Freitag, 16. Oktober 2015

Grundlegende Neuregelung des Glücksspielrechts?

Hessen will Sportwetten-Lizenzen unbegrenzt vergeben
Hessen will die Begrenzung von Lizenzen für Sportwetten-Anbieter in Deutschland aufheben. Jeder Anbieter, der die gesetzlichen Voraussetzungen erfülle, soll dafür eine Erlaubnis erhalten.
Weiter zum vollständigen Artikel ...

Vorschlag der hessischen Landesregierung: Grundlegende Neuregelung des Glücksspielrechts?

Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Arendts Rechtsanwälte
Perlacher Str. 68
D - 82031 Grünwald (bei München)   
Tel.: +49 89 649111-75
Fax: +49 89 649111-76
E-Mail: martin.arendts@anlageanwalt.de


Nach Zeitungsberichten, u.a. in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), will das Land Hessen eine grundlegende Änderung des Glücksspielstaatsvertrags 2012 erreichen. Ein diesbezüglicher Beschluss der schwarz-grünen Regierung in Wiesbaden soll nun den anderen Bundesländern vorgestellt werden.

Hessen, das im Rahmen des derzeitig noch geltenden Glücksspielstaatsvertrags auch im Namen der anderen Bundesländern Konzessionen an Sportwettenanbieter im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrags vergeben soll, will insbesondere die rechtlich problematische Begrenzung auf 20 Lizenzen aufheben. Diese hatte – neben Verfahrensfehlern – trotz mehr als dreijähriger Verfahrensdauer die Vergabe der Lizenzen bislang verhindert. Jeder Anbieter, der die gesetzlichen Voraussetzungen erfülle, solle nunmehr eine Erlaubnis erhalten. Die derzeitige Einschränkung auf 20 Konzessionen werde dem Markt nicht gerecht. Einen entsprechenden Vorschlag einer qualitativen Konzessionierung hatte der hessische Innenminister Peter Beuth bereits vor einigen Monaten in einem in der FAZ erschienen Gastbeitrag lanciert (FAZ vom 15. Juni 2015). Beuth verwies nunmehr erneut darauf, dass die Begrenzung dem aktuellen Markt nicht gerecht werde. Derzeit gebe es bundesweit 133 (illegale) Sportwettenseiten. Europarechtlich sei die Einschränkung auf 20 Konzessionen nicht haltbar.

Auch für die nach der derzeitigen Regelung unzulässigen Casino- und Pokerspiele im Internet sollen zukünftig erlaubt werden. Mit dieser Neuregelung solle der „größte Schwarzmarkt in Deutschland“ bekämpft werden. Der eigentlich beabsichtigte Schutz der Jugendlichen in einem unregulierten Markt sei nicht möglich. Außerdem entgingen dem Staat Einnahmen in Höhe von vielen Millionen Euro.

Hessen übernimmt damit im Wesentlichen die 2012 bis Anfang 2013 geltende Regelung in Schleswig-Holstein, das Lizenzen auch für Online-Casinospielanbieter und ohne zahlenmäßige Begrenzung auch an Sportwettenanbieter ausgereicht hatte. Der Vorschlag Hessens wurde daher auch umgehend von den damaligen Initiatoren des schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes, dem Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Hans-Jörn Arp, und dem FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki begrüßt. Sie forderten in einer Pressemitteilung auf, Hessen in seinem Kurs zu unterstützen.

Im Alleingang
Die hessische Landesregierung fordert eine völlige Neuordnung der Glücksspielgesetze
Sie will den Markt in weiten Teilen liberalisieren.
Per Kabinettsbeschluss will sie die Glücksspielregulierung völlig neu ordnen und den Markt in weiten Teilen liberalisieren. Der für den Bereich zuständige Innenminister Peter Beuth (CDU) stellt sich in einem am Donnerstag veröffentlichten Fünf-Punkte-Plan gegen seine Ressortkollegen, die an den bisherigen Glücksspielgesetzen festhalten wollen. Konkret fordert die hessische Regierung, Casino- und Pokerspiele im Internet nicht mehr grundsätzlich zu verbieten, und verweist auf den florierenden und unkontrollierten Schwarzmarkt, dem "inzwischen größten" in Deutschland. Zudem will Hessen mehr Sportwettanbieter zulassen als im Gesetz vorgesehen.
Weiter zum vollständigen Artikel ...

