Montag, 13. Oktober 2014

Das Versagen der Nachkriegsjustiz

Mo, 13. Okt 14 · 23:30-00:15 · Das Erste (ARD)
Akte D 1/3
Dokumentation
Das Versagen der Nachkriegsjustiz
Film von Christoph Weber

"Akte D" ist eine neue, investigative Dokumentationsreihe (3 Folgen), die die Zuschauer auf Spurensuche in die Vergangenheit mitnimmt und verdrängte Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte neu beleuchtet. "Akte D" räumt mit Mythen und Glorifizierungen der deutschen Nachkriegszeit auf.

In der ersten Folge der Sendereihe geht es um "Das Versagen der Nachkriegsjustiz".  Nachrichtenbilder, die uns aufsehen lassen: Hochbetagte Männer werden verhaftet und vor Gericht gestellt. Sie werden angeklagt für schreckliche Verbrechen, die sie in der Zeit des Nationalsozialismus begangen haben sollen. Mittlerweile liegen diese Taten 70 Jahre zurück.

Wie kann das sein? Was hat die deutsche Justiz in den Jahrzehnten der Nachkriegszeit gemacht? Warum hat sie so viele Täter weder gefasst noch verurteilt? "Akte D" fasst nach. 

Als die NS-Diktatur 1945 endete, hinterließ sie ein schreckliches Erbe: Mehr als 500.000 Deutsche, so schätzen Historiker heute, hatten an den Massenmorden des NS-Regimes mitgewirkt. Zunächst übernahmen die Alliierten die Aufgabe, die Schuldigen zu bestrafen. Bis 1949 wurden 50.000 NS-Täter abgeurteilt. Dann ging die Verfolgung von NS-Verbrechen in die Hände der deutschen Justiz über - und alles wurde anders. 

Die Geschichte verlief in West- und Ostdeutschland sehr unterschiedlich - und hatte doch ein ähnliches Ergebnis. Im Osten wurden die alten Nazi-Juristen zunächst entlassen, stattdessen Arbeiter und Handwerker zu Volksrichtern ausgebildet. Diese verfolgten die NS-Verbrecher mit Eifer. Doch nach einigen spektakulären Schauprozessen war plötzlich Schluss. Die DDR erklärte sich "Nazi frei". 

In der Bundesrepublik wurde den NS-Tätern durch eine ganze Reihe von Amnestiegesetzen der Weg zur Straflosigkeit geebnet. Die Strippen zogen hierbei hochrangige Beamte im Bundesjustizministerium, viele von ihnen selber NS-belastet. Sie taten erfolgreich alles dafür, um eine konsequente Verfolgung von NS-Verbrechern zu verhindern.

Als sich nach Ende des Kalten Kriegs plötzlich Archive in aller Welt öffneten, wurden, oft auf Drängen der Opfer, Ermittler aus dem Ausland tätig. Auf ihren Druck hin sah sich Deutschland gezwungen zu handeln. Doch in den meisten Fällen war es bereits zu spät, die Täter verstorben oder verhandlungsunfähig. Nur ganz wenige wurden noch vor Gericht gestellt. Unter ihnen auch Dr. Friedrich Engel, der als SS-Obersturmbannführer und als SD-Chef in Italien verantwortlich für Massaker an Zivilisten war. Der Film enthüllt, wie die bundesdeutsche Justiz dabei mitgewirkt hat, ihn wie zahllose andere NS-Täter über Jahrzehnte zu schützen, so dass er hochbetagt als freier Mann starb. 

Was "Das Versagen der deutschen Nachkriegsjustiz" brisant macht, ist nicht nur die gespenstische Zusammenarbeit von Politik und Justiz, mit welcher die Verfolgung von NS-Verbrechen in Deutschland sabotiert wurde.

Es ist darüber hinaus die Tatsache, dass die oft beschworene Vergangenheitsbewältigung der Deutschen alles mögliche bedeutete, nur eben nicht, die Täter für ihre Taten konsequent zur Verantwortung zu ziehen.

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Mo, 20. Okt 14 · 23:30-00:15 · Das Erste (ARD)
Akte D 2/3 Das Kriegserbe der Bahn  mehr    

Mo, 27. Okt · 23:45-00:30 · Das Erste (ARD)
Akte D 3/3 Die Macht der Stromkonzerne  mehr


Ingo Müllers Buch „Furchtbare Juristen“
Norm und Recht

„Furchtbare Juristen“ – Ingo Müllers Standardwerk über die NS-Justiz und deren Nachwirkungen – ist in wesentlich erweiterter Form neu erschienen.

