Von Rechtsanwalt Dr. Robert Kazemi
Eine Bewertung der Entscheidung FG Köln, Urt. v. 31.10.2012 12 K 1136/11
In Pokerkreisen war lange auf eine erste Entscheidung in Sachen Steuerbarkeit von Pokergewinnen gewartet worden. Hunderte deutscher Pokerspieler sind seit Anfang 2009 verunsichert, waren die Finanzbehörden der Länder neben den Spielbanken, dem Fernsehen und der Werbeindustrie ebenfalls auf den Siegeszug des Pokerns weg von den Hinterzimmern der Illegalität, hin zu „sportlichen” Großereignissen aufgesprungen und hatten seitdem die Pokerspieler (als vermeintliche Steuersünder) ins Visier genommen. Poker sollte fortan aus finanzrechtlicher Sicht nicht mehr als Glücksspiel, sondern als Geschicklichkeitsspiel gelten, aus deren Teilnahme sich steuerrelevante Gewinne erzielen lassen. Damit aber wichen die Finanzbehörden von der einhelligen Linie der deutschen Verwaltungs- und Strafrechtspraxis ab, die – auch heute noch – der Ansicht ist, dass das Pokerspiel ein Glücks- und kein Geschicklichkeitsspiel dar. Diese Einordnung teilten auch die Finanzämter über lange Jahre und ließen die Pokerspieler und ihr Gewinne unangetastet. Das Glück unterfällt nicht der Steuer, der Glückliche konnte seine Gewinne behalten. Was für Lotteriegewinne und andere klassische Casino-Spiele, wie Roulette und Black-Jack, weiterhin Geltung beansprucht, soll nunmehr für das Pokerspiel nicht mehr gelten: „Die Einkünfte des Klägers aus den Pokerturnieren sind als gewerbliche Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar.”, so der Tenor der – nunmehr auch in den Entscheidungsgründen vorliegenden – Entscheidung des Finanzgerichtes Köln vom 31.10.2012.
Der Verfasser ist als Prozessbevollmächtigter des Klägers, dem ehemaligen Berufspiloten Eduard Scharf, am Verfahren beteiligt Die zugelassene Revision zum BFH wurde – nach Urteilszustellung kurz vor Weihnachten – noch im Jahre 2012 eingelegt und wird demnächst begründet. Es versteht sich von selbst, dass der Unterzeichner der Urteilsfindung des Finanzgerichtes Köln und der für den Entscheidungstenor gefundenen Begründung schon von Hause aus nicht viel abgewinnen vermag; weder der Unterzeichner, noch sein Mandant rechneten ernsthaft mit einer derartig oberflächlichen Entscheidung des erkennenden Senates, der sich – offenbar dem Druck des öffentlichen Interesses geschuldet – mit einer schnellen Entscheidung des ungeliebten Themenkomplexes entledigen wollte. Nachdem seit der Urteilsverkündung und der Zustellung der vollständigen Urteilsgründe einige Wochen vergangen sind, scheint die Zeit reif, für eine erste ausführlichere Bewertung der Entscheidung. Diese finden Sie auf unserer Internetseite.
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Zur Beantwortung der Kleinen Anfrage durch das Innenministerium zum Thema ,,Poker als Glücksspiel”
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Das Finanzamt will die Poker-Millionen
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s.a.:
BFH: Pokerturniergewinne können der Einkommensteuer unterliegen
Urteil vom 16.09.15 X R 43/12
FG Münster: umsatzsteuerpflichtige Entgelte durch Poker?
16. August 2014, 15 K 798/11 U
Urteil des Finanzgerichts Münster: Unter welchen Voraussetzungen ist ein Pokerspieler als Unternehmer anzusehen?