Die große Farce
Deutschlands gescheiterte Regulierung zum Glücksspiel ist mittlerweile eine Farce.......
Der Schwebezustand mit völlig ungeklärten Rechtsgrundlagen für den Glücksspielmarkt schadet auch vielen privaten Anbietern, die gerne legal in Deutschland ihrem Gewerbe nachgehen würden.
Sie werden mit dem Argument des Suchtschutzes von denjenigen gezielt ausgebremst, die seit Jahren eigentlich nur ihre Pfründe und das staatliche Glücksspielmonopol mit fast allen Mitteln verteidigen. Hier geht es vor allem um alte Seilschaften zwischen staatlichen Lottogesellschaften und Landespolitikern, vom kleinen Saarland bis zum großen Nordrhein-Westfalen.
Weiter zum vollständigen Artikel ...

Neuregelung des deutschen Glücksspiel- und Wettrechts? – Hessische Landesregierung schlägt grundlegende Änderung des Glückspielstaatsvertrags vor

Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Arendts Rechtsanwälte
Perlacher Str. 68
D - 82031 Grünwald (bei München)    Tel.: +49 89 649111-75
Fax: +49 89 649111-76
E-Mail: martin.arendts@anlageanwalt.de


Das Land Hessen will eine grundlegende Änderung des in der Praxis gescheiterten und in vielen Punkten rechtlich angreifbaren Glücksspielstaatsvertrags 2012 erreichen. Ein diesbezüglicher Kabinettsbeschluss der schwarz-grünen Regierung soll nun den anderen Bundesländern vorgestellt werden.
Die die von der Hessischen Landesregierung beschlossenen „Leitlinien für eine zeitgemäße Glücksspielregulierung in Deutschland“ sehen grundlegende Änderungen bei dem zwischen den 16 deutschen Ländern abgeschlossenen Glücksspielstaatsvertrag vor.
In den insgesamt fünf Leitlinien wird u.a. eine Zulassung von Poker- und Casinospielen im Internet vorgeschlagen. Bei Sportwetten will man statt der quantitative Begrenzung auf 20 Anbieter eine qualitative Konzessionierung durchsetzen. Auch Anbieter von Poker- und Casinospielen sollen ohne zahlenmäßige Begrenzung zugelassen werden.

Hessen übernimmt damit im Wesentlichen die 2012 bis Anfang 2013 geltende Regelung in Schleswig-Holstein, das Lizenzen auch für Online-Casinospielanbieter und ohne zahlenmäßige Begrenzung auch an Sportwettenanbieter ausgereicht hatte. Der Vorschlag Hessens wurde daher auch umgehend von den damaligen Initiatoren des schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetztes, dem Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Hans-Jörn Arp, und dem FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki begrüßt. Sie forderten in einer Pressemitteilung auf, Hessen in seinem Kurs zu unterstützen.

Nach den „Leitlinien“ soll darüber hinaus das staatsrechtlich höchst problematische sog. Glücksspielkollegium durch eine gemeinsame Anstalt des öffentlichen Rechts ersetzt werden.

Für eine Umsetzung der „Leitlinien für eine zeitgemäße Glücksspielregulierung in Deutschland“ müsste der Glückspielstaatsvertrag grundlegend geändert werden. Für eine entsprechende Änderung des Staatsvertrags müssten die Länderparlamente zustimmen, da der Bayerische Verfassungsgerichtshof in einer aktuellen, nachfolgend näher dargestellten Entscheidung eine Änderung der Anzahl der zu vergebenden Sportwetten-Konzessionen durch einen Beschluss der Ministerpräsidenten als verfassungswidrig beurteilt hatte.

Zu den von der Hessischen Landesregierung beschlossenen Leitlinien im Einzelnen:

Leitlinie 1: Zulassung von Casino- und Pokerspielen im Internet


Hessen will das derzeit nach der deutschen Gesetzeslage geltende strikte Verbot von Onlinecasino- und Onlinepokerspielen aufheben. Die gesetzgeberische Intention mit Blick auf die Ziele des Glücksspielstaatvertrags sei bis heute nicht erfüllt worden. Gerade in den letzten beiden Jahren sei der illegale Onlinecasino- und Pokermarkt weiter gewachsen. Der eigentlich beabsichtigte Schutz der Jugendlichen in einem unregulierten Markt sei nicht möglich. Außerdem entgingen dem Staat Einnahmen in Höhe von vielen Millionen Euro.

Vor diesem Hintergrund solle zur Bekämpfung des laut Hessen inzwischen „größten Schwarzmarkts in Deutschland“ sowie auch aus Gründen des Spieler- und Jugendschutzes eine Regulierung dieses Marktsegments erfolgen. Eine Erlaubniserteilung für Casino- und Pokerspiele im Internet soll ohne quantitative Begrenzung möglich sein. Überdies sollte ein Steuertatbestand geschaffen werden.