Viele der dem NS willfährigen Juristen setzten nach 1948 an die Stelle ihrer Loyalität gegenüber Hitler einen christlich-naturrechtlichen Normenkanon, der mit dem Bekenntnis zum Nationalsozialismus immerhin so viel gemeinsam hatte, als er überpositive, nicht demokratisch gesetzte Werte postulierte. Zu einem demokratischen Rechtsverständnis konnte und wollte sich diese Jurisprudenz lange Jahre nicht durchringen.

Mit seinem ebenso profund recherchierten wie flüssig geschriebenen Buch „Furchtbare Juristen“ hat Ingo Müller dieses Vorurteil schlagend widerlegt. Wer sich auch nach 2015 noch über die nachwirkende NS-Vergangenheit Deutschlands klar werden will, kommt um dieses Buch nicht herum.

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Furchtbare Juristen: Die unbewältigte Vergangenheit der deutschen Justiz

von Ingo Müller

Wie einen Befreiungsschlag haben viele Juristen, aber auch viele andere das Buch Ingo Müllers beim Erscheinen 1987 empfunden, denn es erzählte zum ersten Mal, sehr sachlich und fundiert, wie willfährig sich die deutsche Justiz unter den Nazis verhielt und wie wenig Widerstand es gegen die neuen Machthaber gab.

Verlag: edition TIAMAT (20. April 2014)
ISBN-10: 3893201793
ISBN-13: 978-3893201792

Kundenrezensionen:
Nach 1945 steile Karrieren für alle Nazis
Der Name ist Programm - Ingo Müllers Klassiker "Furchtbare Juristen" handelt davon, wie furchtbar das war, was deutsche Juristen, vor allem Richter, taten: Im Dritten Reich, aber auch davor und danach. Dabei hätte alles auch ganz anders kommen können: Ingo Müller behandelt im ersten Teil seines Buches, gewissermaßen der "Vorgeschichte", wie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sich deutsche Richter für Demokratie und Bürgerrechte engagierten und dafür teilweise sogar verfolgt wurden. Erst unter Bismarck wurde eine neue, extrem konservative und staatstragende, Richtergeneration herangezogen. In der Weimarer Republik vertraten deutsche Gerichte dann oft republikfeindliche, reaktionäre und antisemitische Positionen.

Im zweiten Teil schildert der Autor dann, wie furchtbar - im wahrsten Sinne des Wortes - deutsche Richter im Dritten Reich wüteten. Die Justiz betrieb nicht nur die vollständige Entrechtung der Juden, sondern verfolgte mit unmenschlicher Grausamkeit alle dem Regime missliebigen Personen. Dabei zeigt Ingo Müller mit beklemmender Deutlichkeit auf, dass es neben der Terrorjustiz der Sondergerichte und des Volksgerichtshofs keine "Inseln der Rechtsstaatlichkeit" gab. Vom kleinen Amtsgericht bis hinauf zum altehrwürdigen Reichsgericht fällten die Gerichte Urteile, die mit Recht und Gerechtigkeit nichts zu tun hatten und nur noch der "Vernichtung des inneren Feindes" dienten.

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Die SED-Justiz
Für ein Mitglied der SED war, so schreibt Stefan Wolle in „DIE HEILE WELT DER DIKTATUR“ war der Vergleich zwischen der DDR   und NS-Deutschland die schlimmste aller Verleumdungen, da er sich aus seinem „antifaschistischen“ Selbstverständnis als das pure Gegenteil verstand. Von unserem Gastautor Thomas Weigle.

Nun ist richtig: KZs und Massenvernichtung gab es  nicht,die DDR hatte keinen Krieg begonnen, aber ihre NVA stand im August 68 einmarschbereit in den erzgebirgischen Wäldern, ebenso existierten Pläne und Absichten im Falle eines Falles 81 in Polen „brüderliche Hilfe“ zu leisten.

Im Umgang aber mit wirklichen oder vermeintlichen Staatsfeinden kommen einem schon Vergleiche in den Sinn. So wie Hitler manches Mal ein Urteil korrigierte, änderte das Politbüro manches Urteil um, in schwerwiegenden Fällen gab das Politbüro die Urteile vor, auch Todesurteile. Besonders die Urteile in den Waldheimprozesse waren vor gebacken.

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