Donnerstag, 2. Juli 2015

Auch das österreichische Glückspielmonopol ist unionsrechtswidrig


Das OÖ. Landesverwaltungsgericht begründet seine Entscheidung auf 81 Seiten.
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Nationales Glückspielmonopol unionsrechtswidrig


Das LVwG OÖ hat in einer umfassenden Entscheidung v 29. 5. 2015, LVwG-410287/42/Gf/Mu - neuerlich - konstatiert, dass das nationale Glückspielmonopol (§ 3 GSpG) nicht mit Art 56 AEUV vereinbar sei.

Der Tenor der E lautet

"3.3. Gesamtwürdigung

Um den Anforderungen des Art. 56 AEUV zu entsprechen, müsste insgesamt besehen mindestens einer der in der Judikatur des EuGH anerkannten, einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit rechtfertigenden zwingenden Gründe des Allgemeininteresses ( Spielerschutz, Kriminalitätsbekämpfung, o.Ä.) jene Ziele, die in ungerechtfertigter Weise mit den Eingriffsbefugnissen einhergehen, tatsächlich und eindeutig überwiegen.
Angesichts dieses Prüfungsmaßstabes ergibt sich allerdings, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art. 56 AEUV keine Deckung findet und somit dem Unionsrecht widerspricht, weil dieses einerseits tatsächlich nicht auf einem durch die Rechtsprechung des EuGH anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses - wie etwa dem Verbraucherschutz (in Form des Spielerschutzes und der Suchtvorbeugung) oder der Kriminalitätsbekämpfung und der Kriminalitäts-, insbesondere Betrugsprävention - basiert, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen (in Höhe von 0,4% der jährlichen Gesamteinnahmen des Bundes) dient sowie andererseits - und unabhängig davon - auch die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems (Privatisierung durch Übertragung der zwar sowohl strengen Antrittsvoraussetzungen als auch einer rigiden staatlichen Kontrolle unterliegenden Ausübungsbefugnisse nicht auf eine unbeschränkte, sondern - im Sinne einer Bedarfsprüfung - auf eine bloß limitierte Anzahl von Konzessionären) und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsbefugnisse (Betretungs-, Einschau-, Informations- und Überprüfungsrechte; vorläufige und/oder endgültige Beschlagnahme; Verwaltungsstrafe; Einziehung, Betriebsschließung) insbesondere mangels generell fehlender Notwendigkeit einer vorhergehenden richterlichen Ermächtigung jeweils unverhältnismäßig sind.

Mit diesem Resultat soll keineswegs einer - erst recht keiner vollständigen - Liberalisierung des Glücksspielmarktes das Wort geredet werden; weil aber Österreich ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist, muss aus rechtlicher Sicht nachdrücklich betont werden, dass sich jegliche Beschränkung des Glücksspielangebotes - insbesondere in Gestalt eines (Quasi-)Monopolsystems - stets nur innerhalb der vom EuGH abgesteckten Grenzen des Art. 56 AEUV bewegen kann."

Quelle: rechtsblog.at, am 02.06.2015

Autor: Dr. Nicolas Raschauer

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