Leitlinie 2: Aufhebung der Zahl der zu vergebenden Sportwettkonzessionen

Hessen, das im Rahmen des derzeit noch geltenden Glücksspielstaatsvertrags auch im Namen der anderen Bundesländern Konzessionen an Sportwettenanbieter im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrags vergeben soll, will insbesondere die verfassungs- und europarechtlich problematische Begrenzung auf 20 Lizenzen aufheben. Diese hatte – neben zahlreichen Verfahrensfehlern – trotz mehr als dreijähriger Verfahrensdauer die Vergabe der Lizenzen bislang verhindert.

Nach dem hessischen Vorschlag soll jeder Anbieter, der die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, nunmehr eine Erlaubnis erhalten. Die derzeitige Einschränkung auf 20 Sportwetten-Konzessionen werde dem Markt nicht gerecht. Einen entsprechenden Vorschlag einer „qualitativen Konzessionierung“ hatte der hessische Innenminister Peter Beuth bereits vor einigen Monaten in einem in der FAZ erschienen Gastbeitrag lanciert (FAZ vom 15. Juni 2015). Beuth verwies nunmehr erneut darauf, dass die Begrenzung dem aktuellen Markt nicht gerecht werde. Derzeit gebe es bundesweit 133 (illegale) Sportwettenseiten. Europarechtlich sei die Einschränkung auf 20 Konzessionen nicht haltbar.

Für eine Aufhebung der Beschränkung auf 20 Konzessionen ist eine Änderung des Glücksspielstaatsvertrags erforderlich. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat nämlich kürzlich in seiner Entscheidung vom 25. September 2015 Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) für nicht mit der Bayerischen Verfassung vereinbar erklärt (Az. Vf. 9-VII-13, Vf. 4-VII-14 und Vf. 10-VII-14). So verstößt die Regelung, dass die in dem GlüStV bestimmte Zahl der Wettkonzessionen im Nachhinein durch einen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz (§ 4 a Abs. 3 Satz 2 GlüStV) abgeändert werden kann, nach den Feststellungen des Verfassungsgerichtshofs gegen Verfassungsrecht. Diese Ermächtigung der Ministerpräsidentenkonferenz zu einer verbindlichen (Neu-)Festlegung der Zahl der zu vergebenden Konzessionen für Sportwetten verstoße gegen das bundes- und landesverfassungsrechtliche Gebot, dass es auch bei föderalem Zusammenwirken der Bundesländer möglich bleiben muss, einen außenwirksamen Hoheitsakt dem jeweiligen Land zuzurechnen, und ist daher mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) nicht vereinbar.

Leitlinie 3: Selbstlimitierungsmöglichkeiten statt Internet-Höchsteinsatzgrenze

Die derzeitige Regelung sieht eine Beschränkung des Höchsteinsatzes auf EUR 1.000,- je Monat vor. Eine derartige Begrenzung des Höchsteinsatzes sei jedoch weder marktgerecht, noch helfe es dem Spielerschutz oder der Suchtprävention. Bei marktüblichen Gewinnausschüttungen von 95% dürfe bei einem Höchsteinsatz von EUR 1.000,- nicht weitergespielt werden, obwohl der Spieler möglicherweise gar nichts verloren habe. Zudem führe eine starre Regelung dazu, dass die sogenannten „High-roller“ und andere Spieler, die höhere Einsätze spielen wollten, in den Schwarzmarkt abwanderten. Vor diesem Hintergrund wäre die Einführung von Selbstlimitierungsmöglichkeiten durch den Spieler sowie die Einführung von Verlustlimits anstelle von Einsatzlimits eine wesentlich geeignetere Möglichkeit.

Bei der Registrierung der Spieler im Internet sollen derzeit die recht strikten Anforderungen der Standards der KJM (Kommission für Jugendmedienschutz) eingehalten werden. Diese Anforderungen seien jedoch derart hoch, dass der Durchschnittsspieler die Registrierung abbreche und nach einfacheren, meist illegalen Alternativen suche (Abbruchquoten zwischen 50 und 70%). Die Anforderungen an die Registrierung sollten nicht zu hoch sein, da der von Bequemlichkeit geleitete Internetspieler sonst nach einfacheren Alternativen suche. Insbesondere sollten medienbruchfreie Verfahren bevorzugt werden.

