Pressestelle des Bundesverfassungsgerichts
Pressemitteilung Nr. 1/2025 vom 3. Januar 2025
Längerfristige Observation unter Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen nach dem PolG NRW mit dem Grundgesetz unvereinbar
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 17 Abs. 1 Satz 1 Varianten 1 und 2 Nr. 2 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) in kombinierter Anwendung mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar sind. Bis zu einer Neuregelung, längstens bis zum 31. Dezember 2025, gelten sie mit der Maßgabe fort, dass hierauf gestützte Maßnahmen nur ergriffen werden dürfen, wenn eine wenigstens konkretisierte Gefahr besteht.§ 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 17 Abs. 1 Satz 1 Varianten 1 und 2 Nr. 2 PolG NRW ermächtigen Polizeibehörden zur längerfristigen Observation bei gleichzeitigem verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen. Bei einer solchen ab dem 14. Juli 2015 gegen eine Zielperson durchgeführten Maßnahme wurde auch die Klägerin mehrfach unter Anfertigung von Lichtbildern mitbeobachtet. Hiergegen wendet sie sich mit einer Klage vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit Satz 2 sowie § 17 Abs. 1 Satz 1 Variante1 Nr. 2 in Verbindung mit Satz 2 PolG NRW mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vereinbar sind.§ 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 17 Abs. 1 Satz 1 Varianten 1 und 2 Nr. 2 PolG NRW sind in kombinierter Anwendung mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar, weil die Anordnung einer längerfristigen Observation unter gleichzeitiger Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen keine dafür hinreichend hohe und bestimmte Eingriffsschwelle als Anlass der Überwachung voraussetzt. Erforderlich ist entweder eine konkrete oder eine wenigstens konkretisierte Gefahr.
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