Dienstag, 30. Mai 2017

HessVGH 8 B 2744/16 – Konzessionsvergabeverfahren verstößt gegen das Transparenzgebot


Keine Berechtigung des Landes Hessen, von einem Sportwettenveranstalter mit Sitz in Malta die Teilnahme an einem Duldungsverfahren zu verlangen, um einer Untersagungsverfügung bzw. einem Ordnungswidrigkeitenverfahren zu entgehen.

Pressemeldung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Mai 2017


Mit Beschluss vom 29. Mai 2017, der den Beteiligten heute bekanntgegeben worden ist, hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass das Land Hessen nicht berechtigt ist, von einem Sportwettenveranstalter mit Sitz in Malta die Teilnahme an einem sog. Duldungsverfahren zu verlangen, um einer auf das Veranstalten von Sportwetten bezogenen Untersagungsverfügung bzw. einem Ordnungswidrigkeitenverfahren zu entgehen.

Zur Begründung hat der 8. Senat in seiner in einem Beschwerdeverfahren getroffenen Entscheidung ausgeführt, die Antragstellerin sei derzeit berechtigt, Sportwetten in Hessen zu veranstalten, ohne hierzu einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis zu bedürfen. Die Veranstaltung von Sportwetten durch die Antragstellerin weise einen grenzüberschreitenden Bezug auf und unterfalle daher der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit, in deren Ausübung die Antragstellerin derzeit nicht beschränkt sei.

Denn sowohl das Sportwettenmonopol als auch das für eine Experimentierphase geschaffene Konzessionsvergabeverfahren und die nunmehr vom Land Hessen eröffnete Möglichkeit, eine Duldung im Bereich der Sportwetten zu erlangen, genügten den unionsrechtlichen Anforderungen nicht.

Das vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport durchgeführte Konzessionsvergabeverfahren für die Vermittlung von Sportwetten verletze das unionsrechtlich fundierte sog. Transparenzgebot. Nach diesem Gebot sind alle Bedingungen und Modalitäten des Konzessionsvergabeverfahrens vor dem Vergabeverfahren klar, genau und eindeutig zu formulieren, so dass alle Bieter die genaue Bedeutung dieser Informationen verstehen können.

Das sei hier nicht der Fall gewesen, weil das für die Vergabe maßgebliche Auswahlkriterium unzutreffend angegeben worden sei, und auch die Gewichtung der Auswahlkriterien nicht im Einklang mit den Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages gestanden hätten.

Das staatliche Sportwettenmonopol beschränke die Dienstleistungsfreiheit der Antragstellerin ebenfalls in europarechtlich nicht zulässiger Weise, weil es jedenfalls im Hinblick auf den tatsächlichen Normvollzug an einer kohärenten, d. h. in sich stimmigen, Verfolgung des gesetzgeberischen Ziels der Suchtprävention fehle.

Auch das vor diesem Hintergrund für eine Übergangszeit vom Land Hessen entwickelte Duldungsverfahren widerspreche europarechtlichen Vorgaben. Zum einen gehe es dabei nicht um die Eröffnung eines durch eine Erlaubnis rechtlich abgesicherten Marktzugangs, sondern um die Vermeidung repressiver Maßnahmen, und zum anderen genüge der bloße Hinweis des Landes Hessen im Internet auf die Voraussetzungen, unter denen eine solche Duldung erteilt werden kann, nicht dem Transparenzgebot.

Ob das vom Land Hessen initiierte Duldungsverfahren nach nationalem deutschen Recht zulässig ist, hat das Beschwerdegericht dahinstehen lassen.

Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist unanfechtbar.
Aktenzeichen: 8 B 2744/16

Quelle: Hessischer Verwaltungsgerichtshof

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Der Verwaltungsgerichtshof in Kassel hatte das hessische System am Dienstag gekippt.
Es verstoße gegen EU-Recht, so die Richter.


«Ab dem 1. Januar 2018 kann jeder Anbieter eine Erlaubnis erhalten, solange er die notwendigen Voraussetzungen erfüllt», erklärte Schaich. Voraussetzung: Alle Länderparlamente müssen rechtzeitig zum 1. Januar dem Glücksspiel-Änderungsstaatsvertrag zustimmen. Der sei auch konform mit EU-Recht.
Quelle
Mal schauen ob das Versprechen diesmal gehalten werden kann – seit 1999  gab es zu keiner Zeit eine rechtskonforme Regelung.
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Die 5. Kammer des VG Wiesbaden ist der Auffassung, dass die Beschränkung der Zahl der Konzessionen auf nur zwanzig einen Verstoß gegen europarechtliche Normen, nämlich gegen die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) und gegen das aus dem Gleichheitsgebot abgeleitete Transparenzgebot darstellt.

Das Land Hessen habe nicht nachvollziehbar begründen können, wie die Beschränkung auf zwanzig Sportwettenanbieter zu rechtfertigen sei. Gebe es keine nachvollziehbare Begründung, sei diese Beschränkung europarechtswidrig und die entsprechende Regelung im Glücksspielstaatsvertrag nicht anzuwenden. Der Klägerin sei daher die begehrte Konzession zu erteilen, da sie im Übrigen alle Anforderungen erfüllt habe.
VG Wiesbaden, Urt. v. 15.4.2016 – 5 K 1431/14.WI
Pressemitteilung des VG Wiesbaden Nr. 3 v. 15.4.2016
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