Leitlinie 4: Ersatz des Glücksspielkollegiums durch eine gemeinsame Anstalt des öffentlichen Rechts

Nach der derzeitigen Rechtslage entscheidet für die ländereinheitlich zu führenden Verfahren das aus 16 Beamten bestehende sog. Glücksspielkollegium mit einer qualifizierten Mehrheit (Zwei-Drittel-Mehrheit) für die Länder. Diese Entscheidung wird von der Behörde eines Landes dann mit Wirkung für alle Länder nach außen umgesetzt. Nach Einschätzung Hessens habe sich dieses Verfahren als wenig effektiv herausgestellt. Zum einen seien durch das Erfordernis einer Zwei-Drittel-Mehrheit nur wenige Länder nötig, um positive Entscheidungen zu blockieren. Zum anderen bestehe die Problematik, dass eine Einigung häufig nur „auf den geringsten gemeinsamen Nenner“ möglich ist. Das Verfahren führe zum Teil zu untragbaren Konsequenzen für die Länder. Die Hessische Landesregierung verweist dabei auf die eigene Erfahrungen: So habe Hessen im Sportwettkonzessionsverfahren oder bei Pferdewetten Entscheidungen des Glückspielkollegiums umsetzen und entsprechend vor Gericht verteidigen müssen, die es selbst rechtlich für bedenklich halte.

Inzident verweist die Hessische Landesregierung damit auf die gravierenden rechtlichen Bedenken mehrerer Gerichte gegen das im Geheimen tagende, parlamentarisch nicht legitimierte und ohne Begründungen entscheidende Glückspielkollegium (vgl. etwa den Beschluss des VG Wiesbaden vom 16.04.2014, Az.: 5 L 1448/14.WI).

Nach dem Willen Hessens soll die notwendige Zusammenarbeit der Länder zukünftig durch Gründung einer gemeinsamen Anstalt des öffentlichen Rechts gewährleistet werden (ähnlich der für die Finanzaufsicht zuständigen BaFin). Diese Anstalt solle für die bundesweite Erteilung der Interneterlaubnisse, die Aufsicht sowie die Untersagung unerlaubten Glücksspiels und der Werbung hierfür im Internet zuständig sein.

Leitlinie 5: Bundesweite zentrale Sperrdatei

Nach dem derzeitigen Glücksspielstaatvertrag betreibt das Land Hessen die bundesweite zentrale Sperrdatei, an die u.a. die Landeslotteriegesellschaften, die Spielbanken und die Sportwettkonzessionäre angebunden werden sollen, sowie eine eigene Sperrdatei, an welche die hessischen Spielhallen angeschlossen sind. Ursprünglich sei geplant gewesen, die hessischen Spielhallen an die bundesweite, zentrale Sperrdatei, anzuschließen, damit Spieler, die sich in einer hessischen Spielhalle sperren lassen, auch an anderen Glücksspielen mit besonderem Gefährdungspotential, wie beispielsweise Glücksspiele in Spielbanken, nicht teilnehmen können. Der Betrieb zweier Sperrdateien sei zudem aufwändig und überdies sehr kostenintensiv. Vor diesem Hintergrund soll daher eine Rechtsgrundlage zur Ermöglichung des Anschlusses der Spielhallen an die bundesweite zentrale Sperrdatei geschaffen werden.


Glücksspielstaatsvertrag: Endlich aufs richtige Pferd setzen
DIE GRÜNEN im Landtag unterstützen die Bemühungen der Landesregierung, den Glücksspielstaatsvertrag der Länder zu ändern. „Wir GRÜNE haben die quantitative Beschränkung der Konzessionen auf eine bestimmte Zahl noch nie verstanden. Stattdessen waren wir immer dafür, den Zugang zum Sportwettenmarkt an qualitative Kriterien wie Spieler- und Jugendschutz, Suchtprävention und Zuverlässigkeit zu knüpfen. Die nun von der Landesregierung vorgelegten Reformvorschläge ebnen den Weg für eine moderne Glücksspielregelung in diesem Sinne“, erklärt Jürgen Frömmrich, innenpolitischer Sprecher der GRÜNEN.

Die Regierung hat fünf Leitlinien zur zeitgemäßen Glücksspielregulierung vorgelegt. Kernpunkte sind die notwendige Regulierung des Glücksspiels im Internet unter Berücksichtigung des Spieler- und Jugendschutzes, die Aufhebung der willkürlichen Zahl der zu vergebenden Konzessionen, die Einführung von Verlust- und die Abschaffung von Einsatzlimits sowie die Gründung einer gemeinsamen Anstalt des öffentlichen Rechts ähnlich der BaFin, die für die bundesweite Erteilung der Interneterlaubnisse, die Aufsicht sowie die Untersagung unerlaubten Glücksspiels zuständig wäre.