Zur Steuerbarkeit von Pokergewinnen
Von Rechtsanwalt Dr. Robert Kazemi
Eine Bewertung der Entscheidung FG Köln, Urt. v. 31.10.2012 12 K 1136/11
FG Köln: Urteil vom 31.10.2012 - Poker als Gewerbe
Rechtsprechung FG Köln, 31.10.2012 - 12 K 1136/11
FG Köln: Pokergewinne sind steuerpflichtig
Pressemitteilung FG Köln, 31.10.2012 - 12 K 1136/11
update:
Kein Anspruch auf Rechnung beim Erwerb von Jetons
Das Landgericht Bielefeld hat in einem Beschluss vom 08.01.2013 (Az. 21 S 194/12) entschieden, dass ein Spielbankgast beim Wechsel von Geld in Jetons keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Rechnung im Sinne des § 14 UStG hat.
Soweit er eine Rechnung für den Eintausch von Bargeld gegen Jetons begehrt, liegt keine steuerbare Tätigkeit vor. Jetons sind Inhaberpapiere im Sinne des § 807 BGB, die zur Einlösung an dem jeweiligen Spielangebot des Kasinobetreibers dienen. Die Ausgabe von Wertgutscheinen - bei deren Einlösung eine Ware oder Dienstleistung bezogen werden kann, ist nach deutscher Rechtspraxis noch keine steuerbare Tätigkeit, weil nur ein Zahlungsmitteläquivalent gehandelt wird.
Aber auch bezogen auf den einzelnen Geldeinsatz beim Roulette kommt ein Anspruch auf die begehrte Rechnungserstellung nicht in Betracht. Der Spielbankbesucher ist dabei nämlich nicht Unternehmer im Sinne der §§ 14 Abs. 2, 2 Abs. 1 UStG. Die Voraussetzung, dass die Tätigkeit der Erzielung von Einnahmen dient, fehlt. Einnahmen sind dabei solche Einnahmen, die Entgelt sein können. Spielgewinne stellen jedoch dann kein Entgelt für die Spieltätigkeit dar, wenn sie mehr oder minder vom Zufall abhängige Einnahmen darstellen (vgl. BFH/NV 1994, 622). So liegt jedenfalls der Fall beim Roulette, gleich ob der Kläger ein von ihm behauptetes erfolgreiches System verfolgt oder nicht.
Kein Anspruch eines Glücksspielers auf Rechnung mit Ausweis der Umsatzsteuer
Das Amtsgericht Hannover hat mit Urteil vom 02.10.2012 (448 C 1528.12) den Antrag eines angeblichen Berufsspielers abgewiesen, eine Spielbank zu verpflichten, ihm über den von ihm gezahlten Spieleinsatz von 100 Euro für Jetons eine den Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG entsprechende Rechnung auszustellen. Zur Begründung hat das Gericht folgendes ausgeführt:
Der Hauptantrag des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger über den von ihm am 18.08.2011 in der Spielbank gezahlten und verlorenen Spieleinsatz in Höhe von 100,- Euro eine den Anforderungen von § 14 Abs. 4 UStG entsprechende Rechnung auszustellen, ist unbegründet, zumal § 14 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG einen Umsatz betrifft an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen. Der Kläger ist aber kein Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG in diesem Falle, auch wenn er sich gem. Gewerbeanmeldung vom 14.08.2011 als gewerblicher Glücksspieler angemeldet hat. Diese Anmeldung hat keine konstitutive, sondern lediglich deklatorische Bedeutung. Entscheidend ist vielmehr, ob der Kläger nach § 2 Abs. 1 UStG Unternehmer ist, also eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Erforderlich ist dazu eine auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Da das Roulettespiel ein Glücksspiel ist, das bei nachhaltigem Betreiben keinen zu erwartenden Gewinn beim Glücksspieler zur Folge hat, da nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit auf Dauer die Spielbank "Gewinner" bleibt, ist die Tätigkeit als Glücksspieler nicht als gewerblich zu qualifizieren mit der Folge, dass der Kläger nicht als Unternehmer bei seinen Spieleinsätzen anzusehen ist und dementsprechend auch nicht die verlangte Rechnung beanspruchen kann.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Zusammengestellt von Volker Stiny