegen Verbände, denen es wirklich um die Menschen geht. Quelle


Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
Pohlmann: Dem Spielsüchtigen ist es egal, ob ein Privatanbieter oder der Staat das Glücksspiel anbietet. Die größten Umsätze unter den Glücksspiel-Anbietern in Deutschland erzielen Spielbanken, Geldspielautomaten und der Lotto- und Totoblock. Die berühmten Pferdewetten haben mit 0,3 Prozent einen vergleichsweise geringen Anteil. Zu den Profiteuren der Angebote zählt natürlich auch der Staat, der allein im Jahr 2008 aus Glücksspielabgaben und damit verbundenen Steuern über 4,6 Milliarden Euro erlöst hat. Quelle


Zukunft des Glückspielrechts
Innenminister Holger Hövelmann (SPD) erklärte auf der heutigen Landtagssitzung zum Antrag der FDP-Landtagsfraktion zur Zukunft des Glücksspielrechts in Sachsen-Anhalt:„Der Antrag der FDP greift ein Thema auf, das nicht zuletzt durch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes vom 8. September 2010 in den Vordergrund der öffentlichen Diskussion gerückt ist. Ich erlaube mir daher zunächst, zu diesen Entscheidungen Folgendes klarzustellen:
Die in der Presse vielfach getätigte Aussage „Das Glücks­spielmonopol ist gekippt”, die auch in dem hier vorliegenden Antrag der FDP zum Ausdruck kommt, trifft nicht zu. Er entspringt wohl eher dem Wunschdenken einer -zugegebenermaßen finanzstarken und einflussreichen - Lobby. Jeder, der die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes sorgfältig gelesen hat, wird das feststellen können. weiterlesen


In der Pressemitteilung des EuGH steht unmissverständlich:
"Im Übrigen weist der Gerichtshof darauf hin, dass die dieses Monopol betreffende nationale Regelung, die gegen die Grundfreiheiten der Union verstößt, auch während der Zeit, die erforderlich ist, um sie mit dem Unionsrecht in Einklang zu bringen, nicht weiter angewandt werden darf."
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Quelle:

Die Wettbewerbszentrale schreibt:
Europäischer Gerichtshof verbietet das aktuelle deutsche Glücksspielmonopol

Das derzeitige deutsche Glücksspielmonopol für Sportwetten ist europarechtswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinen heutigen Entscheidungen (Urteile in der Rechtssache C-409/06, den verbundenen Rechtssachen C-316/07, C-358/07, C-359/07, C-360/07, C-409/07 und C-410/07und in der Rechtssache C-46/08).

Mehrere Wettanbieter hatten gegen das Monopol geklagt. Der EuGH stellt fest, dass ein Glücksspielmonopol aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses wie der Bekämpfung der Spielsucht und der Vermeidung von Anreizen übermäßig viel Geld für das Spielen auszugeben gerechtfertigt sein kann. Die Maßnahmen, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen, müssen aber zu ihrer Verwirklichung geeignet sein und dürfen nur solche Beschränkungen vorsehen, die dafür erforderlich sind.

Der EuGH ist der Auffassung, dass die deutsche Regelung die Glücksspiele nicht in kohärenter und systematischer Weise begrenzt. Zum einen führen nämlich die Inhaber der staatlichen Monopole intensive Werbekampagnen durch, um die Gewinne aus den Lotterien zu maximieren. Sie entfernen sich damit von den Zielen, die das Bestehen dieser Monopole rechtfertigen. Die Wettbewerbszentrale musste bereits gegen unzulässige Werbemaßnahmen in diesem Zusammenhang vorgehen (siehe News vom 18.06.2010 >>).

Zum anderen ist nach Ansicht des EuGH die deutsche Politik hinsichtlich anderer Glücksspiele wie Kasino- oder Automatenspiele fragwürdig. Diese Spiele unterliegen nicht dem staatlichen Monopol, weisen aber ein höheres Suchtpotenzial auf. Die Behörden betreiben oder dulden eine Politik, mit der zur Teilnahme an diesen Spielen ermuntert wird. Unter diesen Umständen lässt sich das präventive Ziel des Monopols nicht mehr wirksam verfolgen, so dass das Monopol nicht mehr gerechtfertigt werden kann.

Weiterführende Hinweise
Pressmitteilung Nr. 78/10 des EuGH vom 08.09.2010


DFL-Chef Seifert "Bei einem Totalverbot würde auch Lotto kollabieren"

Der Chef der Deutschen Fußball Liga über die Zukunft der Sportwetten, über die die Bundesländer kommende Woche beraten, und die Zerstückelung des Liga-Spielplans.

Entscheidender ist aber: Ohne jede Werbung und bei einem totalen Internet-Verbot würde nach der staatlichen Sportwette auch Lotto kollabieren. Und da geht es nicht mehr um Millionen, sondern um Milliarden. Quelle

Glücksspiel - Spielbanken verzeichnen weiter Ertragsrückgänge
Seit 2007 verzeichnen deutsche Spielbanken Ertragseinbußen von mehr als 30 Prozent. Schuld daran ist nicht die Finanz- oder Wirtschaftskrise, denn in Spielhallen und im Internet floriert das Geschäft. Denn dort stoßen die Zocker auf laschere Kontrollen. Mit verantwortlich dafür seien die Regeln des Staatsvertrags, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbandes der privaten Spielbanken (Bupris)...... .......„Der Staatsvertrag hat dazu geführt, dass das Glücksspiel komplett überreguliert ist“, sagte Reeckmann und forderte eine Überarbeitung. „Es muss für die Spielbanken wieder möglich sein, vernünftig und risikofrei werben zu können. Auch müssen die deutschen Spielbanken wieder mit Angeboten im Internet erreichbar sein“, sagte er.

Anfang September hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass das deutsche Monopol auf Sportwetten und Glücksspiel gegen Europarecht verstößt. „Diese Entscheidung bedeutet, dass der Gesetzgeber ein kohärentes System für Spielbanken und Anbietern von gewerblichen Automatenspiel herstellen muss“, sagt Reeckmann. „Der Handlungsdruck auf Seiten der Politik ist nach diesem Urteil hoch.“ Quelle


über Suchtgefahren:
PC-Sucht
Nach den Feststellungen der Interdisziplinären Suchtforschungsgruppe der Berliner Charité (ISFB) ist in Deutschland jeder zehnte Computerspieler süchtig - das sind rund 1,5 Millionen Menschen.
Bei der Onlinesucht werden ganz grob drei Formen unterschieden. Neben der Kommunikationssucht gibt es noch die Online-Spielsucht und die Online-Sexsucht, wobei von den Onlinespielen eine hohe Suchtgefahr ausgeht. Quelle: pcgo 4/08