DIE GRÜNEN hoffen, dass einige andere Bundesländer nun über ihren Schatten springen und ihre Blockadehaltung aufgeben. Neben Staatseinnahmen gehe es doch auch um bessere Regulierungen zum Schutz vor Spielsucht. Dazu Frömmrich: „Die Geschäfte laufen momentan auch ohne uns munter weiter. Mehr oder weniger seriöse Anbieter bieten ihre Leistungen von vielen Orten der Welt aus an, ohne sich um Jugendschutz oder das Problem der Spielsucht zu scheren. Und der Steuerzahler guckt dabei in die Röhre.“

Der Glücksspielstaatsvertrag in seiner jetzigen Form setze nach Ansicht der GRÜNEN die Ent-scheidung des EuGH aus dem Jahr 2010 nicht um. Dieser hatte festgestellt, dass die deutschen Regelungen das Glücksspiel nicht kohärent und systematisch begrenzen. „Aus diesem Grund ist es an der Zeit, den Glücksspielstaatsvertrag endlich zu ändern.“

Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecher: Volker Schmidt
Schlossplatz 1-3; 65183 Wiesbaden
Fon: 0611/350597; Fax: 0611/350601
Mail: presse-gruene@ltg.hessen.de
Web: http://www.gruene-hessen.de/landtag



Hessisches Ministerium des Innern und für Sport: Hessen macht konkrete Vorschläge für eine moderne Glücksspielregulierung
Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 8. Oktober 2015

Die Hessische Landesregierung hat fünf „Leitlinien für eine zeitgemäße Glücksspielregulierung in Deutschland“ beschlossen. „Wir machen damit konkrete Vorschläge an die anderen Bundesländer, den Glücksspielstaatsvertrag anzupassen, um seine Ziele zu erreichen“, sagte der Hessische Innenminister Peter Beuth. Die gesetzgeberische Intention, wie Jugendschutz, Bekämpfung der Spielsucht und die Sicherstellung des Verbraucherschutzes der Spieler sei nicht erreicht worden, da mangels Ordnung völliger Wildwuchs entstanden sei.

Beuth spielt damit vor allem auf die bisher gescheiterte Vergabe der Sportwettenkonzessionen an, die zurzeit bei unterschiedlichen Gerichten beklagt wird. Es sei an der Zeit aus der bundesweit unbefriedigenden Situation herauszukommen. Man müsse handeln statt den Ausgang der langwierigen Gerichtsverfahren abzuwarten. „Wir Hessen haben immer wieder darauf hingewiesen, dass wir eine Neuregelung des bestehenden gesetzlichen Rahmens brauchen: auf der Ebene der Ministerpräsidentenkonferenz, bei der Innenministerkonferenz und in der Öffentlichkeit. Die nun von uns vorgelegten Leitlinien zeigen, was nun praktisch zu tun ist“, betonte Beuth.

Die fünf Leitlinien sähen u.a. die Regulierung von Casino- und Pokerspielen im Internet oder die Aufhebung der Zahl der zu vergebenden Sportwettkonzessionen vor. Zudem würden Vorschläge zu den Anforderungen an die Registrierung im Internet, die Zusammenarbeit der Länder oder zur bundesweiten zentralen Sperrdatei gemacht.

„Eine quantitative Deckelung bei der Konzessionsvergabe im Bereich der Sportwetten führt nicht zu einer Verbesserung der Suchtprävention. Deshalb setzen wir uns für eine qualitative Begrenzung der Konzessionen ein. Sportwettenanbieter, die die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags korrekt umsetzen, sollen auch eine Konzession erhalten können. Die Anzahl spielt dann keine Rolle mehr. Dem tragen wir mit unseren Leitlinien Rechnung. Denn wir wollen, dass die Ziele des Glückspielstaatsvertrags wie Jugendschutz, Bekämpfung der Spielsucht, des Schwarzmarkts und der damit einhergehenden Kriminalität wirksam erreicht werden“, erklärte der Innenminister.

„Unser Ziel ist eindeutig: Der Glücksspielmarkt in Deutschland muss wieder klaren Regeln unterliegen. Es ist im Interesse der Spielerinnen und Spieler, der Anbieter und nicht zuletzt der Steuerzahler, dass die hessischen Vorschläge schnellstmöglich umgesetzt werden, um zu einem geordneten Verfahren zurück zu gelangen“, machte Beuth deutlich.

Im Einzelnen sehen die von der Hessischen Landesregierung beschlossenen Leitlinien folgendes vor:

Leitlinien für eine zeitgemäße Glücksspielregulierung in Deutschland

Leitlinie 1: Regulierung von Casino- und Pokerspielen im Internet


Aus der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) ergibt sich, dass es bei dem strikten Verbot von Onlinecasino- und Onlinepokerspielen verbleiben sollte, da der Gesetzgeber von einer hohen Manipulationsanfälligkeit solcher Spiele und einem hohen Suchtpotential ausgegangen ist. Die Nachfrage nach solchen Spielen sollte in den terrestrischen Spielbanken gedeckt werden. Eventuell vorhandene unerlaubte Angebote im Internet sollten mit Nachdruck bekämpft werden, etwa durch Unterbindung der Zahlungsströme. Der Gesetzgeber ging von einem Marktvolumen in 2009 von 0,1 bis 0,3 Mrd. Euro bei Casinospielen aus sowie 0,2 bis 0,3 Mrd. Euro bei Poker im Internet.

Diese gesetzgeberische Intention mit Blick auf die Ziele des GlüStV wurde bis heute nicht erfüllt.

Gerade in den letzten beiden Jahren ist der illegale Onlinecasino- und Pokermarkt weiter gewachsen. Von den etwa 823 deutschsprachigen Internetseiten bieten 394 (48%) ein Casinoangebot und 86 (11%) Pokerspiele an. Im vierten Quartal 2014 betrug der Internetcasinoeinsatz Studien zufolge 5,941 Mrd. Euro (im gesamten Jahr 2014 waren es 18,357 Mrd. Euro) und der Internetpokereinsatz 789 Mio. Euro (im gesamten Jahr 2014 waren es 3,952 Mrd. Euro). Ein legales Angebot, wie etwa ein Angebot der regulierten Spielbanken, existiert nicht. Der Erfolg der vorgesehenen Unterbindung des illegalen Spiels lässt sich an den genannten Zahlen ablesen. Das gesetzlich geregelte Ziel der Schwarzmarktbekämpfung wird in diesem Bereich daher vollkommen außer Acht gelassen. Aber auch der Wille des Gesetzgebers Spieler und Jugendliche zu schützen, kann in einem unregulierten Markt nicht gewährleistet werden. Alle dargestellten Umsätze werden derzeit im Schwarzmarkt generiert. Den Ländern entgehen hierdurch Einnahmen in erheblicher Höhe (ausgehend von einer Besteuerung, die sich an die Regelung in Schleswig Holstein anlehnt, wären dies in 2014 Steuern in Höhe von 230 Mio. Euro gewesen).

Vor diesem Hintergrund sollte zur Bekämpfung des inzwischen größten Schwarzmarkts in Deutschland sowie auch aus Gründen des Spieler- und Jugendschutzes eine Regulierung dieses Marktsegments erfolgen. Eine Erlaubniserteilung für Casino- und Pokerspiele im Internet sollte, ohne quantitative Begrenzung, möglich sein. Überdies sollte ein Steuertatbestand geschaffen werden. Dies hätte unter anderem den Vorteil, dass der Schwarzmarkt effektiv bekämpft werden kann, die manipulationsanfälligen Spiele im Internet einer Kontrolle unterliegen, die Vorgaben des Spieler- und Jugendschutzes auch in diesem Marktsegment Anwendung finden und die hierdurch entstehenden Steuern guten Zwecken zugeführt werden können.

Leitlinie 2: Aufhebung der Zahl der zu vergebenden Sportwettkonzessionen (derzeit Begrenzung auf 20)

Nach dem GlüStV sollte innerhalb des Experimentierzeitraums von sieben Jahren die Kanalisierungswirkung der konzessionierten Öffnung der Sportwetten durch die Lenkung der Nachfrage in rechtmäßige, aber zahlenmäßig beschränkte Bahnen, getestet werden. Eine Expansion des Sportwettmarkts sollte aber nach dem Willen des Gesetzgebers vermieden werden. Der Gesetzgeber ging dabei jedoch von einer „überschaubaren Zahl illegal tätiger Unternehmen“ aus, sodass die Beschränkung der Sportwettkonzessionen auf 20 plausibel erschien.

Diese gesetzgeberische Intention mit Blick auf die Ziele des GlüStV wurde bis heute nicht erfüllt.


Laut aktueller Studien gibt es in Deutschland derzeit 133 (illegale) Sportwettseiten. Dies entspricht in etwa auch der Zahl der an einer Konzession interessierten Unternehmen. Steuern werden bereits von 39 Unternehmen alleine an das Finanzamt Frankfurt III entrichtet. Die Begrenzung der Anzahl der Konzessionen auf 20 wird dem bestehenden Markt daher nicht gerecht und führt auch nicht etwa zu einem geringeren Angebot. Die quantitative Begrenzung führt lediglich zu Klagewellen der im Konzessionsverfahren unterlegenen Anbieter und hierdurch zum Stillstand in diesem Marktsegment, da die Experimentierphase gar nicht erst zum Tragen kommen kann. Eine Marktregulierung findet ebenfalls nicht statt. Im Übrigen ist eine Begrenzung der Zahl der zu vergebenden Konzessionen auf 20 europarechtlich kaum haltbar.

Vor diesem Hintergrund sollten die Erlaubnisse für Sportwetten ohne quantitative Begrenzung vergeben werden können. Jeder Anbieter, der die ohnehin hohen glücksspielrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, sollte eine Erlaubnis erhalten können. Des Weiteren wäre zu empfehlen, auch die Anforderungen an die Ausgestaltung der Sportwette an die Marktbedürfnisse anzupassen (Beispiel: Verbot der Live-Wette; dies macht jedoch etwa 60 bis 70% des Umsatzes bei den Unternehmen aus).

Leitlinie 3: Internet-Höchsteinsatzgrenze von 1.000 Euro; Anforderungen an die Registrierung im Internet

Nach dem GlüStV soll die Beschränkung des Höchsteinsatzes auf 1.000 Euro je Monat insbesondere dem Spielerschutz und der Suchtprävention dienen. Aus der Begründung zum GlüStV ergibt sich zudem, dass bei der Registrierung der Spieler im Internet die Anforderungen der KJM (Kommission für Jugendmedienschutz)-Standards einzuhalten sind. Dies soll insbesondere dazu dienen, Minderjährige vom Spiel im Internet abzuhalten.

Diese gesetzgeberische Intention mit Blick auf die Ziele des GlüStV wurde bis heute nicht erfüllt.


Eine Begrenzung des Höchsteinsatzes auf 1.000 Euro je Monat ist weder marktgerecht, noch hilft es dem Spielerschutz oder der Suchtprävention. Bei marktüblichen Gewinnausschüttungen von 95% dürfte demnach bei einem Höchsteinsatz von 1.000 Euro nicht weitergespielt werden, obwohl der Spieler möglicherweise gar nichts verloren hat. Auch Suchtexperten raten eher zu monatlichen Verlustgrenzen. Zudem führt eine starre Regelung dazu, dass die sogenannten „high-roller“ und andere Spieler, die höhere Einsätze spielen wollen, in den Schwarzmarkt abwandern. Das belegen auch Studien in anderen Ländern. Bei den Anforderungen an die Registrierung im Internet sind die Anforderungen der KJM derart hoch, dass der Durchschnittsspieler die Registrierung abbricht und nach einfacheren, meist illegalen Alternativen sucht. Die Abbruchquoten im Registrierungsprozess liegen Studien und Aussagen der Landeslotteriegesellschaften zufolge bei diesen Anforderungen zwischen 50 und 70%.

Vor diesem Hintergrund wäre die Einführung von Selbstlimitierungsmöglichkeiten durch den Spieler sowie die Einführung von Verlustlimits anstelle von Einsatzlimits eine wesentlich geeignetere Möglichkeit. Diese Änderung könnte den gewünschten Spielerschutz erheblich besser gewährleisten, da sich die Sperre an der Höhe der Verluste orientiert. Die Anforderungen an die Registrierung sollten nicht zu hoch sein, da der von Bequemlichkeit geleitete Internetspieler nach einfacheren Alternativen suchen wird. Insbesondere sollten medienbruchfreie Verfahren bevorzugt werden.

Leitlinie 4: Glücksspielkollegium – Zusammenarbeit der Länder; Gründung einer gemeinsamen Anstalt des öffentlichen Rechts

Nach dem GlüStV sollte durch die Schaffung des Glücksspielkollegiums die Zusammenarbeit der Länder fortentwickelt und effektiver gestaltet werden. Für die ländereinheitlich zu führenden Verfahren entscheidet das Kollegium mit einer qualifizierten Mehrheit (Zwei-Drittel-Mehrheit) für die Länder. Diese Entscheidung wird von der Behörde eines Landes mit Wirkung für alle Länder nach außen umgesetzt.

Diese gesetzgeberische Intention mit Blick auf die Ziele des GlüStV wurde bis heute nicht erfüllt.

Das Verfahren hat sich als wenig effektiv herausgestellt. Zum einen sind durch das Erfordernis einer Zwei-Drittel-Mehrheit nur wenige Länder nötig, um positive Entscheidungen zu blockieren. Zum anderen besteht die Problematik, dass eine Einigung häufig nur „auf den geringsten gemeinsamen Nenner“ möglich ist. Das Verfahren führt zum Teil zu untragbaren Konsequenzen für die Länder. So muss ein zentral zuständiges Bundesland wie Hessen im Sportwettkonzessionsverfahren oder bei Pferdewetten Entscheidungen des Glückspielkollegiums umsetzen und entsprechend vor Gericht verteidigen, die es selbst rechtlich für bedenklich hält.

Vor diesem Hintergrund sollte die notwendige Zusammenarbeit der Länder durch Gründung einer gemeinsamen Anstalt des öffentlichen Rechts gewährleistet werden. Der Wunsch nach effektiver Zusammenarbeit könnte besser gewährleistet werden, wenn die Länder eine gemeinsame Anstalt des öffentlichen Rechts ähnlich der BaFin (mit Sitz in Hessen) hätten, die für die bundesweite Erteilung der Interneterlaubnisse, die Aufsicht sowie die Untersagung unerlaubten Glücksspiels und der Werbung hierfür im Internet zuständig wäre. Hier wäre die politische Steuerung der Bundesländer gewährleistet, da die Länder die Anstalt über einen Verwaltungsrat steuern könnten. Zudem wäre Deutschland durch eine solche Regelung auf Augenhöhe mit Ländern wie Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien oder Dänemark, die ebenfalls über eine Aufsichts- und Regulierungsbehörde verfügen.

Leitlinie 5: Bundesweite zentrale Sperrdatei / Hessische Sperrdatei für Spielhallen; Anschluss der Spielhallen an die bundesweite zentrale Sperrdatei

Nach dem GlüStV betreibt das Land Hessen die bundesweite zentrale Sperrdatei, an die u.a. die Landeslotteriegesellschaften, die Spielbanken und die Sportwettkonzessionäre angebunden werden sollen, sowie eine eigene Sperrdatei, an welche die hessischen Spielhallen angeschlossen sind. Die Regelungen dienen dem aktiven Spielerschutz.

Diese gesetzgeberische Intention mit Blick auf die Ziele des GlüStV wurde bis heute nicht vollständig erfüllt.


Ursprünglich war geplant, die hessischen Spielhallen an die bundesweite, zentrale Sperrdatei, anzuschließen, damit Spieler, die sich in einer hessischen Spielhalle sperren lassen, auch an anderen Glücksspielen mit besonderem Gefährdungspotential, wie beispielsweise Glücksspiele in Spielbanken, nicht teilnehmen können. Dies war jedoch mangels Rechtsgrundlage im GlüStV bislang nicht möglich. Der Betrieb zweier Sperrdateien ist zudem aufwändig und überdies sehr kostenintensiv. Mangels Regelung im GlüStV unterscheiden einige Länder bei Glücksspielen im Internet nicht zwischen Spielen mit hohem Gefährdungspotential und Spielen mit geringem Gefährdungspotential, wie es im terrestrischen Bereich der Fall ist. Dies führt zu der Situation, dass bspw. Lotto Hessen keine Abfragepflicht gegen die Sperrdatei für ihr Produkt Lotto „6 aus 49“ auferlegt bekommen hat, andere Länder dies ihren Lottogesellschaften jedoch als Pflicht auferlegen. Das Land Hessen als Betreiber der Sperrdatei überprüft aber nicht die Erlaubnisse anderer Länder, sondern schließt die Verpflichteten entsprechend der jeweiligen Erlaubnis an. Eine Abfragepflicht für das Produkt „6 aus 49“ könnte jedoch zu einer solch enormen Sperrdateiabfrage an Samstagen führen (im millionenfachen Bereich), dass es zu Ausfällen des Sperrsystems mit noch ungeklärten Haftungsfolgen kommen könnte.

Vor diesem Hintergrund sollte eine Rechtsgrundlage im GlüStV zur Ermöglichung des Anschlusses der Spielhallen an die bundesweite zentrale Sperrdatei geschaffen werden. Dies dient zum einen dem Spielerschutz, führt aber auch zur Einsparung erheblicher Kosten, da nur noch eine Sperrdatei betrieben werden müsste. Im Hinblick auf die Abfragepflicht bedarf es einer Klarstellung im GlüStV, dass auch bei Glücksspielen im Internet zwischen Glücksspielen mit hohem Gefährdungspotential und Glücksspielen mit geringerem Gefährdungspotential unterschieden werden sollte.